Standards im geoökonomischen Fokus der EU
Das EU-Parlament wurde gerade gewählt und die Präsidentschaftswahlen in den USA werden mit Spannung erwartet. Abhängig vom Ausgang besteht die Gefahr, dass der internationale Handel noch stärker für Zwecke der Außen- und Sicherheitspolitik instrumentalisiert wird und sich Handelskonflikte und protektionistische Maßnahmen zuspitzen. Die Herausforderungen und Themenschwerpunkte der EU, die im Spannungsfeld neuer globaler Allianzen steht und zugleich bis 2050 klimaneutral werden will, bleiben damit unverändert, so Christen. Angesichts zunehmender disruptiver Veränderungen braucht die EU geoökonomische Konzepte, um ihre Selbstbehauptung, Handlungsfähigkeit sowie Resilienz zu stärken.
Nicht nur die Krisen der letzten Jahre, wie die Energiekrise oder die Lieferkettenprobleme, sondern auch langfristige Einflussfaktoren, wie die zunehmende Rivalität zwischen den Wirtschaftsmächten sowie die wachsenden Herausforderungen der grünen und digitalen Transformationen führen zu Veränderungen geoökonomischer und geopolitischer Rahmenbedingungen. Diese strukturellen Umbrüche verlangen von der EU strategische Konzepte und Instrumente, um den Binnenmarkt vor unfairen Handelspraktiken zu schützen, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und gleichzeitig nachhaltige Lieferketten sowie den Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten.
Christen betont die ökonomische und geoökonomische Bedeutung von Standards und Normen, die nicht nur das Fundament des EU-Binnenmarktes bilden, sondern einen bedeutenden Beitrag zur Steigerung der geoökonomischen Reichweite der EU sowie zur Verteidigung des Einflusses der EU auf die globale Regelsetzung leisten, vor allem im regulatorischen und geoökonomischen Wettbewerb mit den USA und China.
Sie sieht den EU-Binnenmarkt mit dessen Größe, Tiefe und Dynamik als wichtigstes Asset der EU, das ein defensives und offensives Druckmittel im Umgang mit Drittstaaten darstellt und eine Schlüsselrolle für die Effektivität und Glaubwürdigkeit der handelspolitischen Konzepte der EU spielt. Die Stärkung und Vollendung des Binnenmarktes im Einklang mit der EU-Standardisierungsstrategie stellen eine wirksame Strategie dar, um Handlungs- und Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und wirtschaftlicher Fragmentierung und Unsicherheit entgegenzuwirken.
Austrian Standards veranstaltete die Expert Talks am 12. Juni 2024 in Kooperation mit der Europäischen Kommission, dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft, dem Bundesministerium für Finanzen, der Wirtschaftskammer Österreich, der Industriellenvereinigung und dem Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE). Im Fokus stand die EU-Standardisierungsstrategie, die im Februar 2022 von der Europäischen Kommission zur Stärkung eines grünen, digitalen und resilienten EU-Binnenmarktes veröffentlicht wurde.