04.05.2017

Der Brexit als Chance für eine nachhaltigere EU

Die Mitgliedsländer sollten den EU-Ausstieg der Briten als historische Chance für eine fundamentale Reform der EU-Ausgaben begreifen.
Die Ausgaben der EU sollten sich auf Politikbereiche beschränken, in denen nationalstaatliche Politik an Grenzen stößt, beziehungsweise auf Politikbereiche, in denen es um gemeinsame europäische Interessen geht, argumentiert die stellvertretende WIFO-Leiterin Margit Schratzenstaller in einem „Policy Brief“ für die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik.
Die aktuelle Diskussion über das EU-Budget nach dem Brexit fokussiert stark auf dessen künftiges Volumen und die Auswirkungen auf die nationalen Beitragszah­lungen. Gleichzeitig bietet der Brexit aber eine histo­rische Chance für fundamentale nachhaltigkeitsorien­tierte Strukturreformen im EU-Budget. Zur Schaffung von mehr europäischem Mehrwert mit Nachhaltig­keitsfokus sollten die gesamten Agrarausgaben redu­ziert und ökologisiert; die Kohäsionsmittel von „reiche­ren“ zu „ärmeren“ Mitgliedstaaten umgeschichtet und stärker an Klima- und Beschäftigungsziele sowie an eine pro-aktive Migrations- und Integrationspolitik gekop­pelt; und die Ausgaben für nachhaltigkeitsorientierte Forschung und Infrastruktur erhöht werden.
 
Durch den Ersatz der nationalen EU-Beiträge durch nachhaltig­keitsorientierte steuerbasierte Eigenmittel wie z.B. eine EU-weite CO2-basierte Flugticketabgabe, Vermögen­steuer, Finanztransaktionssteuer und Gemeinsame (Konsolidierte) Körperschaftsteuerbemessungsgrund­lage, kann das Eigenmittelsystem die Erreichung zent­raler EU-Ziele erleichtern. Ob der Brexit zukunftsorien­tierte Reformen des EU-Budgets tatsächlich befördern kann, hängt letztlich davon ab, wie sich die Mitglieds­länder an den zu erwartenden Ausfall von netto jährlich zehn Milliarden Euro anpassen: in Form der Erhöhung natio­naler Beiträge oder der Einführung zusätzlicher Einnah­menquellen; in Form von Ausgabenkürzungen; oder in Form einer Kombination dieser beiden Optionen. Der Ersatz eines bedeutenden Anteils der nationalen Bei­träge durch nachhaltigkeitsorientierte steuerbasier­te Eigenmittel könnte als Katalysator wirken, so dass die Nettozahler der Aufrechterhaltung des derzeitigen Ausgabenniveaus im Tausch für eine weitreichende Reform der Ausgabenstruktur zustimmen.

Lesen Sie den gesamten "Policy Brief" auf der Website der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. Der Text entstand im Rahmen des "FairTax"-Projekts des EU-Programms "Horizon 2020".

Zum Gastkommentar von Margit Schratzenstaller zum Brexit in der "Wiener Zeitung"
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