16.10.2020

COVID-19-Krise: Frauen unter Druck

"Offensive: Arbeitsmarkt" – WIFO-Ökonomin Ulrike Huemer bei Diskussion der Arbeiterkammer Österreich
Im Rahmen einer Arbeiterkammer-Diskussionsveranstaltung mit AK-Präsidentin Renate Anderl, der stellvertretenden Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich Mariana Kühnel sowie der Leiterin des Arbeitsmarktservice Wien Petra Draxl skizzierte WIFO-Ökonomin Ulrike Huemer die ökonomische Betroffenheit von Frauen in der COVID-19-Krise.

Die COVID-19-Krise hat auf dem Arbeitsmarkt zu Beschäftigungseinbußen wie zuletzt vor rund 70 Jahren und einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. "Üblicherweise sind die kurzfristigen negativen Arbeitsmarktauswirkungen von konjunkturellen Wirtschaftskrisen für Männer ausgeprägter als für Frauen. Anders verhält es sich in der aktuellen Krise, die die Wirtschaft in ihrer Breite getroffen hat, und damit auch zahlreiche frauendominierte Dienstleistungsbranchen", so Huemer.

Für Frauen habe vor allem die Schließung der Schulen und Betreuungseinrichtungen zu einer neuen Doppelbelastung geführt. An der ungleichen Verteilung der unbezahlten Arbeit hat sich während der COVID-19-Krise, wie eine Befragung von Wirtschaftsuniversität Wien und der Arbeiterkammer zeigt, demnach wenig geändert. Aber nicht nur die unbezahlte Arbeit sei ungleich verteilt, sondern auch die bezahlte Erwerbsarbeit: Jede zweite Frau aber nur jeder zehnte Mann arbeitet Teilzeit.

"Angesichts einer insgesamt hohen wöchentlichen Gesamtarbeitsbelastung – also bezahlter und unbezahlter Arbeit – von Frauen kann eine gerechtere Verteilung von Arbeit nur dann erreicht werden, wenn sich die Erwerbsarbeitszeit der Männer an jene der Frauen annähert und nicht umgekehrt", so Huemer. Einer substanziellen Teilzeitbeschäftigung beider Geschlechter in der Phase der Kindererziehung stehen aber insbesondere Lohnunterschiede entgegen: Mit 19,6% weist Österreich einen der höchsten geschlechtsspezifischen Einkommensgefälle (gemessen am Bruttostundenverdienst) unter den EU-Mitgliedsländern auf.

Bereits vor der Krise waren Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt nicht gleichgestellt. Dies zeigt sich etwa an markanten Unterschieden in der Beschäftigungsquote von Müttern und Vätern (mit Kindern unter 15 Jahren im Haushalt), den durchschnittlichen Arbeitszeiten, den Einkommen und dem Anteil der Frauen in Leitungsfunktionen. Dreh- und Angelpunkt der Bekämpfung dieser Schieflage sind das Einkommen und das Kinderbetreuungsangebot. Die Rezepte sind altbekannt, wie etwa der flächendeckende Ausbau von qualitativ hochwertigen, leistbaren Kinderbetreuungsangeboten, die Anhebung der Väterbeteiligung in der Kindererziehung durch eine Erhöhung der nicht übertragbaren Monate des Kinderbetreuungsgeldbezugs, eine Neubewertung von Arbeit (etwa im Pflegebereich) und das Aufbrechen traditioneller Berufs- und Ausbildungswege.

Weitere Informationen und ein Mitschnitt der Debatte finden Sie bitte hier.

Mag. Ulrike Huemer
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