 
                                    
                        Sportliche Großveranstaltungen: Die Kosten sind oft höher als die Veranstalter vorrechnen. – © Nöhren/pixelio.de                     
                            
                            05.05.2017                        
                        Kommentar: Über den ökonomischen Schein hinter dem sportlichen Sein
                                Welche wirtschaftlichen Effekte haben Sportgroßveranstaltungen?                            
                        
                        
                                                                    
                Sportveranstaltungen und die dafür eingesetzten öffentlichen Gelder werden zunehmend mit wirtschaftlichen Umwegrentabilitäten argumentiert, wie man auch am Beispiel des jüngsten Wien Marathons erkennen konnte. Die Rechnungen der Veranstalter übersehen dabei meist, dass Kosten zu berücksichtigen sind, die über jene für Organisation und Infrastruktur hinausgehen.            
        
                Erst kürzlich ging zum 34. Mal der Vienna City Marathon über die Bühne. Sportlich ein voller Erfolg. Auch wirtschaftlich, zumindest wenn es nach der Darstellung des Veranstalters geht: 42.000 Teilnehmer/innen sorgen für 80.000 zusätzliche Übernachtungen, einen direkten Nutzen von 55 Millionen Euro und eine langfristige Wertschöpfung von 150 Millionen Euro.
Für ein durchschnittliches Aprilwochenende in Wien sind diese Effekte beträchtlich. Die dahinter stehenden Rechnungen sind leider nicht makellos. Sie suggerieren einen Ertrag einer privaten Investition, der in der Region unmittelbar anfällt und über Multiplikatoreffekte auch mittelbar Einkommen und Beschäftigung erhöht. Damit lässt sich eine Veranstaltung gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen. Der Wien-Marathon ist aber nicht ausschließlich mit privaten Ausgaben verbunden. Veranstaltungen dieser Art und Größe erfordern öffentliche Mittel, insbesondere durch direkte Förderungen und indirekt durch anfallende Kosten etwa für Personal zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, der Straßenreinigung oder der Müllentsorgung. Außerdem ist die Bevölkerung durch Lärm und Verkehr belastet. Derartige Kosten mindern den Nutzen der Veranstaltung, mitunter sogar beträchtlich. Sie werden aber, wenn der wirtschaftliche Erfolg von Veranstaltungen präsentiert wird, geflissentlich verschwiegen.
Neben diesen Kosten übersehen die offiziellen Rechnungen der Veranstalter noch andere Kosten: Erstens lassen sich öffentliche Mittel alternativ einsetzen, Ökonomen sprechen von Opportunitätskosten. So hätten mit diesen Mitteln auch Subventionen für den Nachwuchssport in Wien erhöht werden können, um nur eine unter zahlreichen Alternativverwendungen zu nennen. Zweitens kann eine Veranstaltung wie der Wien-Marathon potenzielle andere Besucher davor abhalten, die Stadt an diesem Wochenende zu besuchen  normale Touristen oder z.B. Besucher von Konferenzen, die aufgrund des Marathons doch in einer anderen Destination stattfanden. Auch mag es Wiener geben, die aufgrund des zu erwartenden Veranstaltungswirbels die Stadt lieber für einen Tag verlassen und Ausgaben anderswo tätigen. Diese Verdrängungseffekte können so hoch sein, dass unterm Strich am besagten Wochenende gar keine zusätzlichen Touristen in die Stadt strömen bzw. mehr Wiener als sonst die Stadt verlassen. Die meisten Studien verschweigen diesen Nachteil. Viertens ist bei Veranstaltungen derartiger Größenordnung regelmäßig mit Verteuerungen im zeitlichen Umfeld der Veranstaltung zu rechnen, die nicht selten längeren Bestand haben. Letzteres wird für den Wien-Marathon weniger zutreffen, weil der Veranstaltungszeitraum für derartige Preiseffekte wohl zu kurz ist.
Olympische Spiele: Keine allzu großen Impulse
Bei Mega-Sportevents wie etwa Olympischen Spielen werden in der öffentlichen Debatte die ökonomischen Auswirkungen der Durchführung noch stärker diskutiert. So fordert das Internationale Olympische Komitee (IOK) bereits bei einer Bewerbung für die Ausrichtung der Spiele eine Gegenüberstellung des gesamten ökonomischen Nutzens mit den zu erwarteten Kosten anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse. Nur in Fällen wo der Nutzen die Kosten überwiegt, wird die Bewerbung vom IOK ernsthaft in Erwägung gezogen. Bei Vorliegen eines entsprechenden politischen Willens, die Veranstaltung tatsächlich auszurichten, kann dies Anreize verursachen, den erwarteten Nutzen sehr hoch, die Kosten (für benötigte, nachher oft wenig genutzte Infrastruktur, aber auch Umweltbelastungen, Immobilienpreissteigerungen etc.) aber sehr gering anzugeben. Wissenschaftliche Studien, die die ökonomischen Effekte von olympischen Spielen im Nachhinein evaluierten, scheinen diese Vermutung zu bestätigen: Nur Barcelona (Sommerspiele 1992) und Salt Lake City (Winterspiele 2002) konnten in den letzten 40 Jahren nachhaltig von den Spielen profitieren. Von der Durchführung von olympischen Spielen sollte man sich daher auch keine allzu großen Wirtschaftsimpulse erwarten.
Obwohl damit hinreichend Belege vorhanden sind, dass die ökonomischen Effekte von Sportgroßveranstaltungen im Regelfall gering ausfallen, muss das nicht gegen die Ausrichtung solcher Veranstaltungen per se sprechen. Im Gegenteil: Es kann gute Gründe für die Durchführung solcher Events geben. Der Vienna City Marathon liefert ein gutes Beispiel: Er trägt zur Imagepflege der Stadt bei und kann gerade auch die Jugend für das aktive Betreiben von (Lauf-)Sport begeistern. Derartige Aspekte zu betonen statt auf fragwürdige und meist überschätzte wirtschaftliche Effekte zu verweisen, wäre der Öffentlichkeit gegenüber ehrlicher.
Oliver Fritz, Harald Oberhofer und Hannes Winner arbeiten in unterschiedlichen Funktionen am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Harald Oberhofer ist zudem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Hannes Winner ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Salzburg.
                
        Für ein durchschnittliches Aprilwochenende in Wien sind diese Effekte beträchtlich. Die dahinter stehenden Rechnungen sind leider nicht makellos. Sie suggerieren einen Ertrag einer privaten Investition, der in der Region unmittelbar anfällt und über Multiplikatoreffekte auch mittelbar Einkommen und Beschäftigung erhöht. Damit lässt sich eine Veranstaltung gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen. Der Wien-Marathon ist aber nicht ausschließlich mit privaten Ausgaben verbunden. Veranstaltungen dieser Art und Größe erfordern öffentliche Mittel, insbesondere durch direkte Förderungen und indirekt durch anfallende Kosten etwa für Personal zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, der Straßenreinigung oder der Müllentsorgung. Außerdem ist die Bevölkerung durch Lärm und Verkehr belastet. Derartige Kosten mindern den Nutzen der Veranstaltung, mitunter sogar beträchtlich. Sie werden aber, wenn der wirtschaftliche Erfolg von Veranstaltungen präsentiert wird, geflissentlich verschwiegen.
Neben diesen Kosten übersehen die offiziellen Rechnungen der Veranstalter noch andere Kosten: Erstens lassen sich öffentliche Mittel alternativ einsetzen, Ökonomen sprechen von Opportunitätskosten. So hätten mit diesen Mitteln auch Subventionen für den Nachwuchssport in Wien erhöht werden können, um nur eine unter zahlreichen Alternativverwendungen zu nennen. Zweitens kann eine Veranstaltung wie der Wien-Marathon potenzielle andere Besucher davor abhalten, die Stadt an diesem Wochenende zu besuchen  normale Touristen oder z.B. Besucher von Konferenzen, die aufgrund des Marathons doch in einer anderen Destination stattfanden. Auch mag es Wiener geben, die aufgrund des zu erwartenden Veranstaltungswirbels die Stadt lieber für einen Tag verlassen und Ausgaben anderswo tätigen. Diese Verdrängungseffekte können so hoch sein, dass unterm Strich am besagten Wochenende gar keine zusätzlichen Touristen in die Stadt strömen bzw. mehr Wiener als sonst die Stadt verlassen. Die meisten Studien verschweigen diesen Nachteil. Viertens ist bei Veranstaltungen derartiger Größenordnung regelmäßig mit Verteuerungen im zeitlichen Umfeld der Veranstaltung zu rechnen, die nicht selten längeren Bestand haben. Letzteres wird für den Wien-Marathon weniger zutreffen, weil der Veranstaltungszeitraum für derartige Preiseffekte wohl zu kurz ist.
Olympische Spiele: Keine allzu großen Impulse
Bei Mega-Sportevents wie etwa Olympischen Spielen werden in der öffentlichen Debatte die ökonomischen Auswirkungen der Durchführung noch stärker diskutiert. So fordert das Internationale Olympische Komitee (IOK) bereits bei einer Bewerbung für die Ausrichtung der Spiele eine Gegenüberstellung des gesamten ökonomischen Nutzens mit den zu erwarteten Kosten anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse. Nur in Fällen wo der Nutzen die Kosten überwiegt, wird die Bewerbung vom IOK ernsthaft in Erwägung gezogen. Bei Vorliegen eines entsprechenden politischen Willens, die Veranstaltung tatsächlich auszurichten, kann dies Anreize verursachen, den erwarteten Nutzen sehr hoch, die Kosten (für benötigte, nachher oft wenig genutzte Infrastruktur, aber auch Umweltbelastungen, Immobilienpreissteigerungen etc.) aber sehr gering anzugeben. Wissenschaftliche Studien, die die ökonomischen Effekte von olympischen Spielen im Nachhinein evaluierten, scheinen diese Vermutung zu bestätigen: Nur Barcelona (Sommerspiele 1992) und Salt Lake City (Winterspiele 2002) konnten in den letzten 40 Jahren nachhaltig von den Spielen profitieren. Von der Durchführung von olympischen Spielen sollte man sich daher auch keine allzu großen Wirtschaftsimpulse erwarten.
Obwohl damit hinreichend Belege vorhanden sind, dass die ökonomischen Effekte von Sportgroßveranstaltungen im Regelfall gering ausfallen, muss das nicht gegen die Ausrichtung solcher Veranstaltungen per se sprechen. Im Gegenteil: Es kann gute Gründe für die Durchführung solcher Events geben. Der Vienna City Marathon liefert ein gutes Beispiel: Er trägt zur Imagepflege der Stadt bei und kann gerade auch die Jugend für das aktive Betreiben von (Lauf-)Sport begeistern. Derartige Aspekte zu betonen statt auf fragwürdige und meist überschätzte wirtschaftliche Effekte zu verweisen, wäre der Öffentlichkeit gegenüber ehrlicher.
Oliver Fritz, Harald Oberhofer und Hannes Winner arbeiten in unterschiedlichen Funktionen am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Harald Oberhofer ist zudem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Hannes Winner ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Salzburg.
Rückfragen an
 
                                    
                                            Industrie-, Innovations- und internationale Ökonomie                                        
                                    
                                    
                                 
                                    
                                            Regionalökonomie und räumliche Analyse                                        
                                    
                                    
                                 
                                    
                            Weitere News
                        
                    
                                        Schnellschätzung des WIFO                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    30.10.2025                                
                            
                                        Er war von 1990 bis 2008 Vizepräsident des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    27.10.2025                                
                            
                                        Video: Research Seminar mit Harald Fadinger                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    22.10.2025                                
                            
                                        WWWI: 32. bis 41. Kalenderwoche 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    21.10.2025                                
                            
                                        Update des FIW-Jahresgutachtens 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    20.10.2025                                
                            
                                        Austausch mit Journalist:innendelegation über Österreichs Erfahrungen in der Währungsunion                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    15.10.2025                                
                            
                                        WIFO Research Brief liefert neue Detailergebnisse                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    10.10.2025                                
                            
                                        Videos: Research Seminare von Gabriel Ahlfeldt und Stefanie Peer                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    10.10.2025                                
                            
                                        Video: Research Seminar mit Susanna Bolz                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    07.10.2025                                
                            
                                        Video: Prognose für 2025 und 2026                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    07.10.2025                                
                            
                                        Video: Research Seminar mit Karolina Bassa                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    02.10.2025                                
                            
                                        Video: Research Seminar mit Peter H. Egger                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    01.10.2025                                
                            
                                        Video: Research Seminar mit Michael Pfaffermayr                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    30.09.2025                                
                            
                                        Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom September 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    29.09.2025                                
                            
                                        Erstmals steht ein Wissenschaftskommunikator an der Spitze des Rankings                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    25.09.2025                                
                            
                                        Livestream: Pressekonferenz am 7. Oktober 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    23.09.2025                                
                            
                                        Video: Stellvertretende WIFO-Direktorin in der Kategorie Wirtschaft prämiert                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    12.09.2025                                
                            
                                        WIFO-Konjunkturbericht vom September 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    10.09.2025                                
                            
                                        Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom August 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    28.08.2025                                
                            
                                        WWWI: 27. bis 33. Kalenderwoche 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    26.08.2025                                
                            
                                        Konjunkturreport Einzelhandel im Auftrag des Handelsverbandes                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    22.08.2025                                
                            
                                        WIFO-Simulationen: Angestrebte Kostendämpfung von 2,7 Mrd. € im Pensionsbereich erfordert stärkeren Anstieg                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    18.08.2025                                
                            
                                        WIFO-Konjunkturbericht vom August 2025                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    11.08.2025                                
                            
                                        Schnellschätzung des WIFO                                    
                                
                                
                                                                    
                                
                                    30.07.2025                                
                             
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                     
                                    