Ist der Föderalismus reformierbar?
Die Zusammenarbeit im österreichischen Bundesstaat meist als "kooperativer Föderalismus" bezeichnet ist wegen der zahlreichen gemeinsamen Aufgaben kompliziert. Das politische Geschehen ist häufig geprägt durch verschiedene Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden. Gleichzeitig sind sie bei der Leistungserbringung oft aufeinander angewiesen. Speziell bei Gemeinschaftsaufgaben, wie Sozialagenden oder Bildung, zeigt sich die Schwierigkeit der multiplen Verflechtungen: Fallweise herrscht Misstrauen untereinander, unterschiedliche Interessen führen zu Kompromissen und werden auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geschrumpft, der jedoch wenig zur Lösung der drängenden, zumeist komplexen Zukunftsfragen beitragen kann. Das war der Ausgangspunkt des diesjährigen WIFO-KDZ-Workshops zu Finanzausgleichsfragen, der am 13. November in der Kommunalkredit Austria stattfand und auf reges Interesse von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft stieß.
Abstimmungsprobleme zwischen den Akteuren betonte auch KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald, da fehlende, nicht abgestimmte Ziele zu einem Reformstau führen. Das bestehende föderale System sei also reformbedürftig. Ein international viel beachteter strategischer Ansatz einer verbesserten Zusammenarbeit ist Multi-Level-Governance, den Claire Charbit von der OECD erläuterte.
Ein konkreter Aspekt ist auch das Zusammenführen der Aufgaben- und Finanzierungsverantwortlichkeiten, so Hans Pitlik, Experte für Finanzausgleich am WIFO. Subnationale Abgabenautonomie sei nicht nur eine zentrale Voraussetzung für eine bessere Übereinstimmung von Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung. Eine fehlende Abgabenautonomie erhöhe auch die Wahrscheinlichkeit von Politikblockaden. So werden etwa steuerpolitische Entscheidungen bezüglich der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, welche vermeintlich nur durch den Bund zu treffen sind, komplex. Daher sei neben einer Aufgabenentflechtung auch eine erweiterte Einnahmenverantwortung der subnationalen Ebenen geboten.
Zum Interview mit Claire Charbit (OECD) in der "Presse"