Heimische Wirtschaft vor Kriegsausbruch in der Ukraine in guter Verfassung

09.03.2022

WIFO-Konjunkturbericht März 2022

"Der kurze vierte Lockdown hat den Aufschwung in Österreich nicht beeinträchtigt. Vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine herrschte in allen Branchen Zuversicht", so der Autor des aktuellen WIFO-Konjunkturberichtes Stefan Schiman.

Die Wirtschaftsleistung in Österreich lag im Februar erneut über dem Vorkrisenniveau. Die Aussichten in den vom vierten Lockdown am stärksten betroffenen Branchen haben sich zuletzt deutlich aufgehellt, vor allem in der Beherbergung und Gastronomie. Die heimische Arbeitslosenquote befindet sich saisonbereinigt auf dem niedrigsten Stand seit Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008, die Zahl der offenen Stellen hat neuerlich einen Höchststand erreicht. Die Inflation stieg zuletzt auf knapp 6% und dürfte aufgrund der Rohstoffpreisschocks im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg noch länger hoch bleiben. Eine mögliche Unterbrechung der russischen Erdgaslieferungen birgt Risiken für bestimmte Bereiche der heimischen Industrie.

Die österreichische Wirtschaft hat die Auswirkungen des vierten Lockdown rasch überwunden. Das BIP hatte bereits Ende 2021 wieder das Vorkrisenniveau erreicht und gab zu Jahresbeginn 2022 infolge der Omikron-Welle nur vorübergehend etwas nach. Die Wertschöpfung in der Industrie stagniert zwar derzeit aufgrund der teuren Vorprodukte, der Optimismus der Unternehmen ist angesichts der guten Auftragslage jedoch ungebrochen. Im Bereich der Dienstleistungen haben sich vor allem die Aussichten im Tourismus aufgehellt. Zwar wird die aktuelle Lage dort noch mehrheitlich als ungünstig beurteilt, die sich abzeichnende Überwindung der COVID-19-Pandemie und die erfreuliche Buchungslage stimmen die Betriebe jedoch zunehmend zuversichtlich.

Der heimische Arbeitsmarkt befindet sich bereits in einer Phase der Hochkonjunktur. Die Beschäftigung und die Zahl der offenen Stellen haben neue Höchstwerte erreicht und die saisonbereinigte Arbeitslosenquote lag im Februar auf dem niedrigsten Niveau seit Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008. Auch der krisenbedingte Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit ist bereits zu 84% wieder abgebaut.

Der Krieg in der Ukraine wird den Aufschwung im Euro-Raum und in Österreich etwas bremsen. Die bereits sehr hohen Rohstoffpreise erhielten dadurch einen neuerlichen Schub, was die Realeinkommen der privaten Haushalte über längere Zeit dämpfen wird. Falls die Liefermengen an russischem Erdgas gedrosselt werden, würde es im Laufe des Jahres zu Produktionsausfällen in einigen Bereichen der Industrie kommen. Unter den heimischen Banken hat nur die Raiffeisen Bank International ein bedeutendes Engagement in Russland. Die Kreditvergabe im Inland dürfte von der Verdrängung Russlands aus dem internationalen Finanzsystem aber nicht wesentlich betroffen sein, da diese im Raiffeisenkonzern über regionale Banken und Landesbanken abgewickelt wird. Der direkte Warenaußenhandel mit Russland hat seit der Krim-Krise und den damit zusammenhängenden Sanktionen abgenommen. Das Handelsvolumen ist mittlerweile gering.

Für die Zentralbanken stellen die neuerlichen Rohstoffpreisschocks eine große Herausforderung dar. Schon bisher war der kräftige Anstieg der Inflation wesentlich durch ungünstige Angebotsschocks getrieben, was eine Straffung der Geldpolitik erschwert. Durch den Krieg in der Ukraine hat sich das Dilemma der Zentralbanken, vor allem der EZB, vergrößert. Trotz der weiteren Beschleunigung der Inflation – in Österreich auf voraussichtlich knapp 6% im Februar – könnten die Zentralbanken wieder etwas vom zuletzt eingeschlagenen Straffungskurs abweichen.

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Dr. Stefan Schiman-Vukan, MSc

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen
© Josh Beech/Unsplash
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