
Nach schwachem Exportjahr folgt 2026 eine leichte Erholung
Im neuen Update des Jahresgutachtens zur Lage der österreichischen Außenwirtschaft, das am 15. Oktober 2025 veröffentlicht wurde, kommt der "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) zu folgendem Ergebnis: Nach dem deutlichen Rückgang im Jahr 2024 blieb die Exportdynamik Österreichs auch im 1. Halbjahr 2025 schwach. Hauptgründe sind die anhaltende Investitionsflaute in wichtigen Absatzmärkten, die Schwäche der deutschen Industrie sowie die erratische Zollpolitik der USA. Während die Weltwirtschaft bis Mitte 2025 durch vorgezogene Importe der USA vor Inkrafttreten höherer Zölle noch gestützt wurde, wird das nun höhere globale Zollniveau den Welthandel zunehmend belasten.
Ausblick 2025/26: Verhaltener Verlauf 2025, moderate Belebung 2026
"Unsere Analysen zeigen 2025 weiterhin Gegenwind für die Warenausfuhr. Erst 2026 ist mit einer leichten Belebung zu rechnen. Ein etwas geringerer Kostendruck und eine Erholung der Investitionsnachfrage in Europa sowie die erwartete bessere Wirtschaftsentwicklung in Deutschland dürften im kommenden Jahr begrenzte Impulse liefern", sagt Yvonne Wolfmayr, WIFO-Ökonomin und Ko‑Autorin des FIW‑Jahresgutachtens. Die für Österreich relevanten Exportmärkte wachsen 2025 voraussichtlich um 2,5% und 2026 um 1,0%. Nach einem realen Rückgang der Exporte um 4,0% im Jahr 2024 rechnet das FIW für 2025 mit einem weiteren Einbruch von 1,1% und für 2026 mit einem realen Zuwachs von 0,7%.
Laut vorläufigen Außenhandelsdaten sanken die Warenexporte bis Juni 2025 nominell um 3,1% gegenüber dem Vorjahr. Unter den Top‑10‑Handelspartnern legten nur die Lieferungen nach Italien (+5,1%) und Tschechien (+3,6%) zu. Die Exporte nach Deutschland gingen um 1,1% zurück. Die Exporte in die USA brachen um 14,4% ein und lieferten den größten negativen Wachstumsbeitrag (‑1,2 Prozentpunkte). Österreich konnte aufgrund seiner Spezialisierung auf den Maschinenbau weniger von Vorzieheffekten bei Importen der USA zu Jahresbeginn profitieren. Vom Gesamtrückgang der Exporte besonders betroffen waren pharmazeutische Erzeugnisse (‑14,8%) sowie Maschinenexporte (‑4,3%).
Die WIFO‑Konjunkturumfragen signalisieren eine Aufhellung der Exportaufträge- und ‑erwartungen. Ab dem IV. Quartal 2025 könnten die Warenexporte im Vorjahresvergleich wieder steigen. Dennoch ist in den Jahren 2025 und 2026 mit weiteren Marktanteilsverlusten zu rechnen. Der Druck auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bleibt angesichts der Kostensteigerung in den letzten Jahren – wenn auch etwas vermindert – bestehen. Die hohen Zölle und die Aufwertung des Euro sowie die anhaltende handelspolitische Unsicherheit dämpfen die Dynamik.
Trotz verhaltener inländischer Nachfrage treiben Sonderfaktoren die Importe 2025. Stärker nachgefragt werden Pkw, Gold sowie medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (+22,5% gegenüber dem Vorjahr, vor allem aus den USA und der Schweiz). Preisbereinigt dürften die gesamten Wareneinfuhren 2025 um 1,4% und 2026 um 1,3% wachsen. Die Terms-of-Trade verbessern sich leicht (u. a. dank sinkender Rohölpreise), dennoch verschlechtert sich die Warenhandelsbilanz angesichts schwacher Exporte bei zugleich steigenden Importen deutlich. Das Defizit beträgt laut Prognose 1,9 Mrd. € im Jahr 2025 und 2,5 Mrd. € im Jahr 2026.
Sektorale Auswirkungen der Zolleskapaden der USA
Im zweiten Teil analysiert das FIW die sektoralen Effekte der jüngsten Zollerhöhungen der USA. Trotz Einigungen zwischen den USA und der EU bleibt die Handelspolitik der USA unberechenbar. Das nun höhere Zollniveau und die Gefahr erneuter Eskalationen belasten die globale Wirtschaft. Besonders exponiert gegenüber den USA sind in Österreich die Bereiche pharmazeutische Industrie, Maschinenbau, Kraftfahrzeuge und ‑teile (C29), Metallerzeugung und ‑bearbeitung sowie sonstiger Fahrzeugbau (C30). Modellrechnungen zeigen: Ein Rückgang der Importe der USA um 10% würde das österreichische BIP um rund 0,3% dämpfen; in der EU träfe es Irland am stärksten (‑1,6%).
"Die erratische US‑Zollpolitik erhöht die Unsicherheit und schwächt den regelbasierten Welthandel. Trotz des jüngsten EU‑US‑Abkommens bleibt das Risiko neuer Konflikte hoch – mit potenziell spürbaren Folgen für Österreichs stark vernetzte Industrie", sagt Robert Stehrer, wissenschaftlicher Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und Ko‑Autor des FIW‑Jahresgutachtens.
Erhebliche Abwärtsrisiken ergeben sich aus geopolitischen Spannungen (vor allem aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den Entwicklungen im Nahen Osten und den Spannungen um Taiwan), möglichen Energiepreisschocks sowie weiteren Zollrunden. Gleichzeitig verschiebt sich die globale Nachfrage- und Wettbewerbslandschaft – etwa durch eine stärkere Präsenz Chinas in Hochtechnologien und mögliche Handlungsumlenkungen nach Europa. Vor diesem Hintergrund betont das FIW die Notwendigkeit kontinuierlicher Anstrengungen zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, zur Diversifizierung von Absatzmärkten und zur Absicherung der globalen Wertschöpfungsketten. Abschließend betont das FIW-Jahresgutachten, dass gerade angesichts der aktuellen Schwierigkeiten kontinuierliche Anstrengungen zur weiteren Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft unerlässlich sind.