ifo Konjunkturprognose Winter 2024: Deutsche Wirtschaft am Scheideweg
In diesem Jahr wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich um 0,1% gegenüber dem Vorjahr zurückgehen. Damit tritt die deutsche Wirtschaft seit nunmehr fünf Jahren auf der Stelle. Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und Deglobalisierung erfordern einen Umbau der Produktionsstrukturen, bei dem etablierte Geschäftsmodelle verschwinden und neue Produktionskapazitäten entstehen. Wirtschaftliche Analysen sind in solchen Phasen mit einer hohen Diagnoseunsicherheit behaftet. Denn aus der Veränderung wirtschaftlicher Kennzahlen lässt sich nicht unmittelbar ablesen, ob es sich um vorübergehende und damit konjunkturelle Schwankungen oder um eine dauerhafte Neuausrichtung der Produktionskapazitäten und damit um eine strukturelle Anpassung handelt. Um dieser Unsicherheit Rechnung zu tragen, werden in der vorliegenden Prognose zwei Szenarien betrachtet. Im Basisszenario wird davon ausgegangen, dass die schwache Entwicklung der vergangenen Jahre vor allem strukturell bedingt war und der Strukturwandel bereits sichtbare Spuren im Produktionspotenzial hinterlassen hat. Industrieunternehmen verlagern ihre Produktion und damit auch ihre Investitionen zunehmend ins Ausland. In diesem Szenario setzt sich die schleppende Entwicklung in den kommenden beiden Jahren fort und das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt wird lediglich um 0,4% bzw. 0,8% zulegen. Das optimistischere Alternativszenario geht davon aus, dass der Strukturwandel nicht nur alte Produktionstechnologien verschwinden lässt, sondern auch neue hervorbringt. Voraussetzung dafür sind verlässliche wirtschaftspolitische Weichenstellungen, die mit einer raschen Verbesserung der Standortfaktoren im Prognosezeitraum einhergehen. In diesem Szenario wächst das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in den kommenden beiden Jahren mit 1,1% bzw. 1,6% mehr als doppelt so schnell wie im Basisszenario.