Update der mittelfristigen WIFO-Prognose
Die gesamten Verhandlungsergebnisse werden von der Bundesregierung Mitte Oktober 2020 im Rahmen der traditionellen Budgetrede des Bundesministers für Finanzen dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgestellt.
In den Prognosen, die das WIFO seit März 2020 (bis einschließlich der vorliegenden August-Prognose) erstellt hat, ist seit Juni eine Stabilisierung der Einschätzungen auf das in der April-Prognose veröffentlichte pessimistischere Szenario zu erkennen: der wirtschaftliche Abschwung (gemessen an der prozentuellen Veränderung des realen BIP gegenüber dem Vorjahr) wird auf rund –7% geschätzt.
Gegenüber der Juni-Prognose zeigt sich aktuell ein leichter Silberstreif am Horizont: Der erwartete Rückgang der privaten Investitionen (im Besonderen der Bautätigkeit und der sonstigen Investitionen) und der Exporttätigkeit (vor allem bei den Dienstleistungsexporten) ist etwas geringer als noch im Juni angenommen. Für den Konsum wird für den Quartalsverlauf (saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal) im heurigen Jahr gegenüber der Juni-Prognose ein stärkerer Rückgang für das II. Quartal und ein etwas kräftigerer Rebound im III. und IV. Quartal unterstellt. Dadurch kommt es für das Jahr 2020 zu einer Revision der Konsumprognose auf –6% (das sind –0,5 Prozentpunkte gegenüber Juni).
Der BIP-Rückgang für 2020 wird aktuell bei –6,8% gesehen (+0,2 Prozentpunkte gegenüber Juni). Diese Revision ist nicht zuletzt auf eine Erweiterung des Prognoseindikatoren-Sets zurückzuführen, in das seit Ende März zunehmend Ergebnisse der "Hochfrequenten Konjunkturbeobachtung" einfließen. Letztere verwendet tages- oder wochenaktuelle Beobachtungen für das Nowcasting der wirtschaftlichen Entwicklung am aktuellen Rand und für eine kurzfristige Prognose für das laufende Jahr.
Für die Periode 2020 bis 2024 wird ein Wirtschaftswachstum von rund 0,6% p. a. erwartet (+0,1 Prozentpunkt gegenüber Juni; 2021/2024 +2,5% p. a.). In der Prognose wurde unterstellt, dass es im Prognosezeitraum zu keinen weiteren maßgeblichen Einschränkungen der Wirtschaftstätigkeit durch gesundheitspolitische Maßnahmen als Folge der COVID-19-Pandemie kommt (beispielsweise wird kein weiterer (globaler) Lockdown unterstellt).
Die etwas günstigere BIP-Einschätzung geht einher mit einer leichten Verbesserung der Beschäftigungsprognose auf –1,9% für 2020 (unselbständige aktive Beschäftigung; gegenüber Juni +0,2 Prozentpunkte). Hier wurde die Revision vor allem auf Basis von Informationen zur bereits abgerechneten Inanspruchnahme der Kurzarbeit für die ersten Monate vorgenommen.
Sehr deutlich musste die Inflationsprognose revidiert werden. Aufgrund der gegenüber Juni zusätzlich vorliegenden Realisierungen für die Monate Mai bis Juli zeigt sich für heuer ein deutlich stärkerer Preisauftrieb als erwartet. Speziell in von der COVID-19-Krise besonders betroffenen Bereichen (Handel, Beherbergung und Freizeitwirtschaft) ergeben die Erhebungen von Statistik Austria keine oder geringer als erwartete Preisrückgänge. Zusätzlich werden auch etwas höhere Energiepreise als noch im Juni unterstellt.
Für die Jahre 2020 und 2021 wird eine Inflationsrate von 1,3% bzw. 1,5% erwartet (gegenüber Juni +0,7 bzw. +0,6 Prozentpunkte). Für den Zeitraum 2020 bis 2024 wird ein durchschnittlicher jährlicher Preisanstieg von 1,6% erwartet (gegenüber Juni +0,3 Prozentpunkte).
Die Revision der Beschäftigung und der Inflationsentwicklung wirken sich auch unmittelbar auf die Einschätzung der Entwicklung der nominellen Bruttolohn- und -gehaltssumme aus (einschließlich Kurzarbeitsbeihilfe): für 2020 wird ein Rückgang um 1% und für 2021 ein Anstieg um 3,2% erwartet (gegenüber Juni eine Revision von +0,8 bzw. +0,6 Prozentpunkten).
Für die Einschätzung der Entwicklung der öffentlichen Haushalte liegen gegenüber Juni zusätzliche Details zur Ausgestaltung der Investitionsprämie, der vorzeitigen Abschreibungen und des steuerlichen Verlustrücktrags vor. Außerdem wurde die Erwartung der Entwicklung der langfristigen Zinssätze (und damit des Zinsendienstes) zurückgenommen. Für 2020 und 2021 wird ein gesamtstaatliches Defizit von 10,5% bzw. 4,3% des nominellen BIP prognostiziert. Zum Ende des Prognosezeitraumes 2024 wird unter der Annahme einer "No-policy-change"-Annahme (d. h. keine weiteren Maßnahmen als jene, die bis zur Sommerpause des Parlamentes im Juli 2020 beschlossen wurden) die gesamtstaatliche Verschuldung bei gut 81% des nominellen BIP erwartet (eine Verbesserung um 8 Prozentpunkte gegenüber Juni).