Keynes und die Finanzmärkte. Auf halbem Weg vom "homo oeconomicus" zum "homo humanus"

  • Stephan Schulmeister

John Maynard Keynes war ein Ökonom, der stets zwischen der Welt der Theorien und der Realität pendelte, er prüfte und verwarf theoretische Annahmen aufgrund seiner Beobachtungen, die er wiederum als Ausgangspunkte für die Entwicklung neuer Theorien nutzte. Gleichzeitig betrieb er als Praktiker keine andere Art von Aktivitäten mit solcher Intensität und Kontinuität wie Finanzgeschäfte aller Art. Diese Erfahrungen machten für Keynes klar, dass ökonomisches Verhalten essentiell durch Unsicherheit, Emotionen und soziale Interaktion geprägt wird. In seiner Darstellung der Handels- und Preisdynamik auf Finanzmärkten (sie nimmt die wichtigsten Entwicklungen seit den 1970er-Jahren vorweg) entwirft er ein zum "homo oeconomicus" in radikalem Gegensatz stehendes Menschenbild. Allerdings hat er diese realitätsnahe Mikro-Fundierung seiner Makroökonomie nicht theoretisch ausformuliert, denn dann hätte er das gesamte Theoriegebäude der Neoklassik explizit verwerfen müssen. Dies aber hätte dem Hauptziel seiner "General Theory" widersprochen, seine "fellow economists" mit seiner Beschäftigungs-, Zins- und Geldtheorie dort abzuholen, wo sie sich befanden.