Das österreichische Abgabensystem – Reformperspektiven (The Austrian Tax System – Reform Perspectives)
WIFO-Monatsberichte, 2015, 88(2), S.127-135
Online seit: 19.02.2015 0:00
 
Ein zentrales Ziel einer Reform des österreichischen Abgabensystems sollte die Verbesserung der Abgabenstruktur sein. Dies bedeutet die Umschichtung des gesamten Abgabenvolumens weg von bestimmten Steuerbasen (Entlastung) hin zu anderen Steuerbasen (und damit auch deren höhere Besteuerung). Die stärkere Besteuerung bestimmter Steuerbasen sollte nicht nur der Erschließung kurzfristiger Gegenfinanzierungspotentiale zur Kompensation von Steuerausfällen dienen. Vielmehr sollte das Leitprinzip einer zukunftsfähigen Steuerpolitik sein, aufbauend auf einer Vision für ein "Abgabensystem 2025" in einem längerfristigen Stufenplan die gesamte Abgabenlast schrittweise umzuschichten. Kern einer Abgabenstrukturreform ist eine Verringerung der hohen Abgabenbelastung des Faktors Arbeit vor allem für niedrige und mittlere Arbeitseinkommen, die im Rahmen eines ökosozialen Abgabenreformkonzeptes kompensiert wird durch die Anhebung von Umweltsteuern und bestimmten vermögensbezogenen Steuern sowie den Abbau von steuerlichen Ausnahmen vor allem in der Einkommen- und der Umsatzsteuer. Unabhängig von der Abgabenstruktur kann die Abgabenquote umso stärker gesenkt werden, je mehr es gleichzeitig gelingt, Einsparungspotentiale auf der Ausgabenseite zu realisieren, die parallel zur Senkung der Abgaben auf den Faktor Arbeit die Ausgabenquote verringern.
Forschungsbereich:Klima-, Umwelt- und Ressourcenökonomie – Makroökonomie und öffentliche Finanzen
Sprache:Deutsch

The Austrian Tax System – Reform Perspectives
A key objective of a reform of the Austrian tax system should be the improvement of the tax structure. This includes a shift in the revenue composition away from certain tax bases towards other bases, implying their higher taxation. The latter should not only compensate revenue losses from reductions in other taxes in the short run. The guiding principle of forward-looking tax policy should rather be, starting from a long-term vision of a "tax system 2025", to re-structure in a series of steps the entire tax burden. The essence of such reform should be a reduction of the high tax burden on labour, in particular for small and medium earnings, to be offset by hikes in environmental and certain property-related taxes, within the framework of a comprehensive socio-ecological reform design, supplemented by the abolition of tax exemptions notably in income tax and VAT. Independently from the issue of the tax structure, the overall tax burden can be lowered all the more, the more savings on the expenditure side can be achieved in parallel with the reduction in labour taxes.

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WIFO-Monatsberichte, 2015, 88(2), S.109-126
Online seit: 19.02.2015 0:00
 
Die Abgabenhöhe ist in Österreich überdurchschnittlich, der Abstand zum EU-Durchschnitt hat sich vergrößert. Die Abgabenstruktur weist einige Besonderheiten auf: Die Abgaben auf den Faktor Arbeit sind sowohl aus der Perspektive der unselbständig Beschäftigten als auch der Arbeitgeber hoch und nehmen tendenziell zu; sie liegen deutlich über dem internationalen Durchschnitt. Der Beitrag der Umweltsteuern zu den Gesamtabgaben bleibt unter dem EU-Durchschnitt, die effektive Steuerlast liegt im Mittelfeld. Auch die Einnahmen aus Tabak- und Alkoholsteuern – als wichtige Lenkungssteuern – verlieren langfristig an Gewicht. Die Besteuerung von Vermögen leistet einen geringen und – gegen den internationalen Trend – deutlich rückläufigen Beitrag zu den Gesamtabgabeneinnahmen. Der nominelle Einkommensteuersatz ist hoch, die Steuersätze auf Kapitaleinkünfte sind durchschnittlich ebenso wie die nominelle und die effektive Unternehmenssteuerbelastung. Nicht zuletzt ist eine zunehmende Komplexität und Intransparenz des Abgabensystems zu beobachten. Aus diesen Befunden ergibt sich insbesondere bezüglich der Abgabenstruktur ein erheblicher Reformbedarf.