Zum Wandel der Finanzierungsstruktur in der Wohlstandsgesellschaft. WWWforEurope Policy Paper Nr. 20 (On Transformations in Financing Structure in an Affluent Society. WWWforEurope Policy Paper No. 20)
WWWforEurope: Welfare, Wealth and Work for Europe, Jänner 2015, 24 Seiten
Auftraggeber: Europäische Kommission
Mit finanzieller Unterstützung von: Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH – Österreichische Austauschdienst-GesmbH
Studie von: Projekt-Konsortium WWWforEurope
Online seit: 01.04.2015 0:00
Die Sparpläne der privaten Haushalte übersteigen derzeit weltweit den beschränkten Finanzierungsbedarf der Unternehmen; die Differenz schlägt sich in einer Zunahme der Staatsverschuldung nieder. In der EU verzeichneten die nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten in einem von drei Jahren Finanzierungsüberschüsse, in den wohlhabenderen EU-Ländern (EU 15) sogar in jedem zweiten Jahr. Vieles spricht dafür, dass das nicht bloß eine Folge der Finanzmarktkrise ist, sondern weltweit im südostasiatischen Wirtschaftsmodell angelegt ist, in Europa hingegen ein Symptom der Wohlstandsgesellschaft: Finanzielle Absicherung gewinnt an Bedeutung, und das langsamere Wachstum erfordert weniger Investitionen. Die Wirtschaftspolitik sollte daher auf ein Anhalten der gegenwärtigen Situation vorbereitet sein; ohne Gegenmaßnahmen wäre eine rezessive Anpassung der Sparfähigkeit an die Verschuldungsbereitschaft von Wirtschaft und Staat erforderlich. Gegen die weltweiten Verwerfungen, die primär auf die südostasiatische exportbasierte Wirtschaftspolitik zurückgehen, können nur eine stärker inlandsorientierte Politik dieser Länder und eine erhebliche Aufwertung (Aufgabe der Dollarbindung) helfen. Ansätze dazu gibt es, doch ist angesichts der Dimension des Problems mit einer langen Übergangsphase zu rechnen. In der EU bedarf es eines breiten und wohl ausgewogenen Maßnahmenpakets. Es müsste durch Vertrauensbildung das Vorsichtssparen dämpfen, die Unternehmensfinanzierung verbessern, aber auch die stark eingeschränkten Investitionen im öffentlichen Bereich wiederbeleben. Weiters sollte vor allem in den Ländern, in denen die Finanzierung und Bedienung der Staatsschulden kein Problem verursacht, die früher übliche Trennung in einen Überschüsse erzielenden ordentlichen Haushalt der laufenden Ausgaben und einen Investitionshaushalt wieder eingeführt werden, innerhalb dessen primär immaterielle Investitionen innerhalb bestimmter Grenzen schuldenfinanziert werden können.
Forschungsbereich:Makroökonomie und öffentliche Finanzen
Sprache:Deutsch

On Transformations in Financing Structure in an Affluent Society. WWWforEurope Policy Paper No. 20
The savings measures of private households currently exceed the limited financing needs of companies around the world, and the difference is reflected in an increase in sovereign debt. In the EU, over the last two and a half decades non-financial corporations recorded funding surpluses in one out of three years, and in the more affluent EU countries (EU 15) this was even recorded every second year. There is much to indicate that this is not just a result of the financial crisis, but is also globally founded in the Southeast Asian economic model, while in Europe this is a symptom of the affluence of society, as financial security takes on greater significance and slower growth requires fewer investments. Economic policy should therefore be prepared for the current situation to persist; without counter-measures there would have to be a recessive adjustment of savings capacity to the debt preparedness of the economy and state. In these countries, worldwide distortions primarily based in Southeast Asian, export-based economic policy can only be counter-balanced with a stronger domestic-market oriented policy and significant appreciation (the task of the dollar peg). Such initiatives exist, but given the scale of the problem, a long transitional phase is to be expected. In the EU, a broad and well-balanced package of measures is required. It would have to dampen austerity through confidence building, in addition to improving corporate finance and reviving severely limited investments in the public sector. Furthermore, particularly in those countries in which the financing and use of sovereign debt do not present a problem, there should be a re-introduction of the previously typical division into a surplus-achieving budget for current expenditures and a budget for investments. This would enable the debt-backed financing of primarily immaterial investments within certain limits.