
01.07.2017
Badelt: „300.000 Menschen profitieren von Mindestlohn, aber nur geringer Beitrag zur Armutsbekämpfung“
WIFO-Chef Christoph Badelt im Ö1-Mittagsjournal zum Nachlesen.
Durch den Mindestlohn werde Österreich sozial gerechter, sagt WIFO-Chef Christoph Badelt im Ö1-Mittagsjournal. Die Ängste der Unternehmer könne er dennoch nachvollziehen: "Einzelne werden unter Druck geraten." Eine Lösung fordert Badelt bei der überfälligen Flexibilisierung der Arbeitszeit. Vor Wahlzuckerln in Form von neuen, ungedeckten Ausgaben warnt er.
Positiv beurteilt WIFO-Chef Christoph Badelt die Einigung der Sozialpartner, den Mindestlohn in den kommenden Jahren auf 1500 Euro anzuheben. Rund 300.000 Menschen und vier Prozent aller österreichischen Haushalte seien davon positiv betroffen, sagt Badelt am Samstag im Ö1-Mittagsjournal.
Allerdings: Der Mindestlohn leistet nur einen ganz geringen Beitrag zur Bekämpfung der Armut in Österreich, so Badelt. Das liege nicht nur daran, dass viele Menschen über gar kein Erwerbseinkommen verfügen. Sondern auch daran, dass der Mindestlohn eine Festlegung auf einen Bruttolohn ist. Für die Menschen zählt aber der Nettolohn. Daher fordert Badelt erneut eine Debatte über die Sozialversicherungsbeiträge, die Niedrigverdiener hart treffen: Ich schlage vor, die untersten Einkommen ganz oder zumindest schrittweise von den Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten. Die Finanzierungslücke müsse durch Steuergeld geschlossen werden. Dazu braucht es eine Gesamtabgabenreform.
Die Befürchtungen der Unternehmer, die die Kosten des Mindestlohns beklagen, kann Badelt nachvollziehen: Einzelne Unternehmen werden unter Druck kommen, sagt er. Dass der Mindestlohn schrittweise eingeführt werde, sollte dieses Problem aber entschärfen. Es sei wichtig und gut, so Badelt, dass die Lohnhoheit bei den Sozialpartnern bleibe und die Regierung nicht eingegriffen habe. So könne auf die Bedürfnisse der einzelnen Branchen besser eingegangen werden. Insgesamt gesehen, so Badelt, habe der Mindestlohn aber keine Beschäftigungseffekte weder positiv noch negativ. Das zeige eine aktuelle Studie des WIFO, die in Kürze veröffentlicht wird.
Unflexible Arbeitszeiten: "Ein großer Standort-Nachteil"
Dringenden Handlungsbedarf sieht der WIFO-Chef bei der Flexibilisierung der Arbeitszeiten: Es ist wichtig, dass dieser Punkt gelöst wird. Die gegenwärtige Regelung sei einer der größten Standort-Nachteile des Landes, so Badelt. Das ergab zuletzt auch eine Unternehmerbefragung des WIFO.
Angesichts der anstehenden Neuwahl warnt Badelt im Ö1-Interview vor Wahlzuckerln : Bemerkenswert an den derzeitigen Ausgaben etwa für die Unis - ist, dass sie an sich sinnvoll sind. Ausgaben, deren Bedeckung aber nicht gleichzeitig mitbeschlossen wird, lösen jedoch ökonomische und politische Probleme aus. Schon im Regierungsprogramm seien Ausgaben (etwa der Beschäftigungsbonus) vorgesehen gewesen, ohne dass klar gewesen wäre, wie sie gegenfinanziert werden: Die Regierung beschließt die populäre Seite, die unpopuläre Seite schiebt sie der nächsten Regierung zu.
Gut und erschreckend zugleich seien die derzeitigen Entwicklungen am Arbeitsmarkt, so Badelt: Dass die Arbeitslosenquote sinke, sei erfreulich. Dass wir in wirtschaftlich guten Zeiten immer noch Arbeitslosenquoten von mehr als acht Prozent haben, sei aber sozial inakzeptabel. Angesichts der momentan guten Wirtschaftslage warnt Badelt davor, nötige Reformen zu verschieben: Sprudelnde Steuereinnahmen machen es leicht, neue Ausgaben zu beschließen. Damit raubt man sich aber die Möglichkeit, Geld einzusetzen, wenn es wieder einmal schlechter läuft.
"Im Journal zu Gast": Das gesamte Interview zum Nachhören.
Allerdings: Der Mindestlohn leistet nur einen ganz geringen Beitrag zur Bekämpfung der Armut in Österreich, so Badelt. Das liege nicht nur daran, dass viele Menschen über gar kein Erwerbseinkommen verfügen. Sondern auch daran, dass der Mindestlohn eine Festlegung auf einen Bruttolohn ist. Für die Menschen zählt aber der Nettolohn. Daher fordert Badelt erneut eine Debatte über die Sozialversicherungsbeiträge, die Niedrigverdiener hart treffen: Ich schlage vor, die untersten Einkommen ganz oder zumindest schrittweise von den Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten. Die Finanzierungslücke müsse durch Steuergeld geschlossen werden. Dazu braucht es eine Gesamtabgabenreform.
Die Befürchtungen der Unternehmer, die die Kosten des Mindestlohns beklagen, kann Badelt nachvollziehen: Einzelne Unternehmen werden unter Druck kommen, sagt er. Dass der Mindestlohn schrittweise eingeführt werde, sollte dieses Problem aber entschärfen. Es sei wichtig und gut, so Badelt, dass die Lohnhoheit bei den Sozialpartnern bleibe und die Regierung nicht eingegriffen habe. So könne auf die Bedürfnisse der einzelnen Branchen besser eingegangen werden. Insgesamt gesehen, so Badelt, habe der Mindestlohn aber keine Beschäftigungseffekte weder positiv noch negativ. Das zeige eine aktuelle Studie des WIFO, die in Kürze veröffentlicht wird.
Unflexible Arbeitszeiten: "Ein großer Standort-Nachteil"
Dringenden Handlungsbedarf sieht der WIFO-Chef bei der Flexibilisierung der Arbeitszeiten: Es ist wichtig, dass dieser Punkt gelöst wird. Die gegenwärtige Regelung sei einer der größten Standort-Nachteile des Landes, so Badelt. Das ergab zuletzt auch eine Unternehmerbefragung des WIFO.
Angesichts der anstehenden Neuwahl warnt Badelt im Ö1-Interview vor Wahlzuckerln : Bemerkenswert an den derzeitigen Ausgaben etwa für die Unis - ist, dass sie an sich sinnvoll sind. Ausgaben, deren Bedeckung aber nicht gleichzeitig mitbeschlossen wird, lösen jedoch ökonomische und politische Probleme aus. Schon im Regierungsprogramm seien Ausgaben (etwa der Beschäftigungsbonus) vorgesehen gewesen, ohne dass klar gewesen wäre, wie sie gegenfinanziert werden: Die Regierung beschließt die populäre Seite, die unpopuläre Seite schiebt sie der nächsten Regierung zu.
Gut und erschreckend zugleich seien die derzeitigen Entwicklungen am Arbeitsmarkt, so Badelt: Dass die Arbeitslosenquote sinke, sei erfreulich. Dass wir in wirtschaftlich guten Zeiten immer noch Arbeitslosenquoten von mehr als acht Prozent haben, sei aber sozial inakzeptabel. Angesichts der momentan guten Wirtschaftslage warnt Badelt davor, nötige Reformen zu verschieben: Sprudelnde Steuereinnahmen machen es leicht, neue Ausgaben zu beschließen. Damit raubt man sich aber die Möglichkeit, Geld einzusetzen, wenn es wieder einmal schlechter läuft.
"Im Journal zu Gast": Das gesamte Interview zum Nachhören.
Further news
Video: Research Seminar with Nikolaus Kowall
30.04.2025
WIFO Flash Estimate
30.04.2025
Results of the WIFO-Konjunkturtest (Business Cycle Survey) of April 2025
29.04.2025
WWWI: Calendar Weeks 10 to 13 2025
15.04.2025
WIFO Research Brief: Diversify, Don't React
11.04.2025
Exchange between ibw, IHS, L&R, öibf and WIFO
08.04.2025
Austria's GDP Falls by 0.23 Percent in the Short-term and by 0.33 Percent in the Medium- to Long-term
04.04.2025
Results of the WIFO-Konjunkturtest (Business Cycle Survey) of March 2025
28.03.2025
Economic Outlook for 2025 and 2026
27.03.2025
Event postponed due to illness: WU matters. WU talks. - Keynote by Sigmar Gabriel
26.03.2025
WWWI: Calendar Weeks 6 to 11 2025
25.03.2025
Video: Research Seminar with Katharina Wrohlich
24.03.2025
Research Group Macroeconomics and Public Finance
21.03.2025
Livestream: Press Conference on 27 March 2025
20.03.2025
WIFO Index: Update for 2023 and Interactive Map
19.03.2025
Insight into Economic Research
19.03.2025
Video: Research Seminar with Mario Liebensteiner
17.03.2025
WIFO Business Cycle Report from March 2025
10.03.2025
Call for Papers – Deadline for submissions: 15 July 2025
07.03.2025
German Society for Tourism Science Honours WIFO Economist
07.03.2025
FutuRes-PV Stakeholder Workshop: Discussion of Characteristics of Austrian Prosumers with Key Stakeholders
06.03.2025
WIFO Research Brief in the Run-up to International Women's Day
06.03.2025
Results of the WIFO-Konjunkturtest (Business Cycle Survey) of February 2025
27.02.2025