Gut besucht: Das WIFO lud bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen zu einer Breakout Session. Im Bild: Karl Pichelmann von der EU-Kommission. – © Andrei Pungovschi/Forum Alpbach/
04.09.2017
Forum Alpbach: "Mehr Wettbewerb zwischen Unternehmen, nicht zwischen EU-Staaten"
In der WIFO-Breakout-Session beim Forum Alpbach wurde über die Zukunft der europäischen Wirtschaftspolitik diskutiert. Eine Nachlese.
Das Spannungsfeld zwischen einer koordinierten Fiskalpolitik und der Souveränität der Nationalstaaten stand im Zentrum der Breakout Session. „Mehr Wettbewerb zwischen Unternehmen und weniger zwischen einzelnen EU-Staaten“, so lautete die Forderung der Ökonomin Agnès Bénassy-Quéré.
Um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu steigern, brauche es einerseits für die großen, eng verflochtenen Bereiche der Sachgütererzeugung eine enge Koordinierung nationaler Regulierungen, fordert die französische Ökonomin Bénassy-Quéré, die das WIFO als Keynote-Speaker für die Podiumsdiskussion nach Alpbach geladen hatte. Auch WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller sprach sich (basierend auf ihren Arbeiten im Rahmen des EU-Projektes FairTax), für die Harmonisierung der Körperschaftsteuer und die Einführung von effektiven Mindeststeuersätzen für Energie und EU-weiten steuerbasierten EU-Eigenmitteln (wie etwa einer EU-weiten Flugticketabgabe) aus. Diese, so Schratzenstaller, seien "ein Weg, um den Steuerwettbewerb zwischen Mitgliedsstaaten zu dämpfen und Wettbewerbsverzerrungen entgegenzuwirken". Auch "um den Abbau von Schadstoffemissionen nachhaltig zu gewährleisten", sei eine europaweite Harmonisierung der Steuersätze "unabdingbar", sagte Karl Steininger, Umwelt- und Klimaexperte am Institut für Volkswirtschaftslehre der Uni Graz.
Forderung nach gemeinsamem Eurozonen-Budget
Pichelmann sieht vor allem im Bankenbereich realistische Möglichkeiten, den Konvergenzprozess zu fördern. Die Vollendung der Bankenunion sowie die Einführung einer gemeinsamen Einlagensicherung seien Schritte in die richtige Richtung: No-bail-out-Regelungen mindern einerseits Anreize, überhöhte Risiken einzugehen. Andererseits müssen Insolvenzverfahren geordnet abgewickelt werden. Bénassy-Quéré ist allerdings überzeugt, dass weder der Stabilitäts- und Wachstumspakt noch die Geldpolitik der EZB in außergewöhnlichen Krisenzeiten genügen, um makroökonomische Schocks auszugleichen.
Um Annäherungen zwischen Mitgliedsstaaten zu beschleunigen und die Koordinationsfähigkeit zu steigern, fordert Bénassy-Quéré daher die Schaffung eines gemeinsamen Eurozonen-Budgets. Bereits ein relativ kleines Budget hätte eine stärkere Integration der Fiskalpolitik zur Folge. Für einen solchen supranationalen Konvergenzprozess brauche es aber (politischen) Willen in den Nationalstaaten. Politikwissenschafterin Sonja Puntscher Riekmann ist hier optimistisch. Sie glaubt nicht, dass eine Mehrheit der BürgerInnen per se gegen eine stärkere Integration von europäischen Institutionen sei: Es liege aber an der Politik, die BürgerInnen durch effektive und effiziente Lösungen von den Vorteilen eines integrierten Europas zu überzeugen.
Bei der Podiumsdiskussion: Agnès Bénassy-Quéré, Karl Steininger und Margit Schratzenstaller (v.li.).
Sonja Puntscher Riekmann mit Moderator Christoph Badelt.
Andererseits, so Bénassy-Quéré, müssten gleichzeitig auch Barrieren für grenzüberschreitende Dienstleistungen abgebaut werden, um den Wettbewerb zwischen europäischen Unternehmen zu fördern. Überdies wäre eine gemeinsame Arbeitsmarktunion die Voraussetzung für ein solidarisches Wachstum aller EU-Länder. Der Weg dorthin scheint aber noch ein weiter zu sein: "In der Vergangenheit konnten nur in kleinen Teilbereichen Konvergenzbewegungen innerhalb der EU beobachtet werden", meinte Karl Pichelmann, Berater der Generaldirektion für Wirtschaft der EU-Kommission.Forderung nach gemeinsamem Eurozonen-Budget
Pichelmann sieht vor allem im Bankenbereich realistische Möglichkeiten, den Konvergenzprozess zu fördern. Die Vollendung der Bankenunion sowie die Einführung einer gemeinsamen Einlagensicherung seien Schritte in die richtige Richtung: No-bail-out-Regelungen mindern einerseits Anreize, überhöhte Risiken einzugehen. Andererseits müssen Insolvenzverfahren geordnet abgewickelt werden. Bénassy-Quéré ist allerdings überzeugt, dass weder der Stabilitäts- und Wachstumspakt noch die Geldpolitik der EZB in außergewöhnlichen Krisenzeiten genügen, um makroökonomische Schocks auszugleichen.
Um Annäherungen zwischen Mitgliedsstaaten zu beschleunigen und die Koordinationsfähigkeit zu steigern, fordert Bénassy-Quéré daher die Schaffung eines gemeinsamen Eurozonen-Budgets. Bereits ein relativ kleines Budget hätte eine stärkere Integration der Fiskalpolitik zur Folge. Für einen solchen supranationalen Konvergenzprozess brauche es aber (politischen) Willen in den Nationalstaaten. Politikwissenschafterin Sonja Puntscher Riekmann ist hier optimistisch. Sie glaubt nicht, dass eine Mehrheit der BürgerInnen per se gegen eine stärkere Integration von europäischen Institutionen sei: Es liege aber an der Politik, die BürgerInnen durch effektive und effiziente Lösungen von den Vorteilen eines integrierten Europas zu überzeugen.