�� WIFO

 

Ratingagenturen: Verursacher, Verst�rker oder im Sog der Staatsschuldenkrise?

 

Die Marktstimmung beeinflusst internationale Kapitalstr�me rasch und nachhaltig. Die Ver�nderung der Risikobereitschaft internationaler Anleger erkl�rt mehr als die H�lfte der Schwankungen des Zinsdifferentials zwischen inl�ndischen Staatsanleihen und den Anleihen aus einem sicheren Vergleichsland. Herabstufungen des L�nderratings k�nnen in diesem Umfeld destabilisierend wirken. Die Auswertung der Rating�nderungen f�r vier europ�ische Peripheriel�nder zwischen 1994 und 2011 liefert jedoch keinen Nachweis f�r einen Teufelskreis aus Zinsanstieg, Herabstufung und Zunahme der Staatsschuld.

 

Begutachtung: Gunther Tichy, Franz R. Hahn � Wissenschaftliche Assistenz: Ursula Glauninger � E-Mail-Adressen: [email protected], [email protected]

 

INHALT

Hypothesen zur Erkl�rung der Zunahme des Zinsdifferentials

Ratingagenturen und der Prozess der Ratingerstellung

Empirische Untersuchungen �ber die Ursachen von Zinsabst�nden

Rating�nderungen und Zinsdifferentiale im Euro-Raum

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER �BERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

�bersicht 1: Auswirkungen von �nderungen des Zinsdifferentials zu Deutschland auf Rating�nderungen. 14

�bersicht 2: Auswirkungen von Rating�nderungen auf das Zinsdifferential zu Deutschland einen Monat nach der Ratinganpassung. 16

�bersicht 3: Auswirkungen von Rating�nderungen auf das Zinsdifferential zu Deutschland drei Monate nach der Ratinganpassung. 17

Abbildung 1: Konvergenz und Divergenz der Zinss�tze. 3

Abbildung 2: Ratings f�r L�nder des Euro-Raumes mit hohem Zinsabstand zu deutschen Bundesanleihen. 12

Abbildung 3: Die Ratings aller Agenturen f�r Griechenland. 13

 

 

Ratingagenturen stehen derzeit unter heftiger Kritik. Ihre Einsch�tzung der geringeren Kreditw�rdigkeit von Staaten wird als Ursache f�r den Anstieg der Finanzierungskosten von Staatsschulden betrachtet. Besonders intensiv wird die Herabstufung der Kreditw�rdigkeit von Staaten des Euro-Raumes im Zuge der Staatsschuldenkrise diskutiert. Die Herabstufungen erfolgten seit M�rz 2010 weitgehend im Gleichklang mit �nderungen des Zinsdifferentials der jeweiligen Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen (Tichy, 2011). Die Europ�ische Kommission droht den Agenturen in kritischen Situationen sogar mit einem Verbot der Ver�ffentlichung von Ratings f�r Staaten. Vielfach wird auch die Gr�ndung einer europ�ischen Ratingagentur eingefordert, die den angels�chsisch dominierten Agenturen eine eigenst�ndige europ�ische Meinung entgegensetzen soll. Vor diesem Hintergrund erscheint eine n�chterne Analyse des Zusammenhangs zwischen �nderungen des Zinsdifferentials und der Ratings angebracht. Ausgangspunkt der Analyse ist die Zunahme der Zinsabst�nde zwischen einigen Staaten des Euro-Raumes und Deutschland. Sie kann im Gegensatz zur Periode vor der W�hrungsunion nicht mehr mit unterschiedlichen Erwartungen �ber die Inflation begr�ndet werden, sondern hat andere Ursachen.

Vor dem Eintritt in die W�hrungsunion konnten die EU-L�nder zwei wirtschaftspolitische Instrumente nutzen, die ihnen nunmehr nicht zur Verf�gung stehen: Die unabh�ngige Geldpolitik mit einer eigenen W�hrung erm�glicht eine vom Ausland abweichende Inflationsrate und eine Anpassung des Wechselkurses an Ver�nderungen der internationalen Wettbewerbsf�higkeit, wie sie durch ein Inflationsdifferential zu den Handelspartnern unweigerlich entstehen. Mit einem unerwarteten Inflationsschub kann der Realwert festverzinslicher Staatsanleihen vermindert und damit ein sanfter Schuldenabbau erreicht werden. Das �berraschungsmoment ist allerdings wichtig, weil eine f�r die Zukunft erwartete hohe Inflationsrate bereits in der aktuellen Rendite auf Staatsanleihen ber�cksichtigt wird. Diesen Zusammenhang zeigt die "Fisher-Gleichung" (Fisher, 1906), die den nominellen Zinssatz in Periode t, , in einen Realzinssatz, , und die erwartete Inflationsrate �zerlegt:

.

Inflationserwartungen sind Bestandteil des nominellen Zinssatzes und gleichen f�r den Anleger den Kaufkraftverlust aus.

Sobald die erwartete Inflationsrate steigt, passt sich die nominelle Rendite auf Staatsanleihen im selben Ausma� an. Die Anleger erhalten durch den Zinsaufschlag eine Kompensation des Kaufkraftverlustes, der �ber die Laufzeit der Anleihe durch die h�here erwartete Inflationsrate entstehen w�rde. Wenn die tats�chliche Inflationsrate unter der erwarteten Inflationsrate liegt, d. h. wenn die Inflationserwartungen falsch waren, ist die erzielte Rendite ex post �berh�ht. Falls die erwartete Inflationsrate niedriger ist als die tats�chliche, ergibt sich ex post ein Kaufkraftverlust bzw. eine reale Entwertung der Staatsschuld.

Mit dem Eintritt in den Euro-Raum gingen die Inflationserwartungen zur�ck, und die Renditen auf Staatsanleihen konvergierten.

Abbildung 1 zeigt die Sekund�rmarktrenditen f�r Deutschland und einige L�nder an der Peripherie des Euro-Raumes mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren f�r den Zeitraum 1995 bis Herbst 2011. Am Anfang der Beobachtungsperiode lagen die Zinss�tze der Peripheriel�nder deutlich �ber der Sekund�rmarktrendite f�r deutsche Bundesanleihen. Dieser Unterschied ist vor allem auf die hohen tats�chlichen und erwarteten Inflationsraten der Peripheriel�nder um 1995 zur�ckzuf�hren: Im Jahr 1995 betrug die Inflationsrate in Griechenland 8,9%, in Portugal 4,2%, in Spanien 4,7% und in Irland 2,5%. Zwischen 1995 und dem Eintritt in die W�hrungsunion konvergierten die Zinss�tze in den Peripheriel�ndern auf das deutsche Niveau. Zu erkl�ren ist diese Konvergenz mit dem Wegfall der geldpolitischen Unabh�ngigkeit in den Peripheriel�ndern und damit einer Angleichung der erwarteten Inflationsrate auf das von der Deutschen Bundesbank bzw. der Europ�ischen Zentralbank angepeilte Niveau von etwa 2%.

 

Abbildung 1: Konvergenz und Divergenz der Zinss�tze

Sekund�rmarktrenditen f�r 10-j�hrige Staatsanleihen

Q: OeNB.

 

Der reale Zinssatz besteht aus vier Komponenten: dem nat�rlichen Zinssatz, der Kreditrisikopr�mie, der Liquidit�tspr�mie und der Fristigkeitspr�mie. Die Neueinsch�tzung der drei l�nderspezifischen Komponenten durch die Anleger ist eine m�gliche Erkl�rung f�r die Ausweitung der Zinsabst�nde zu deutschen Bundesanleihen.

Selbst zwischen 2003 und 2006, als die geringsten Abweichungen zu verzeichnen waren, unterschieden sich die Zinss�tze geringf�gig zwischen den Peripheriel�ndern und Deutschland. Die Ursachen k�nnen mit einer Zerlegung des realen Zinssatzes f�r jedes Land n in vier Komponenten anschaulich gemacht werden (Koch, 2011):

.

Der nat�rliche Zinssatz �ist f�r alle L�nder gleich und entspricht z. B. dem risikolosen realen Eonia-Swapsatz. Die Kreditrisikopr�mie �kann von Land zu Land unterschiedlich sein und gibt das Kreditrisiko des betreffenden Staates an, d. h. in dieser Komponente spiegelt sich die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls der Staatsanleihen dieses Landes. Die Komponente �ist eine nach L�ndern unterschiedliche Liquidit�tspr�mie, die durch die Gr��e und Tiefe des betreffenden Anleihemarktes bestimmt wird. Die Liquidit�tspr�mie entsch�digt die Anleger f�r das unterschiedliche Ausma� an Liquidit�t auf den l�nderspezifischen Anleihem�rkten, d. h. f�r das Risiko bei einem Verkaufswunsch keinen K�ufer zu finden. Der Markt f�r deutsche Staatsanleihen zeichnet sich z. B. durch eine hohe Liquidit�t aus, weil das emittierte Volumen deutscher Staatsanleihen und die t�glichen Ums�tze hoch sind. Je kleiner ein Land ist und je niedriger dessen Schuldenstand, desto enger ist der Markt f�r Staatsanleihen; entsprechend h�here Liquidit�tspr�mien muss dieses Land zahlen. Die Fristigkeitspr�mie �ber�cksichtigt die im Vergleich mit dem Taggeld l�ngere Behaltezeit von Staatsanleihen. Von diesen vier Komponenten ist nur der risikolose Eonia-Swapsatz aus Marktdaten zu beobachten und f�r alle L�nder des Euro-Raumes gleich hoch. Die anderen drei Komponenten k�nnen nur als Ganzes �aus dem Unterschied zwischen realer Anleiherendite und Swapsatz berechnet werden.

Eine m�gliche Interpretation des Wegdriftens der Zinss�tze auf Staatsanleihen der Peripheriel�nder vom deutschen Niveau ist eine Neueinsch�tzung dieser drei nicht beobachtbaren Komponenten durch die Anleger. Die Anpassung der Erwartungen k�nnte alle drei Komponenten erfasst haben, weil durch die Staatsschuldenkrise und die Rettungspakete f�r Griechenland (Mai 2010), Irland (November 2010) und Portugal (April 2011) sowohl das Kreditrisiko stieg als auch die Liquidit�t auf dem jeweiligen Anleihemarkt abnahm. Die Behaltepr�mie �sollte zumindest auf die urspr�ngliche Befristung der ersten Rettungspakete bis Ende 2012 reagiert haben (De Grauwe, 2011).

Hypothesen zur Erkl�rung der Zunahme des Zinsdifferentials

Eine solche Neueinsch�tzung wird von der Hypothese der Marktdisziplinierung unterstellt. �berm��ige Defizite innerhalb der W�hrungsunion h�tten demnach eine Zunahme des Zinsdifferentials gegen�ber einem stabilen Ankerland zur Folge. Diese Beziehung wurde bereits fr�hzeitig von �konomen der Investmentbanken (Bishop � Damrau � Miller, 1991), aber auch des Internationalen W�hrungsfonds (Bayoumi � Goldstein � Woglom, 1995) postuliert und f�r Bundesstaaten der USA empirisch nachgewiesen. Der Zusammenhang zwischen dem Zinsdifferential und der Staatsverschuldung erweist sich demnach als nicht-linear: Ausgehend von einer niedrigen Staatsverschuldung steigt der Anleihezinssatz proportional. Falls die Fiskalpolitik weiterhin ein �berm��iges Defizit verursacht, nimmt der Anleihezinssatz ab einem kritischen Wert der Staatsschuldenquote �berproportional zu (Reinhart � Rogoff, 2011). Im Extremfall kann ein Staat sein Haushaltsdefizit nicht mehr �ber die Anleihem�rkte finanzieren.

Empirische Untersuchungen zeigen einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen der Staatsschuldenquote und der Rendite auf Staatsanleihen. In einem System fester Wechselkurse sind auch theoretisch nicht-lineare Reaktionen m�glich.

Die nicht-lineare Reaktion des Zinssatzes auf das Kreditrisiko kann auch in theoretischen Modellen f�r Volkswirtschaften in einem festen Wechselkurssystem nachgewiesen werden. Durch Fixierung des Wechselkurses verzichtet ein Land auf das wirtschaftspolitische Instrument der Geldpolitik. Wie Calvo (1988) in einem Modell mit multiplen Gleichgewichten zeigt, kann selbst eine verantwortungsvolle Regierung die Staatsschulden nicht mehr bedienen, wenn der Zinssatz zu weit �ber der Wachstumsrate der Wirtschaft liegt. Durch hohe Unsicherheit oder eine spekulative Attacke kann in diesem Modell der Zinssatz f�r Staatsanleihen die Wachstumsrate des BIP �bersteigen. Investoren reagieren auf diesen Schock mit der Forderung nach h�heren Zinss�tzen, weil das zunehmende Differential zwischen Zinssatz und Wachstumsrate die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls (d. h. die Kreditrisikopr�mie ) erh�ht. Der Anstieg der Zinss�tze verursacht wiederum h�here Finanzierungskosten; dieser Teufelskreis kann schlie�lich in der Einstellung der Zins- und Tilgungszahlungen durch den Staat m�nden.

In der Hypothese der Marktdisziplinierung haben Zinsdifferentiale zum stabilen Ankerland die Rolle eines Warnsignals f�r eine nicht-nachhaltige Budgetpolitik. Entsprechend dieser Hypothese erzeugen steigende Zinsdifferentiale �ber die Zunahme der Finanzierungskosten und die drohende Kreditbeschr�nkung einen Anreiz zur Korrektur eines �berm��igen Defizits.

Die Reaktion der Rendite auf Staatsanleihen auf ein �berm��iges Defizit ist ein potentieller Korrekturmechanismus f�r �berm��ige Defizite. Allerdings forderte die Europ�ische Kommission schon fr�h zus�tzliche fiskalpolitische Koordinationsmechanismen.

Die Disziplinierung durch den Markt bei einem �berm��igen Defizit kann nur wirken, wenn zwischen den L�ndern der W�hrungsunion freier Kapitalverkehr herrscht und keine impliziten oder expliziten Haftungen zur �bernahme der Staatsschuld eines illiquiden oder insolventen Staates durch die gesamte W�hrungsgemeinschaft bestehen. Die Vermeidung impliziter Garantien war einer der Gr�nde f�r den gegenseitigen Haftungsausschluss im Pakt f�r Stabilit�t und Wachstum (Nichtbeistandsklausel, Art. 125 AEUV). Die Europ�ische Kommission (1990) forderte schon fr�h externe Beschr�nkungen der nationalen Fiskalpolitik in der W�hrungsunion. Mit dem Pakt f�r Stabilit�t und Wachstum wurden neben dem Haftungsausschluss ein pr�ventiver Kontrollmechanismus und ein korrektiver Prozess eingef�hrt, die allerdings von Anfang an nur eine lockere Koordination der Fiskalpolitik durch die Europ�ische Kommission bzw. den Europ�ischen Rat erwarten lie�en (Url, 2001). Der pr�ventive und der korrektive Arm sollten auf nationaler Ebene ein �berm��iges Defizit verhindern, erwiesen sich jedoch im Nachhinein als zu schwach, vor allem weil sich auch die gro�en Euro-L�nder �ber die von der Kommission initiierten Defizitverfahren hinwegsetzten. Urspr�nglich sah der Delors-Report (Committee, 1989) bindende Fiskalregeln f�r die Teilnehmer an der W�hrungsunion vor. Dieser Ansatz wurde letztlich aber nur f�r die Bedingungen f�r den Eintritt in die W�hrungsunion in das EU-Regelwerk �bernommen.

Ratings wurden in einigen empirischen Untersuchungen als Ursache der Ausweitung des Zinsabstandes zu einem sicheren Ankerland nachgewiesen.

Als weitere Ursache des Anstiegs der Zinsabst�nde wird � vor allem in der politischen Diskussion � die Herabstufung von Ratings f�r Staatsanleihen gesehen. Ratings sind Einsch�tzungen der Kreditw�rdigkeit eines Staates durch unabh�ngige private Agenturen. Wie Ferri � Liu � Stiglitz (1999) nachweisen, k�nnen Ratingagenturen Krisen auf lokalen staatlichen Anleihem�rkten nicht regelm��ig vorhersagen (vgl. auch Tichy, 2011). Nach Ferri � Liu � Stiglitz (1999) reagieren die Agenturen nach dem Ausbruch einer Staatsschuldenkrise mit �berschie�enden Anpassungen ihrer Ratings. Kaminsky � Schmukler (2002) zeigen die prozyklische Tendenz von Ratings: Herabstufungen treten vermehrt w�hrend einer Abw�rtsbewegung des Marktes ein, Aufwertungen �berwiegend in einer Phase steigender Wertpapierpreise. Kaminsky � Schmukler (2002) f�hren dieses Argument weiter und zeigen, dass Rating�nderungen sowohl auf die Kurse der Anleihe- als auch auf die der Aktienm�rkte wirken, wobei sie eine nicht-lineare Reaktion beobachten. In einer Krise �bertragen sich Rating�nderungen deutlich st�rker auf die Wertpapierpreise als in Phasen normaler Konjunktur. Kaminsky � Schmukler (2002) schlie�en aus ihrem Datensatz, dass negative Neuigkeiten durch Herabstufungen signifikant zur Ausweitung des Zinsabstandes beitragen. Zus�tzlich werden durch Rating�nderungen die Kapitalm�rkte anderer L�nder von den Turbulenzen im Ausgangsland angesteckt und reagieren ebenfalls mit Kursr�ckg�ngen, d. h. einer Zunahme des Zinsdifferentials zu einem Ankerland mit sicheren Veranlagungsm�glichkeiten.

Ratingagenturen und der Prozess der Ratingerstellung

Derzeit dominieren drei Ratingagenturen � Fitch, Moody's und Standard & Poor's � die Erstellung von Ratings f�r Staatsanleihen. Die Ratings f�r Staatsanleihen bzw. Staaten sollen die erwartete F�higkeit und den Willen des anleiheemittierenden Staates zur zeitgerechten und vollst�ndigen R�ckzahlung des geschuldeten Betrages signalisieren. Sie beziehen sich dabei immer auf den Zentralstaat, das ist im Fall �sterreichs der Bund, und auf die Schulden gegen�ber Privatgl�ubigern. Die zeitgerechte Bedienung von Schulden gegen�ber anderen �ffentlichen Institutionen wird von den Ratingagenturen nicht beurteilt (Bhatia, 2002). Die Ratings der drei Agenturen umfassen unterschiedliche Aspekte einer staatlichen Insolvenz. Standard & Poor's beurteilt z. B. nur die Wahrscheinlichkeit einer Staatsinsolvenz, gibt aber keine Auskunft �ber deren Intensit�t (Ausma� des Schuldenschnitts), deren Dauer und die Art der Abwicklung (geordnet oder ungeordnet). Die Ratings von Moody's spiegeln hingegen zus�tzlich zur Insolvenzwahrscheinlichkeit auch die R�ckzahlungsquote im Fall einer Insolvenz wider. Fitch w�hlt einen Mittelweg zwischen diesen beiden Alternativen und bildet bis zum Zeitpunkt der Insolvenz nur die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Insolvenz ab, nach Eintritt der Insolvenz ber�cksichtigt das Rating auch die erwartete R�ckzahlungsquote.

Eine wichtige Trennlinie in der Einsch�tzung der Kreditw�rdigkeit von Staaten sind die Wertungen "investment grade" und "speculative grade".

Fitch, Moody's und Standard & Poor's ver�ffentlichen ihre Einsch�tzung der R�ckzahlungswahrscheinlichkeit von Staatsanleihen meist in Form einer Buchstabenkombination, wobei die h�chste Bonit�t mit "AAA" angegeben wird. Durch Weglassen eines A oder Ersetzen eines A durch einen der nachfolgenden Buchstaben im Alphabet, durch Kleinbuchstaben, Vorzeichen (+/�) oder Ziffern wird jeweils eine niedrigere Kreditw�rdigkeit angezeigt. F�r Analysezwecke werden die Ratings auch in eine Zahlenskala zwischen 1 (niedrige Bonit�t) und 20 (hohe Bonit�t) �bersetzt (Bhatia, 2002, Table 2). Grob teilen die Ratings Wertpapiere in zwei Kategorien ein: Wertpapiere mit "investment grade" und mit "speculative grade". Wenig risikobereite Investoren beschr�nken ihre Veranlagungen auf Wertpapiere mit "investment grade", daher kommt den Ratings besonders an der Grenze zwischen "investment" und "speculative grade" besondere Bedeutung zu. �blicherweise werden Ratings auch mit einer Aussicht verbunden, die die erwartete Richtung einer k�nftigen �nderung des Ratings anzeigt (positiv, negativ oder gleichbleibend).

Ratingagenturen verarbeiten Informationen �ber die politische, wirtschaftliche und finanzielle Lage eines Staates in ein einfaches Signal f�r Anleger. Sie erleichtern damit vor allem grenz�berschreitende Investitionen.

Ratings werden entweder vom Emittenten der Staatsanleihe beauftragt und bezahlt oder ohne Auftrag durchgef�hrt, weil der betreffende Anleihemarkt von den Ratingagenturen ohnehin beobachtet werden muss, z. B. in den USA. Ein Rating bietet f�r Investoren ein einfaches Signal �ber die Kreditw�rdigkeit staatlicher Schuldner. Sofern Ratingagenturen eine unabh�ngige Risikoabsch�tzung treffen, ersparen sich Investoren dank des einfach zu interpretierenden Ratingsignals hohe Kosten der Informationsbeschaffung. Falls die Investoren Finanzintermedi�re sind, fordern teilweise auch die Aufsichtsbeh�rden ein Rating der gehaltenen Wertpapiere. Die Geb�hr f�r ein Rating h�ngt entweder vom Emissionsvolumen ab oder wird f�r gro�e L�nder als Pauschalbetrag ausgehandelt.

Die Emittenten erhoffen sich aus dem Rating eine Ausweitung des potentiellen Investorenkreises auf internationale Anleger, die anderenfalls zu hohe Kosten der Informationsbeschaffung h�tten. Ratings f�r Staaten haben auch den Vorteil, dass sie die Grundlage f�r die Risikoeinsch�tzung von Unternehmensanleihen des entsprechenden Landes bilden. Durch ein Rating des Staates wird also auch die Unternehmensfinanzierung �ber den Kapitalmarkt erleichtert. Das moderne Ratingwesen f�r Staatsanleihen ist ein vergleichsweise junges Ph�nomen, das fl�chendeckend erst nach der Aufhebung des US Interest Equalization Act im Jahr 1974 entstand. Davor gab es zwar internationale Ratings durch Moody's und Poor's Publishing, sie wurden jedoch immer wieder ausgesetzt, sodass Anfang 1975 nur Ratings f�r Australien, Kanada und die USA ver�ffentlicht wurden (Bhatia, 2002). Mit der schrittweisen Aufhebung internationaler Kapitalverkehrsbeschr�nkungen nahm die grenz�berschreitende Veranlagung in Staatsanleihen zu, und dadurch stieg der Bedarf an weiteren Ratings f�r Staatsschulden. Ein immer gr��erer Kreis von L�ndern wird seither bewertet.

Die Schl�sselgr��e f�r Ratingagenturen ist der Eintritt einer Insolvenz. Die Insolvenz eines Staates wird von allen drei Agenturen gleich definiert (Bhatia, 2002):

�          Ausbleiben der fristgerechten Zahlung von Zinsen oder Tilgungen f�r einen Schuldtitel � die Frist bezieht sich dabei entweder auf den F�lligkeitstermin des Schuldtitels oder eine angemessene Nachfrist;

�          Umschuldung, Tausch oder Umstrukturierung eines Schuldtitels � die Ratingagentur liefert eine Einsch�tzung, ob diese Aktion zwangsweise oder freiwillig stattfand.

Die Bewertung eines Zahlungsausfalls f�r Staatsanleihen h�ngt nicht nur von objektiven juristischen Schritten, sondern auch von der subjektiven Einsch�tzung der Ratingagentur ab.

Diese auf der individuellen Einsch�tzung durch die Ratingagentur aufbauende Definition einer Insolvenz ber�cksichtigt absichtlich keine rechtlichen Instrumente oder Verfahrensschritte eines Insolvenzverfahrens, weil so auch versteckte Insolvenzen von den Ratingagenturen als solche eingesch�tzt werden k�nnen. Diese breite Definition einer Insolvenz ist gemeinsam mit ausstehenden Anleiheabsicherungen (Credit Default Swaps) f�r die besondere Konstruktion des derzeit vorgeschlagenen freiwilligen Schuldenschnitts griechischer Staatsanleihen verantwortlich. Eine Insolvenz wird in den Ratings als abgeschlossen eingesch�tzt, wenn ein neuer Schuldtitel emittiert wird oder eine entsprechende Ab�nderung bestehender Schuldtitel in Abstimmung mit den Gl�ubigern in Kraft tritt.

Ratingfehler entstehen nicht nur durch eine ungenaue Messung der aktuellen Wirtschaftslage und durch Prognosefehler. Sie beruhen auch auf einer subjektiven Einsch�tzung der politischen Zukunft eines Staates.

Ratings beziehen sich immer auf die Zukunft, d. h. auf einen Zeitraum von drei bis f�nf Jahren. F�r diesen Zeitraum soll das Rating den Willen und die F�higkeit des Staates zur R�ckzahlung von Schulden prognostizieren. Wegen des Zukunftsbezuges ergeben sich zwangsl�ufig Fehleinsch�tzungen, die �ber die Prognosefehler der Wirtschaftsforschungsinstitute f�r die k�nftige Wirtschaftsentwicklung (Baumgartner, 2002) hinausgehen, weil die Erwartungen der Ratingagenturen sowohl die k�nftige wirtschaftliche als auch die politische Entwicklung eines Landes betreffen. Die Einsch�tzung von Ratingagenturen beruht daher auf messbaren Zahlen, Prognosen und auf dem subjektiven Eindruck �ber die politische Zukunft des Emissionslandes. Dieser hybride Ansatz f�hrte zur Entwicklung eines strukturierten Prozesses f�r die Erstellung eines L�nderratings. In einem Rating-Komitee wird ein breiter Bereich von Kriterien[a]) diskutiert und letztlich �ber das zu ver�ffentlichende Rating abgestimmt. Ratings beruhen daher nicht auf der Einsch�tzung eines L�nderanalysten, sondern auf der Einsch�tzung mehrerer Personen. Sie werden auch immer in Bezug auf Referenzl�nder getroffen. Bhatia (2002) beschreibt die Rolle der L�nderexperten, die Besetzung der Rating-Komitees und die einzelnen Kriterien f�r Ratings im Detail.

Die Qualit�t der Ratings von Staaten ist statistisch schwierig zu beurteilen, weil es unter den gerateten L�ndern bisher nur wenige Insolvenzen gab. Verz�gerte Ratinganpassungen und Herdenverhalten werden jedoch in einigen Untersuchungen erw�hnt.

Die Qualit�t der Ratings von Staaten ist derzeit statistisch noch schwierig zu beurteilen, weil im Gegensatz zu Unternehmensratings nur wenige Insolvenzen international begebener Staatsanleihen zu verzeichnen waren. Die nicht vorhergesehene Umschuldung Mexikos 1994/95 und die Asienkrise 1997/98 boten Anlass f�r Kritik an sp�ten Herabstufungen (Reisen � von Maltzan, 1998, Ferri � Liu � Stiglitz, 1999). In der j�ngeren Vergangenheit waren die Ukraine (1998), Pakistan und Ecuador (1999), Argentinien (2001) sowie Moldawien (2002) von einer Insolvenz betroffen. Bis auf die Ukraine lag f�r alle betroffenen L�nder f�r mindestens 12 Monate vor der Insolvenz ein Rating vor. Alle L�nder wurden mit "speculative grade" eingesch�tzt. 1997/98 bot die Asienkrise eine M�glichkeit zur Einsch�tzung der Qualit�t aktueller Ratings; Bhatia (2002) und Ferri � Liu � Stiglitz (1999) vermerken hier eine versp�tete und �berschie�ende Abstufung. F�r Argentinien bzw. Uruguay (2000/2002) wurden die Ratings ebenfalls zu sp�t und �berschie�end gesenkt. Zum gleichen Schluss kommt Tichy (2011) aufgrund von Ratings einiger L�nder des Euro-Raumes zwischen 1994 und 2011. Nach Bhatia (2002) folgen die Ratings zudem dem Marktkonsens, sodass ein Herdenverhalten vorliegt, d. h. Bewertungen werden in der Regel von allen Agenturen innerhalb eines kurzen Zeitraumes in dieselbe Richtung angepasst.

Die m�gliche selbstverst�rkende Wirkung von Ratinganpassungen ist aus volkswirtschaftlicher Sicht bedenklich, weil damit ein Teufelskreis in Gang gesetzt werden kann.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die selbstverst�rkende Wirkung einer Herabstufung des Ratings w�hrend einer Krise bedenklich. Wenn Ratingagenturen ihr Rating im Gefolge der Markteinsch�tzung �ndern und der Markt wiederum auf die Abstufung des Ratings mit h�heren Zinsforderungen reagiert, kann ein Teufelskreis in Bewegung gesetzt werden, der sogar in einer Staatsschuldenkrise m�nden kann (Calvo, 1988). Umgekehrt kann eine Verbesserung des Ratings bereits euphorische Erwartungen noch weiter steigern und so Kapitalzufl�sse, einen R�ckgang der Zinss�tze und letztlich einen �berm��igen Schuldenaufbau des Staates zur Folge haben.

Bhatia (2002) nennt folgende potentielle Ursachen f�r fehlerhafte Ratings:

�          die unter Umst�nden schlechte Qualit�t der gelieferten volkswirtschaftlichen Daten und deren stark verz�gerte Ver�ffentlichung,

�          die aus Kostengr�nden geringen Kapazit�ten der Ratingagenturen zur Durchf�hrung der L�nderanalysen und

�          die aus mehreren Gr�nden verzerrten Anreize f�r Ratingagenturen.

Tichy (2011) vermerkt zus�tzlich die bekannten Probleme von Wirtschaftsprognosen: Prognosefehler sind �blicherweise prozyklisch, und Wendepunkte werden selten gut vorhergesehen.

Verzerrte Anreize entstehen durch die Art der Bezahlung von Ratings (Stahl � Strausz, 2010). Das Rating f�r Staatsanleihen wird vom bewerteten Staat in den meisten F�llen selbst bezahlt, sodass ein Anreiz zur milden Bewertung in ruhigen Perioden besteht, w�hrend in einer Phase mit negativen Neuigkeiten die Entwicklung umschl�gt. Da die Gl�ubigerinteressen dann durch Fehlprognosen zu stark gef�hrdet sind, werden die Ratings herabgestuft. Zus�tzlich besteht zwischen den L�nderratings und den ertragreicheren Unternehmensbewertungen ein positiver Zusammenhang, weil Unternehmensbewertungen in der Regel durch das Rating des betreffenden Staates nach oben begrenzt sind. Andere Anreizprobleme entstehen durch ein potentielles Naheverh�ltnis zwischen Vertretern bewerteter Staaten und den L�nderexperten der Ratingagenturen oder durch die �berschneidungen der Beratungst�tigkeit von Agenturen mit der Ratingerstellung.

Empirische Untersuchungen �ber die Ursachen von Zinsabst�nden

Ob die Marktentwicklungen oder Ratings urs�chlich f�r Anpassungen des Zinsabstandes sind, ist empirisch schwierig zu unterscheiden, weil in der Regel sowohl die makro�konomischen Fundamentaldaten als auch fiskalpolitische Eingriffe gleichzeitig mit �nderungen des Zinsdifferentials und der Ratings auftreten und einander beeinflussen.

Ein positiver Zusammenhang zwischen dem Staatsdefizit bzw. den Staatsschulden und dem Zinsdifferential zu einer sicheren Veranlagung ist in Untersuchungen f�r die USA belegt. Internationale Kapitaltransaktionen k�nnen jedoch das Zinsdifferential von der heimischen Fiskalpolitik entkoppeln.

Goldstein � Woglom (1992) und Poterba � Rueben (1999) weisen anhand von Daten der Bundesstaaten der USA einen positiven Zusammenhang zwischen dem Schuldenstand einzelner Bundesstaaten und deren Zinsdifferential zu Anleihen anderer Bundesstaaten nach und best�tigen so die Hypothese der Marktdisziplinierung. Bayoumi � Goldstein � Woglom (1995) finden � ebenfalls f�r Bundesstaaten der USA � einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen dem Schuldenstand und dem Zinsdifferential. Untersuchungen f�r die Bundesstaaten der USA haben den Vorteil, dass sie einen einheitlichen W�hrungsraum betreffen und daher im Zinssatz keine Wechselkursrisiken enthalten sind. Untersuchungen �ber den Zusammenhang zwischen fiskalpolitischen Faktoren und den Zinss�tzen aus langfristigen Anleihetermingesch�ften f�r die USA (Laubach, 2009) bzw. �ber Zinsdifferentiale europ�ischer L�nder (Aizenman � Hutchison � Jinjarak, 2011, Bernoth � von Hagen � Schuknecht, 2004, Bernoth � Wolff, 2008, Codogno � Favero � Missale, 2003, Faini, 2006, Hallerberg � Wolff, 2006, Heppke-Falk � H�fner, 2004, Manganelli � Wolswijk, 2009), der OECD-L�nder (Alesina et al., 1992) oder der Schwellenl�nder (Baldacci � Gupta � Mati, 2008) leiden unter dieser zus�tzlichen Schwankungsquelle. Das mittlerweile hohe Ausma� internationaler Kapitaltransaktionen beeinflusst das Kapitalangebot auf dem jeweiligen lokalen Anleihemarkt auch unabh�ngig von der Entwicklung des nationalen Defizits.

Dementsprechend sind die Ergebnisse dieser Studien weniger eindeutig; sie zeigen aber mehrheitlich einen signifikanten Zusammenhang zwischen einem hohen realisierten oder prognostizierten Defizit der �ffentlichen Haushalte bzw. einer hohen Staatsverschuldung und dem Zinsabstand gegen�ber einer sicheren Veranlagung in einem Referenzland. Hohe Zinsaufschl�ge erscheinen daher zumindest teilweise durch die zugrundeliegende Situation der �ffentlichen Haushalte bestimmt und sind ein Signal f�r �berm��ige Defizite.

Gemeinsam mit den Fundamentaldaten entwickeln sich in Krisenzeiten oft die Erwartungen der Marktteilnehmer �ber die Risikopr�mie �sprunghaft (vgl. Kasten). Durch den Herdeneffekt und die �bertragung einer negativen Stimmung auf �hnliche M�rkte kann sich die Einsch�tzung der Marktteilnehmer schlie�lich von den Fundamentalwerten l�sen; dies f�hrt zu �berschie�enden Zinsabst�nden. Besonders wichtig ist dieser Kanal f�r Schwellenl�nder mit gro�er Nachfrage nach Kapitalimporten, weil im Gefolge einer Krise die Risikobereitschaft der Anleger stark sinkt und die Investitionsstr�me in sichere Anlageformen zur�ckflie�en (Eichengreen � Modhy, 1998).

�hnlich wie Zinsdifferentiale werden auch Ratings von makro�konomischen und fiskalpolitischen Faktoren bestimmt; das geht schon aus dem Kriterienkatalog der Ratingagenturen hervor. Erstmals wurde dieser Zusammenhang von Cantor � Packer (1996) untersucht. Anhand eines L�nderquerschnitts erkl�ren sie das durchschnittliche Rating der zwei gro�en Ratingagenturen (Moody's, Standard & Poor's) zu 90% durch acht makro�konomische Variable. Eine der wichtigsten erkl�renden Variablen ist das Pro-Kopf-Einkommen. Allerdings werden im untersuchten Querschnitt Industrie- mit Schwellenl�ndern gemischt, sodass ein Gro�teil des Erkl�rungswertes durch deren unterschiedliches Rating entsteht. Nach Cantor � Packer (1996) w�rden beide Agenturen dieselben Kriterien im gleichen Ausma� ber�cksichtigen, in den Ratings w�ren tats�chlich zus�tzliche Informationen enthalten, die die makro�konomischen Daten nicht enthalten. Das k�nnten weiche Faktoren wie die Einsch�tzung der politischen Stabilit�t sein. Eine �nderung des Ratings zieht gem�� Cantor � Packer (1996) eine Anpassung der Markteinsch�tzung �ber die Risikopr�mie nach sich. Budget- oder Zahlungsbilanzdefizite haben hingegen keine Wirkung auf das Zinsdifferential.

 

Studien �ber den Einfluss von Marktstimmung und Risikobereitschaft auf internationale Kapitaltransaktionen

Mehrere Untersuchungen besch�ftigten sich in den letzten Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Marktstimmung und internationalen Kapitaltransfers. Powell � Martinez (2008) finden z. B. neben einigen makro�konomischen Faktoren zur Erkl�rung des Zinsdifferentials von Schwellenl�ndern auch eine Reaktion der Kapitalstr�me auf das Ausma� der Risikoaversion internationaler Anleger. In der Periode 2003 bis 2007 stieg die Risikobereitschaft der Anleger markant und war f�r den Gro�teil des R�ckgangs des Zinsabstandes der Schwellenl�nder bestimmend.

Wie Gonzales-Rozada � Yeyati (2008) zeigen, erkl�rt die Risikobereitschaft internationaler Anleger in Verbindung mit der internationalen Liquidit�tslage etwa die H�lfte der langfristigen Schwankungen der Zinsdifferentiale; wenn man l�nderspezifische Elastizit�ten ber�cksichtigt, betr�gt dieser Anteil sogar 80%. Zinsabst�nde werden demnach eher durch internationale Kapitalfl�sse als durch die lokale Fiskalpolitik beeinflusst.

Attinasi � Checherita � Nickel (2009) schreiben im Durchschnitt 56% des Anstiegs des Zinsdifferentials einer Verringerung der Risikobereitschaft der Investoren zu, 21% beruhen auf einer erwarteten Zunahme des Defizits und der Staatsschulden, 14% gehen auf die Abnahme der Liquidit�t zur�ck, und 9% werden durch die Bankenhilfspakete verursacht.

 

Die Ergebnisse von Ferri � Liu � Stiglitz (1999) und Kaminsky � Schmukler (2002) betonen die Rolle von Rating�nderungen noch st�rker. Beide Arbeiten sehen einen urs�chlichen Zusammenhang zwischen den Herabstufungen der Ratings von Staatsanleihen und einer Ausweitung des Zinsabstandes. G�rtner � Griesbach � Jung (2011) finden mit Granger-Kausalit�tstests eine kausale Wirkungskette von Rating�nderungen zu Anpassungen des Zinsabstandes. Angesichts der diskreten �nderungen von Ratings im Zeitverlauf sind die Ergebnisse von G�rtner � Griesbach � Jung (2011) jedoch mit Vorsicht zu interpretieren. Die Modellierung beider Variablen in einer Vektorautoregression f�hrt durchwegs zu nicht normalverteilten Sch�tzfehlern und beeintr�chtigt daher die Qualit�t der Granger-Kausalit�tstests.

Die Ratings sind im Zeitverlauf glatt, und Rating�nderungen erfolgen systematisch verz�gert. Die Asienkrise 1997/98 und die aktuelle Staatsschuldenkrise im Euro-Raum best�tigen diesen Eindruck.

Neben technischen Bedenken gegen�ber einem kausalen Zusammenhang zwischen Ratings und Zinsabst�nden stehen auch empirische Ergebnisse dieser Schlussfolgerung entgegen. Nach Reinhart (2002) versagen Ratings systematisch in der Vorhersage von W�hrungskrisen, weil Herabstufungen und erfolgreiche Prognosen �ber staatliche Insolvenzen in der Regel erst nach Eintritt der W�hrungskrise erfolgen. Die Ergebnisse von Mora (2006) deuten ebenfalls in die Richtung verz�gerter Ratinganpassungen. Mora (2006) sch�tzt ein detailliert spezifiziertes Modell zur Vorhersage von Rating�nderungen und vergleicht die vorhergesagten mit den tats�chlichen Ratings: Ratinganpassungen erfolgten w�hrend der Asienkrise 1997/98 langsam, und die Ratings sind im Zeitverlauf glatt (vgl. Abbildung 2 f�r L�nder an der Peripherie des Euro-Raumes). Diese beiden Ph�nomene sind mit einer prozyklischen Setzung von Ratings nicht vereinbar. Dar�ber hinaus lagen die Ratings nach Mora (2006) vor der Asienkrise �ber den vorhergesagten Werten, w�hrend sie in der Krise etwa den vorhergesagten Werten entsprachen. Nach der Krise stiegen die Ratings weniger stark, als die Fundamentalwerte bzw. die Finanzmarktdaten erwarten lie�en. Tichy (2011) schlie�t aus einem Vergleich der Ratings f�r Peripheriel�nder des Euro-Raumes ebenfalls, dass Ratings den ver�ffentlichten Zinsdifferentialen und makro�konomischen Daten nachhinken. Reisen � von Maltzan (1998) finden eine gegenseitige Beeinflussung zwischen dem jeweiligen Zinsabstand zu den USA und dem L�nderrating; gem�� ihren Event-Studien �ndert sich der Zinsabstand zu den USA bereits im Vorfeld einer Ausblick- oder Rating�nderung.

Gonzales-Rozada � Yeyati (2008) fassen das Muster zwischen Zinsdifferentialen und Ratings in folgende Hypothese zusammen: Ratings von Schwellenl�ndern reagieren endogen auf �nderungen des Zinsabstands zu einem risikolosen internationalen Zinssatz; umgekehrt hat eine Rating�nderung im Durchschnitt keine deutliche Anpassung des Zinsabstandes zur Folge. Gonzales-Rozada � Yeyati (2008) beweisen diese Hypothese in einem Panel �ber L�nder und Rating�nderungen. Vor einer Herabstufung steigt der Zinsabstand demnach im Durchschnitt deutlich, nach der Ratinganpassung �ndert er sich hingegen kaum. Bei einer Verbesserung des Ratings schrumpft umgekehrt der Zinsabstand bis zum Zeitpunkt der Ratinganpassung und bleibt danach etwa gleich gro�.

 

Abbildung 2: Ratings f�r L�nder des Euro-Raumes mit hohem Zinsabstand zu deutschen Bundesanleihen

Q: Moody's. Ratings umgerechnet in eine Skala zwischen 1 (niedrige Bonit�t) und 20 (hohe Bonit�t).

 

Rating�nderungen und Zinsdifferentiale im Euro-Raum

Angesichts der bisher widerspr�chlichen empirischen Ergebnisse legt das WIFO in der Folge eine eigenst�ndige Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Ratings und dem Zinsabstand zwischen L�ndern des Euro-Raumes vor. Dazu werden wie in Tichy (2011) die Ratings f�r Griechenland, Irland, Spanien und Portugal verwendet (Abbildung 2). F�r Griechenland und Irland liegen seit 1994 Ratings von allen drei Agenturen vor (Fitch, Moody's, Standard & Poor's). F�r Portugal und Spanien beginnen die Ratings etwas sp�ter (Ende 1996). In Abbildung 3 sind die Ratings aller drei Agenturen f�r Griechenland auf einer Skala zwischen 1 und 20 �bersetzt, wobei 1 die niedrigste und 20 die h�chste Bonit�tsstufe anzeigt. Die Bonit�t Griechenlands wurde zwischen 1995 und 2003 in einigen Schritten hinaufgesetzt und erreichte dann einen H�hepunkt von 16. Anfang 2009 setzten die Abstufungen Griechenlands ein, 2010 gewannen sie rasch an Geschwindigkeit.

Der stufenartige Verlauf von Ratings erschwert die �konometrische Analyse und macht eine Datentransformation notwendig.

Der stufenartige Verlauf der Ratings macht eine auf Zeitreihen beruhende �konometrische Analyse unm�glich. Zum Zeitpunkt einer �nderung des Ratings wird das Modell in der Regel weder Richtung noch Ausma� der Rating�nderung korrekt vorhersagen. Gro�e Ausrei�er werden daher die Koeffizienten verzerren, die auf der Annahme einer Normalverteilung beruhenden Testverfahren sind nicht einsetzbar. Gonzales-Rozada � Yeyati (2008) ber�cksichtigen diese Datenstruktur und setzen zur Analyse eine Event-Studie ein, d. h. die Daten werden nach Ereignissen strukturiert und verlieren ihre Zeitdimension.

Die hier vorgestellten Regressionsmodelle beruhen auf einer Umwandlung der Rating-Zeitreihen in Episoden mit einer Ratinganpassung. Die erkl�renden Variablen beschreiben immer die Entwicklung in der Periode vor oder nach einer Ratinganpassung.

F�r die vier L�nder in Abbildung 2 (Griechenland, Irland, Spanien, Portugal) waren zwischen Dezember 1994 und Juli 2011 insgesamt 94 Rating�nderungen zu verzeichnen. In der folgenden Analyse wird jede dieser Episoden als eine Beobachtung behandelt. Die erkl�rte Variable ist das Ausma� der Ratinganpassung im Zeitpunkt t. So hob etwa Standard & Poor's das Rating f�r Griechenland im Dezember 1999 um 2 Einheiten an (Abbildung 3). Vor der Rating�nderung durch eine Agentur im Zeitpunkt t standen auf dem Finanzmarkt neue Informationen in Form einer Anpassung des Zinsabstandes zu Deutschland zur Verf�gung. Die �nderung des Zinsabstandes wird zwischen der letzten Rating�nderung und dem Monat vor der �nderung des Ratings (t�1) gemessen. Durch diese zeitliche Strukturierung k�nnen s�mtliche mit Endogenit�t verbundenen Probleme in der Analyse vermieden werden, weil die Ratinganpassung zum Zeitpunkt t nach dem Endpunkt f�r die Berechnung des kumulierten Zinsabstandes seit der letzten Ratinganpassung erfolgt. Das Modell 5 in �bersicht 1 ber�cksichtigt auch die Einsch�tzung der anderen zwei Ratingagenturen in der Periode vor der Anpassung des Ratings f�r das betroffene Land (t�1). Diese Informationen, die Zeitspanne zur letzten eigenen Rating�nderung und jene zur letzten Rating�nderung einer der anderen Agenturen bzw. einige Dummyvariable, die das Land und die Ratingagentur kennzeichnen, gehen in verschiedenen Kombinationen in die Modelle ein.

 

Abbildung 3: Die Ratings aller Agenturen f�r Griechenland

Q: Ratingagenturen. Ratings umgerechnet in eine Skala zwischen 1 (niedrige Bonit�t) und 20 (hohe Bonit�t).

 

In der Stichprobe aus L�ndern an der Peripherie des Euro-Raumes zeigt sich eine signifikante und �berproportionale Reaktion von Ratings auf eine Ausweitung des Zinsabstandes zu Deutschland. In Krisenzeiten werden Ratings signifikant �fter angepasst.

Selbst eine Bereinigung der Daten um ihre Zeitstruktur beseitigt das Problem der nicht-normalverteilten Sch�tzfehler in den Regressionen in �bersicht 1 nur unvollst�ndig. Der p-Wert f�r den Jarque-Bera-Test auf normalverteilte Sch�tzfehler ist f�r die Modelle 1 und 3 sehr klein, sodass die Hypothese normalverteilter Sch�tzfehler abgelehnt werden muss. Die Modelle 2, 4 und 5 erlauben hingegen korrekte Schlussfolgerungen aus dem Signifikanzniveau der Koeffizienten (�bersicht 1). Von den L�nderdummies ist Spanien signifikant negativ, d. h. die Rating�nderungen f�r Spanien fallen im Durchschnitt deutlich geringer aus als f�r die anderen drei untersuchten L�nder. Das Ausma� der Rating�nderung ist unabh�ngig von der Agentur, die im Zeitpunkt t eine Ratinganpassung durchf�hrt, weil beide Agenturdummies nicht signifikant sind. Der kumulierte Zinsabstand zwischen der letzten Rating�nderung und dem Zeitpunkt t wirkt sich hingegen signifikant negativ auf das Ausma� der Rating�nderung aus, d. h. wenn z. B. der Zinsabstand zwischen Griechenland und Deutschland seit der letzten Ratinganpassung um 1 Prozentpunkt zunahm, wird das Rating im Durchschnitt um 1,3 Prozentpunkte gesenkt. Je l�nger die letzte Ratinganpassung zur�ckliegt, desto h�her f�llt die Ratinganpassung aus, d. h. in Krisenzeiten erfolgen Ratinganpassungen in der Regel in rasch aufeinanderfolgenden kleinen Schritten, in stabilen Zeiten jedoch meistens mit gro�em Zeitabstand und in gro�en Schritten (Abbildung 2).

�bersicht 1: Auswirkungen von �nderungen des Zinsdifferentials zu Deutschland auf Rating�nderungen

�

Erkl�rte Variable: Ausma� einer Rating�nderung

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Modell 4

Modell 5

�

Konstante

�1,36***

�1,45

�1,60**

�1,79

1,46**

Dummyvariable

Griechenland

�

0,90

�

0,97

�

Irland

�

�0,12

�

�0,11

�

Spanien

�

�2,86**

�

�2,83**

�

Standard & Poor's

�

�

0,22

0,17

�

Moody's

�

�

0,39

0,58

�

Zinsabstand zu Deutschland

�1,31***

�1,31***

�1,30***

�1,29***

�0,46***

Eigene Zeitspanne

0,02**

0,03***

0,02**

0,03***

0,01**

Verh�ltnis zu anderen Ratings

�

�

�

�

�2,13***

Zeitspanne der anderen Ratings

�

�

�

�

�0,07

Interaktion (andere)

�

�

�

�

0,08

�

Beobachtungen

94

94

94

94

94

korr.

0,22

0,30

0,20

0,28

0,33

p-Wert Jarque-Bera-Test

0,00

0,17

0,00

0,28

0,44

Q: WIFO-Berechnungen. Sch�tzverfahren: OLS. Die L�nderdummies nehmen den Wert 1 an, wenn die Rating�nderung das Land i betraf. Die Agenturdummies nehmen den Wert 1 an, wenn das Rating durch die Agentur j ge�ndert wurde. Zinsabstand zu Deutschland: im Monat vor der Rating�nderung abz�glich Zinsabstand zum Zeitpunkt der letzten Rating�nderung. Eigene Zeitspanne: Zahl der Monate seit der letzten Anpassung des Ratings durch die jeweilige Agentur. Verh�ltnis zu anderen Ratings: Quotient aus eigenem Rating und dem durchschnittlichen Rating der anderen Agenturen in der Periode vor der Rating�nderung. Zeitspanne der anderen Ratings: Zahl der Monate zwischen der letzten Anpassung anderer Agenturen und dem Zeitpunkt der eigenen Rating�nderung. Interaktion (andere Ratings): quadriertes Verh�ltnis zu den anderen Ratings und Zeitspanne seit der letzten Ratinganpassung durch andere Agenturen. * . . . signifikant auf einem Niveau von 10%, ** . . . signifikant auf einem Niveau von 5%, *** . . . signifikant auf einem Niveau von 1%.

�

Tendenziell erfolgen Anpassungen der Ratings in die Richtung der anderen zwei Ratingagenturen, d. h. bestehende Unterschiede zwischen der Einsch�tzung durch die Agenturen werden abgebaut. Das ist ein Indiz f�r Herdenverhalten.

Besonders interessant sind die Ergebnisse des Modells 5, in das zus�tzlich die Ratings der anderen zwei Agenturen eingehen: in Form des Verh�ltnisses des eigenen Ratings zum Durchschnitt der anderen zwei Agenturen im Monat vor der Anpassung (t�1) und in Form der Zeitspanne zwischen der eigenen Anpassung des Ratings und der zuletzt beobachteten Anpassung einer der anderen Agenturen. Zus�tzlich wird ein Interaktionsterm zwischen diesen beiden Faktoren eingef�hrt, der allerdings nicht signifikant von Null verschieden ist. Das Verh�ltnis zwischen dem eigenen und den anderen Ratings ist signifikant negativ. Wenn also das eigene Rating �ber dem Durchschnitt der anderen zwei Ratings liegt, erfolgt tendenziell eine Anpassung nach unten, liegt es dar�ber, dann wird tendenziell nach oben angepasst.

Das Zinsdifferential zu Deutschland reagiert auf Ratinganpassungen signifikant. Herabstufungen haben eine Ausweitung des Zinsabstandes in den ein bis drei Monaten nach einer Rating�nderung um etwa 0,3 Prozentpunkte zur Folge. Abstufungen bringen im Durchschnitt eine Ausweitung des Zinsabstandes um 0,3 Prozentpunkte mit sich. Dieses Ausma� ist zu klein f�r einen selbstverst�rkenden Prozess.

Die �bersichten 2 und 3 zeigen die Ergebnisse f�r die umgekehrte Kausalit�t von Rating�nderungen auf den Zinsabstand, und zwar im ersten Monat (t+1) bzw. drei Monate (t+3) nach der Ratinganpassung. Diese zeitliche Struktur verhindert eine Endogenit�t im Zusammenhang zwischen der �nderung des Zinsabstandes und des Ratings. Die Struktur der Modelle unterscheidet sich von jenen in �bersicht 1, weil sie au�er der Rating�nderung im Zeitpunkt t und den Dummyvariablen auch die kurzfristige Dynamik des Zinsabstandes zu Deutschland ber�cksichtigen. F�r alle Modelle in den �bersichten 2 und 3 ist eine Bereinigung um Ausrei�er erforderlich, damit normalverteilte Sch�tzfehler erzielt werden[b]). Diese Regressionsgleichungen nehmen den Ansatz von Stock � Watson (1999) zur mehrstufigen Prognose von Inflationsraten auf und verkn�pfen die �nderung des Zinsabstandes �ber einen und �ber drei Monate mit der eigenen Dynamik dieser Variablen bis zur Rating�nderung und dem Ausma� der Ratinganpassung. Im Durchschnitt �ber die 94 Beobachtungen bewirken Ratingerh�hungen um 1 Punkt einen R�ckgang des Zinsabstandes im Folgemonat um 0,2 Prozentpunkte. Bis zum dritten Folgemonat nach einer Ratingerh�hung sinkt das Zinsdifferential um insgesamt 0,5 Prozentpunkte.

�bersicht 2: Auswirkungen von Rating�nderungen auf das Zinsdifferential zu Deutschland einen Monat nach der Ratinganpassung

�

Erkl�rte Variable: Zinsabstand zu Deutschland einen Monat nach der Rating�nderung

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Modell 4

�

Konstante

0,14**

0,42***

0,08

0,41**

Dummyvariable

Griechenland

�

�0,31**

�

�0,31**

Irland

�

�0,27*

�

�0,28*

Spanien

�

�0,38**

�

�0,39**

Standard & Poor's

�

�

0,04

�0,02

Moody's

�

�

0,12

0,09

Positive Ausrei�er

1,73***

1,74***

1,70***

1,72***

Negative Ausrei�er

�2,09***

�2,06***

�2,16***

�2,14***

Ausma� der Rating�nderung

�0,22***

�0,20***

�0,20***

�0,19***

Zinsabstand in der Periode t

0,17**

0,16*

0,18**

0,18**

Zinsabstand in der Periode t�1

�0,27***

�0,29***

�0,27***

�0,29***

Zinsabstand in der Periode t�2

�0,06

�0,05

�0,04

�0,03

Zinsabstand in der Periode t�3

�0,07

�0,08

�0,07

�0,08

�

Beobachtungen

94

94

94

94

korr.

0,57

0,59

0,57

0,58

p-Wert Jarque-Bera-Test

0,53

0,75

0,52

0,73

Q: WIFO-Berechnungen. Sch�tzverfahren: OLS. Die L�nderdummies nehmen den Wert 1 an, wenn die Rating�nderung das Land i betraf. Die Agenturdummies nehmen den Wert 1 an, wenn das Rating durch die Agentur j ge�ndert wurde. Die Dummies f�r positive und negative Ausrei�er nehmen den Wert 1 an, wenn der Sch�tzfehler des Modells ungew�hnlich gro� ist (Ausrei�er). Ausma� der Rating�nderung: Anpassung gegen�ber dem zuvor ver�ffentlichten Rating. Zinsabstand in der Periode t: Monat der Rating�nderung, Zinsabstand in der Periode t�1: einen Monat vor der �nderung, Zinsabstand in der Periode t�2: zwei Monate vor der �nderung, Zinsabstand in der Periode t�3: drei Monate vor der �nderung. * . . . signifikant auf einem Niveau von 10%, ** . . . signifikant auf einem Niveau von 5%, *** . . . signifikant auf einem Niveau von 1%.

�

 

�

�bersicht 3: Auswirkungen von Rating�nderungen auf das Zinsdifferential zu Deutschland drei Monate nach der Ratinganpassung

�

Erkl�rte Variable: Zinsabstand zu Deutschland drei Monate nach der Rating�nderung

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Modell 4

�

Konstante

0,38**

0,65

0,44

0,77

Dummyvariable

Griechenland

�

0,06

�

0,02

Irland

�

�0,54

�

�0,58

Spanien

�

�0,76

�

�0,82

Standard & Poor's

�

�

�0,12

�0,18

Moody's

�

�

�0,01

�0,01

Positive Ausrei�er

5,64***

5,26***

5,61***

5,22***

Negative Ausrei�er

�4,36***

�4,30***

�4,42***

�4,39***

Ausma� Rating�nderung

�0,45***

�0,50***

�0,44***

�0,49***

Zinsabstand in der Periode t

0,47*

0,32

0,48*

0,35

Zinsabstand in der Periode t�1

0,49*

0,42

0,48*

0,41

Zinsabstand in der Periode t�2

0,47*

0,46*

0,48*

0,47*

Zinsabstand in der Periode t�3

�0,05

�0,05

�0,03

�0,02

�

Beobachtungen

94

94

94

94

Bereinigtes

0,65

0,66

0,64

0,66

p-Wert Jarque-Bera Test

0,32

0,46

0,25

0,30

Q: WIFO-Berechnungen. Sch�tzverfahren: OLS. Die L�nderdummies nehmen den Wert 1 an, wenn die Rating�nderung das Land i betraf. Die Agenturdummies nehmen den Wert 1 an, wenn das Rating durch die Agentur j ge�ndert wurde. Die Dummies f�r positive und negative Ausrei�er nehmen den Wert 1 an, wenn der Sch�tzfehler des Modells ungew�hnlich gro� ist (Ausrei�er). Ausma� der Rating�nderung; Anpassung gegen�ber dem zuvor ver�ffentlichten Rating. Zinsabstand in der Periode t: Quartal der Rating�nderung, Zinsabstand in der Periode t�1: I. Quartal vor der �nderung, Zinsabstand in der Periode t�2: II. Quartal vor der �nderung, Zinsabstand in der Periode t�3: III. Quartal vor der �nderung. * . . . signifikant auf einem Niveau von 10%, ** . . . signifikant auf einem Niveau von 5%, *** . . . signifikant auf einem Niveau von 1%.

 

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Vor der Finanzmarktkrise der Jahre 2008/09 setzten die Ratingagenturen die Ratings komplexer Finanzprodukte deutlich optimistischer als die zugrundeliegende Ausfallswahrscheinlichkeit. Daf�r wurden u. a. verzerrte Anreize aus der gleichzeitigen Beratungst�tigkeit und Ratingerstellung verantwortlich gemacht. Vermutlich war auch die Untersch�tzung von Liquidit�tsengp�ssen ein Grund f�r die �beraus optimistischen Ratings. Jedenfalls wurde allen Agenturen vorgeworfen, dass sie ihre Einsch�tzungen zu sp�t anpassten und die Finanzmarktkrise nicht vorhersagen konnten. Sowohl die USA als auch die EU setzten in der Folge mehrere Ma�nahmen zur st�rkeren Kontrolle der Ratingagenturen um. Seit Anfang 2011 m�ssen sich in der EU aktive Ratingagenturen von der European Securities and Markets Authority (ESMA) zertifizieren lassen und dabei ihre Methoden offenlegen.

In der aktuellen Staatsschuldenkrise verk�rzten die Ratingagenturen die Zeitspanne zur Anpassung des Ratings von Staatsanleihen deutlich und legten mehr Wert auf Indikatoren f�r fiskalpolitische Ungleichgewichte. Nun wird ihnen umgekehrt vorgeworfen, sie w�rden die Ratings f�r Staatsanleihen ohne ausreichende Evidenz, zu schnell und �berschie�end herabstufen. Dadurch sollen sie die europ�ische Staatsschuldenkrise nicht nur mit ausgel�st, sondern sie auch noch angefacht haben. Entsprechend den theoretischen Modellen f�r Volkswirtschaften innerhalb eines Systems fester Wechselkurse h�tten sie damit eine Zinsspirale ausgel�st, die die L�nder an der Peripherie des Euro-Raumes an den Rand bzw. in die Insolvenz trieb. Damit w�ren sie auch f�r die aktuellen Probleme der Europ�ischen Union verantwortlich.

Die bisher vorliegenden empirischen Untersuchungen �ber den Zusammenhang zwischen Rating�nderungen und der Anpassung des Zinsabstandes zu Staatsanleihen aus einem sicheren Referenzland belegen diese Schlussfolgerung nicht eindeutig. Viele Untersuchungen lassen eher auf eine verz�gerte Anpassung der Ratings an makro�konomische, fiskalische und Zahlungsbilanzdaten schlie�en. Eine ausl�sende Rolle wird den Ratingagenturen nur in wenigen F�llen nachgewiesen. Eine Wechselwirkung zwischen Rating�nderungen und der Entwicklung des Zinsabstandes nach der �nderung des Ratings ist ebenfalls nicht eindeutig nachgewiesen.

Die hier vorgestellten Ergebnisse f�r vier L�nder an der Peripherie des Euro-Raumes (Griechenland, Irland, Spanien, Portugal) belegen, dass Rating�nderungen in der Regel nach einer Ver�nderung des Zinsabstandes und �berproportional erfolgen. Nach einer Rating�nderung folgt eine weitere Anpassung des Zinsabstandes, die teils durch die Rating�nderung, aber auch durch die Dynamik auf dem Anleihemarkt getragen ist. Die durch eine Rating�nderung verursachte Zinsanpassung ist jedoch unterproportional, d. h. in der untersuchten Stichprobe wirken Rating�nderungen nicht destabilisierend. Aus der zeitlichen Struktur des hier eingesetzten Modells liegt die Schlussfolgerung nahe, Ratingagenturen w�rden eher im Sog der Staatsschuldenkrise agieren. Daf�r spricht auch der ausgepr�gte Herdentrieb unter den Agenturen: Wenn der Abstand des eigenen Ratings zum Durchschnitt der anderen zwei Agenturen gro� ist, erfolgen Ratinganpassungen tendenziell in Richtung des Durchschnitts. Eine wohlwollende Interpretation dieses statistisch signifikanten Ph�nomens w�re die langsame und zeitlich versetzte Aufarbeitung des Datenmaterials durch die Agenturen. Angesichts der wahrscheinlich geringen Ressourcen in den Ratingagenturen erscheint auch diese Interpretation plausibel.

Literaturhinweise

Aizenman, J., Hutchison, M. M., Jinjarak, Y., "What is the Risk of European Sovereign Debt Defaults? Fiscal Space, CDS Spreads, and Market Pricing of Risk", NBER Working Paper, 2011, (17407).

Alesina, A., De Broeck, M., Prati, A., Tabellini, G., "Default Risk on Government Debt in OECD Countries", Economic Policy, 1992, (15), S. 427-451.

Attinasi, M.-G., Checherita, C., Nickel, C., "What Explains the Surge in Euro Area Sovereign Spreads During the Financial Crisis of 2007-09?", ECB Working Paper Series, 2009, (1131).

Baldacci, E., Gupta, S., Mati, A., "Is it (Still) Mostly Fiscal? Determinants of Sovereign Spreads in Emerging Markets", IMF Working Paper, 2008, (WP/08/259).

Baumgartner, J., "Die Wirtschaftsprognosen von WIFO und IHS. Eine Analyse f�r die achtziger und neunziger Jahre", WIFO-Monatsberichte, 2002, 75(11), S. 701-716, http://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/23113.

Bayoumi, T., Goldstein, M., Woglom, G., "Do Credit Markets Discipline Sovereign Borrowers? Evidence from the U.S. States", Journal of Money, Credit and Banking, 1995, 27(4), S. 1046-1059.

Bernoth, K., von Hagen, J., Schuknecht, L., "Sovereign Risk Premia in the European Government Bond Market", ECB Working Paper Series, 2004, (369).

Bernoth, K. Wolff, G., "Fool the Markets? Creative Accounting, Fiscal Transparency and Sovereign Risk Premia", Scottish Journal of Political Economy, 2008, 55(4), S. 465-487.

Bhatia, A. V., "Sovereign Credit Ratings Methodology: An Evaluation", IMF Working Paper, 2002, (WP/02/170).

Bishop, G., Damrau, D., Miller, M., The EC Public Debt Disease: Discipline with Credit Spreads and Cure with Price Stability, Salomon Brothers, London, 1991.

Calvo, G., "Servicing the Public Debt: The Role of Expectations", American Economic Review, 1988, 78(4), S. 647-661.

Cantor, R., Packer, F., "Determinants and Impact of Sovereign Credit Ratings", Federal Reserve Bank of New York, Economic Policy Review, 1996, (10), S. 37-53.

Codogno, L., Favero, C., Missale, A., "Yield Spreads on EMU Government Bonds", Economic Policy, 2003, 18(37), S. 505-532.

Committee for the Study of Economic and Monetary Union, Report on Economic and Monetary Union in the European Community, Europ�ische Kommission, Br�ssel, 1989.

De Grauwe, P., "Only a More Active ECB Can Solve the Euro Crisis", CEPS Policy Brief, 2011, (250).

Eichengreen, B., Modhy, A., "What Explains Changing Spreads on Emerging-Market Debt: Fundamentals or Market Sentiment?", NBER Working Paper, 1998, (6408).

Europ�ische Kommission, Economic and Monetary Union: The Economic Rationale and Design of the System, Br�ssel, 1990.

Faini, R., "Fiscal Policy and Interest Rates in Europe", Economic Policy, 2006, 21(47), S. 443-489.

Ferri, G., Liu, L., Majnoni, G., "The Role of Rating Agency Assessments in Less Developed Countries: Impact of the Proposed Basel Guidelines", Journal of Banking and Finance, 2001, 25, S. 115-148.

Ferri, G., Liu, L., Stiglitz, J. E., "The Procyclical Role of Rating Agencies: Evidence From the East Asian Crisis", Economic Notes, 1999, 28(3), S. 335-355.

Fisher, I., The Rate of Interest, MacMillan, New York, 1906.

G�rtner, M., Griesbach, B., Jung, F., "PIGS or Lambs? The European Sovereign Debt Crisis and the Role of Rating Agencies", International Advances in Economic Research, 2011, 17(3), S. 288-299.

Goldstein, M., Woglom, G., "Market Based Fiscal Discipline in Monetary Unions: Evidence from the US Municipal Bond Market", in Canzoneri, M., Grilli, V., Masson, P. (Hrsg.), Establishing a Central Bank, Cambridge University Press, 1992, S. 228-260.

Gonzales-Rozada, M., Yeyati, E. L., "Global Factors and Emerging Market Spreads", Economic Journal, 2008, 118(533), S. 1917-1936.

Hallerberg, M., Wolff, G., "Fiscal Institutions, Fiscal Policy and Sovereign Risk Premia", Deutsche Bundesbank Discussion Paper Series 1: Economic Studies, 2006, (35).

Heppke-Falk, K., H�fner, F., "Expected Budget Deficits and Interest Rate Swap Spreads � Evidence for France, Germany and Italy", Deutsche Bundesbank Discussion Paper, 2004, (40).

Kaminsky, G., Schmukler, S. L., "Emerging Market Instability: Do Sovereign Ratings Affect Country Risk and Stock Returns?", World Bank Economic Review, 2002, 16(2), S. 171-195.

Koch, M., "Restoring Financial Stability in the Euro Area", CEPS Policy Brief, 2011, (237).

Laubach, T., "New Evidence on the Interest Rate Effects of Budget Deficits and Debt", Journal of the European Economic Association, 2009, 7(4), S. 858-885.

Manganelli, S., Wolswijk, G., "What Drives Spreads in the Euro Area Government Bond Market?", Economic Policy, 2009, 24(58), S. 191-240.

Mora, N., "Sovereign Credit Ratings: Guilty Beyond Reasonable Doubt?", Journal of Banking and Finance, 2006, 30, S. 2041-2062.

Perry, G., Serven, L., "The Anatomy of a Multiple Crisis: Why was Argentina Special and What can we Learn About From it?", World Bank Policy Research Paper, 2003, (3081).

Poterba, J., Rueben, K., "State Fiscal Institutions and the U.S. Municipal Bond Market", in Poterba, J., von Hagen, J. (Hrsg.), Fiscal Institutions and Fiscal Performance, University of Chicago Press, 1999, S. 181-207.

Powell, A., Martinez, J. F., "On Emerging Economy Sovereign Spreads and Ratings", Inter American Development Bank, Research Department Working Paper Series, 2008, (629).

Reinhart, C. M., "Default, Currency Crisis, and Sovereign Credit Ratings", NBER Working Paper, 2002, (8738).

Reinhart, C. M., Rogoff, K. S., "A Decade of Debt", NBER Working Paper, 2011, (16827).

Reisen, H., von Maltzan, J., "Sovereign Credit Ratings, Emerging Market Risk and Financial Market Volatility", HWWA Diskussionspapier, 1998, (55).

Stahl, K., Strausz, R., "Who Should Pay for Certification", ZEW Discussion Paper, 2010, (11-054).

Stock, J. H., Watson, M. W., "Forecasting Inflation", Journal of Monetary Economics, 1999, 44, S. 293-335.

Tichy, G., "Did Rating Agencies Boost the Financial Crisis?", Intereconomics � Review of European Economic Policy, 2011, 46(5), S. 232-245.

Url, Th., "Avoiding Excessive Deficits with Fiscal Coordination Light", Intereconomics � Review of European Economic Policy, 2001, 36(6), S. 281-285.

 

Rating Agencies: Originator, Accelerant or Simply Dragged Into the Sovereign Debt Crisis? � Summary

Rating agencies transform data on the political, economic and financial situation of a country into a simple signal for investors. In doing so, they facilitate primarily cross-border investment. Some empirical studies have pinpointed ratings as a cause for the widening interest gap compared to a country that offers safe investment opportunities. Other empirical studies, on the other hand, found a non-linear link between fundamental data on the fiscal position of a country and its interest rate gap vis-�-vis a country with safe investment opportunities.

The risk that a vicious circle of higher interest rates and downgrading could be triggered by rating agencies needs close attention during the current sovereign debt crisis because rating mistakes have occasionally occurred in the past. Higher interest rates for government bonds act as a signal that market participants lose faith in a state's ability to continue its debt service duly, and at the same time they make it more difficult to consolidate the budget because of the higher expenditure on interest payments.

An analysis of rating changes for four countries at the periphery of the euro area confirms the findings of prior empirical studies. Rating changes show a significant and disproportionate response to a widening of the interest gap between peripheral countries and Germany, and downgradings during the crisis since 2010 occurred significantly more often and were markedly less steep than in more quiet periods. Moreover, rating agencies are driven by a herd instinct in that they tend to adjust their own rating towards those of the other agencies. A widening of the interest gap to Germany by 1 percentage point on average causes ratings to be lowered by 1.3 percentage points. Conversely, rating adjustments in turn cause the interest gap to Germany to be widened, where a downgrading by 1 percentage point increases the interest gap by 0.2 to 0.5 percentage points. These parameters are too small to generate a vicious circle so that rating agencies cannot be blamed to have a destabilising effect during the current sovereign debt crisis in the euro area.

 

 

 



[a])  Die Kriterien umfassen politische Stabilit�t, aktuelle und prognostizierte makro�konomische Kennzahlen, Fiskalpolitik, Geldpolitik und das externe Gleichgewicht der Zahlungs- und insbesondere der Kapitalverkehrsbilanz.

[b])  Der Einsatz von Heteroskedastie-bereinigten Standardabweichungen f�r den Test ber�cksichtigt die durch die Ausrei�er verursachte Verzerrung der Koeffizienten nur ungen�gend. Deshalb werden zwei Dummyvariable in die Regression aufgenommen, die jeweils f�r zwei Beobachtungen mit besonders gro�en Sch�tzfehlern (positiver Ausrei�er) und f�r zwei Beobachtungen mit besonders niedrigen Sch�tzfehlern (negative Ausrei�er) den Wert 1 annehmen. Durch diesen Eingriff nimmt der Koeffizient f�r die Rating�nderung etwas zu, und f�r die Sch�tzfehler aller Regressionen kann die Nullhypothese einer Normalverteilung nicht mehr verworfen werden.