18. Februar 2004 • Erholung in den Industrieländern, kräftige Wachstumsbeschleunigung in den anderen Ländergruppen. Mittelfristige Prognose der Weltwirtschaft bis 2008 • Stephan Schulmeister

In der EU 15 dürfte die Wirtschaft bis 2008 um 2,2% pro Jahr expandieren und damit weiterhin langsamer als in den USA (+2,9%). Insgesamt wird das Wachstumstempo in den Industrieländern mit +2,5% pro Jahr annähernd gleich hoch ausfallen wie zwischen 1997 und 2003; in den anderen Ländergruppen wird es sich hingegen merklich beschleunigen.

Die Prognose geht von folgenden Annahmen über die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus (Übersicht 1): Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar sinkt bis 2008 auf 1,08 $, der Erdölpreis bleibt annähernd stabil, die Geld- und Fiskalpolitik dürfte in den USA nach dem Jahr der Präsidentschaftswahl weniger expansiv gestaltet werden als seit 2000.

In den USA dürfte die Geld- und Fiskalpolitik 2004 mit anhaltend niedrigen Leitzinsen und starken Steuersenkungen expansiv bleiben. Dies wird den Konjunkturaufschwung stützen, gleichzeitig aber die Ungleichgewichte in der Wirtschaft verschärfen: 2004 dürften das Defizit sowohl der öffentlichen Haushalte als auch der Leistungsbilanz auf zumindest 5% des BIP steigen. Deshalb wird die Wirtschaftspolitik nach dem Wahljahr 2004 einen leicht restriktiven Kurs einschlagen. Die Leitzinsen dürften 2005 auf 3,0% angehoben werden, gleichzeitig werden Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung die Konjunktur dämpfen. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich bis 2006 auf 2,3% abschwächen, danach aber wieder auf 3,0% im Jahr 2008 steigen. Zwischen 2003 und 2008 wird die Wachstumsrate 2,9% pro Jahr betragen (Übersicht 1).

Die Hauptprobleme der japanischen Wirtschaft wie das sinkende Preisniveau, die notleidenden Kredite des Finanzsektors und die steigende Arbeitslosigkeit haben sich zuletzt merklich gemildert. Die Prognose geht davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und ein mittelfristiges Wachstum von 1,9% pro Jahr ermöglicht.

Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft sind weiterhin ungünstig: Die hohe Arbeitslosigkeit und die Kürzung von Sozialleistungen dämpfen die Konsumnachfrage der Haushalte; gleichzeitig bleibt die Investitionsbereitschaft der Unternehmer verhalten, nicht zuletzt als Folge der starken Euro-Aufwertung. Aus diesen Gründen dürfte die Wirtschaft in Deutschland 2004 und 2005 um nur 1,3% bzw. 2,2% wachsen und sich damit schwächer erholen als in der EU 15 (+2,0% bzw. +2,5%). Wegen der Konjunkturabschwächung in den USA dürfte das Wachstum in der EU 15 bis 2007 auf 2,0% und in Deutschland auf 1,7% zurückgehen; 2008 wird es sich wieder verstärken (Übersicht 1).

Übersicht 1: Entwicklung der Weltwirtschaft

 

1966/
1973

1974/
1979

1980/
1985

1986/
1991

1992/
1997

1998/
2003

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2004/
2008

              
Wechselkurs             
  $ je Euro bzw. ECU

.

0,44

0,99

1,07

1,22

1,01

1,13

1,16

1,14

1,12

1,10

1,08

1,12

Zinssätze in %

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Dollarzins kurzfristig

7,2

8,6

12,3

9,9

5,8

4,0

1,1

1,3

3,0

2,5

3,0

3,0

2,6

  Langfristig

6,1

8,1

12,1

10,2

7,1

5,1

4,1

5,0

5,0

4,8

5,0

5,0

1,0

  Eurozins kurzfristig

.

.

.

.

.

2,9

2,3

2,0

3,0

2,5

2,5

3,0

2,6

  Langfristig

.

.

.

.

3,3

4,8

4,1

4,0

4,5

4,3

4,3

4,5

4,3

Erölpreis in $ (OECD-Importpreis)

2,4

14,2

31,6

24,7

18,5

22,4

29,0

27,0

27,0

27,0

28,0

28,0

27,4

Realzins für inter­nationale Schulden in %

1,4

-7,5

11,3

7,7

5,5

4,0

-9,2

-0,3

2,1

2,3

1,7

1,0

1,4

              
 1965/
1973
1973/
1979
1979/
1985
1985/
1991
1991/
1997
1997/
2003
2003200420052006200720082003/
2008
 Durchschnittliche jährliche Veränderung in %
              
Welt-BIP, real

+5,9

+3,7

+2,5

+3,2

+3,2

+3,4

+3,3

+4,3

+4,1

+3,8

+3,7

+4,2

+4,0

  Industrieländer

+5,2

+2,8

+2,3

+3,1

+2,6

+2,4

+1,9

+2,7

+2,4

+2,3

+2,4

+2,6

+2,5

  Erdölexporteure

+9,0

+5,4

+0,9

+2,5

+3,2

+3,2

+3,1

+5,0

+4,0

+3,0

+3,5

+4,0

+3,9

  Sonstige Entwicklungsländer

+5,3

+5,1

+4,2

+5,3

+6,7

+4,6

+5,1

+5,7

+6,0

+5,5

+5,0

+6,0

+5,6

  Oststaaten

+7,1

+3,5

+2,0

+0,1

–5,3

+4,1

+4,9

+4,6

+4,7

+4,7

+4,6

+4,5

+4,6

  MOEL 8

.

.

.

.

+3,5

+3,0

+2,9

+3,5

+4,0

+3,5

+3,0

+3,3

+3,5

  Russland

.

.

.

.

–7,2

+4,3

+6,0

+4,9

+5,0

+4,8

+4,6

+4,4

+4,7

USA

+3,9

+3,0

+2,6

+2,6

+3,4

+2,9

+2,8

+3,8

+2,5

+2,3

+2,8

+3,0

+2,9

Japan

+9,5

+3,5

+3,3

+4,5

+1,6

+0,8

+2,3

+1,5

+1,8

+2,0

+2,0

+2,0

+1,9

EU 25

.

.

.

.

.

.

+0,9

+2,1

+2,6

+2,3

+2,0

+2,3

+2,3

  EU 15

+4,5

+2,4

+1,6

+2,8

+1,7

+2,1

+0,8

+2,0

+2,5

+2,3

+2,0

+2,3

+2,2

  Euro-Raum

+4,6

+2,5

+1,5

+2,8

+1,5

+2,0

+0,4

+1,8

+2,5

+2,1

+1,8

+2,1

+2,1

  Deutschland

+4,0

+2,4

+1,4

+2,9

+1,2

+1,3

+0,0

+1,3

+2,2

+1,9

+1,7

+2,0

+1,8

  EU-Beitrittsländer

.

.

.

.

.

.

+2,8

+3,5

+4,0

+3,5

+3,0

+3,3

+3,5

Q: OECD, IWF, WIFO.

Unter diesen Bedingungen wird das mittelfristige Wirtschaftswachstum zwischen 2003 und 2008 in der EU 15 2,2% pro Jahr betragen (Euro-Raum +2,1%, Deutschland +1,8%). Damit ist es nur geringfügig höher als zwischen 1997 und 2003 und weiterhin um fast 1 Prozentpunkt pro Jahr niedriger als in den USA.

In den osteuropäischen EU-Beitrittsländern wird sich das Wirtschaftswachstum 2004 und 2005 auf 3,5% bzw. 4,0% beschleunigen, danach dürfte es leicht sinken und im Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2008 3,5% pro Jahr betragen (Übersicht 1).

Kräftige Importsteigerungen (insbesondere von Investitionsgütern) werden es den erdölexportierenden Ländern ermöglichen, das mittelfristige Wirtschaftswachstum von 3,2% (1997/2003) auf 3,9% (2003/2008) zu erhöhen. In den sonstigen Entwicklungsländern verstärkt sich das Wachstum noch mehr (von 4,6% auf 5,6%), zusätzlich gefördert durch Marktanteilsgewinne im Export. In den früheren Planwirtschaften dürfte sich das Wachstumstempo von 4,1% (1997/2003) auf 4,6% (2003/2008) erhöhen, nicht zuletzt infolge der anhaltend starken Dynamik der russischen Wirtschaft (Übersicht 1).

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/2004!