12. Februar 2004 Nur leichte Erholung der Bautätigkeit in Europa 2004 und 2005 Margarete Czerny2004 zeichnet sich in der europäischen Bauwirtschaft nach dem Rückgang im Vorjahr (0,2%) eine Trendwende ab: Laut der jüngsten Prognose des Forschungsnetzwerkes "Euroconstruct" wird das reale Bauvolumen um 0,9% wachsen. 2005 setzt sich die Erholung fort, erst 2006 ist aber mit einer kräftigeren Ausweitung zu rechnen (2005 +1,6%, 2006 +2,3%). Unterstützt wird die Aufwärtstendenz durch die zunehmende Dynamik des Infrastrukturausbaus und durch die Effekte der EU-Erweiterung. In Westeuropa sind die Auftriebskräfte der Bauwirtschaft verhalten. Angesichts der Unsicherheit über die Wirtschaftsentwicklung und die Stärke des Aufschwungs werden Bauinvestitionsvorhaben zurückgehalten; gestützt wird die Entwicklung weiterhin durch Maßnahmen zum Infrastrukturausbau. So trägt der Tiefbau in der Prognoseperiode 2004 bis 2006 das Wachstum der Bauwirtschaft gemeinsam mit dem Nichtwohnbau und dem Renovierungssektor. Der Wohnungsneubau zeigt sich weiterhin schwach. In Ost-Mitteleuropa dürfte der Tiefbau neben dem Wohnungsneubau und dem Nichtwohnbau die Funktion des Konjunkturmotors übernehmen; im Gefolge der EU-Erweiterung dürfte die Nachfrage mit der Forcierung des Infrastrukturausbaus an Dynamik gewinnen. Der beträchtliche Investitionsbedarf wird die Expansion des Bausektors aber erst 2005 und 2006 nachhaltig verstärken, wenn die Rahmenbedingungen für die nationale Kofinanzierung von großen Infrastrukturprojekten geschaffen wurden. Baukonjunktur in Deutschland sehr gedämpft, hingegen Erholung in Österreich Die deutsche Bauwirtschaft verharrt seit sieben Jahren in einer Krise, deren Ende sich nun abzeichnet: Das Bauvolumen wird 2004 nur mehr geringfügig zurückgehen und ab 2005 leicht zunehmen. Die Baukrise hat sowohl zyklische als auch strukturelle Ursachen: Nach dem Boom von Mitte der neunziger Jahre schrumpft der Sektor wieder, und der Druck auf die öffentlichen Haushalte in der Folge der Wiedervereinigung ist noch immer sehr groß. Die Strukturprobleme auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialversicherungssystem lösen eine generelle Verunsicherung aus, die sich auch in einer Zurückhaltung der Investitionsbereitschaft der Bauwirtschaft auswirkt. Das reale Bauvolumen schrumpfte im Jahr 2002 um knapp 6% und 2003 um 3½%. 2004 wird ein weiterer geringer Rückgang, 2005 und 2006 aber eine leichte Erholung erwartet (+1% bzw. +2,5%). In Österreich wuchs die Bauwirtschaft hingegen (nach real 0,5% im Jahr 2002) bereits im Jahr 2003 mit knapp +2% deutlich rascher als im europäischen Durchschnitt. Dies ist primär auf den verstärkten Ausbau der Infrastruktur zurückzuführen: Die Ausweitung des Finanzierungsrahmens für Asfinag und SCHIG machte zusätzliche Investitionen möglich, ohne die öffentlichen Haushalte kurzfristig zu belasten. Die Nachfrage nach Infrastrukturbauten wird auch 2004 bis 2006 lebhaft sein. Zusätzlich könnte sie von einer Forcierung privater Finanzierungs- und Beteiligungsmodelle profitieren. Die gesamte Bauproduktion dürfte in den Jahren 2004 bis 2006 durchschnittlich um rund 2% pro Jahr zunehmen. Abbildung1: Prognose des Bauvolumens in Westeuropa für 2004 und 2005 Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % Q: Euroconstruct-Konferenz, November 2003. Nachdem der Wohnungsbau in Österreich auf ein sehr niedriges Niveau gesunken ist (von 60.000 fertig gestellten Wohnungen Ende der neunziger Jahre auf 42.000 im Jahr 2002), gewinnt er, getragen durch niedrige Zinsen (Senkung der Zinssätze für Bausparkassendarlehen), wieder an Dynamik. Die Nachfrage sowohl nach Neubauten als auch nach Sanierungen steigt leicht. Im jüngsten WIFO-Konjunkturtest zeigten sich die Hochbauunternehmen optimistischer. Im Gefolge der EU-Erweiterung wird zusätzlicher Bedarf zugewanderter Bevölkerungsschichten an sozialen und geförderten Wohnungen entstehen. Durch gezielte Förderung energiesparender Investitionen könnte der Sanierungsbereich verstärkt Impulse erhalten. Abbildung 2: Bauvolumen in Österreich, Deutschland und Europa Reale Veränderung gegen das Vorjahr in % Q: Euroconstruct-Konferenz, November 2003. Ab 2003: Prognose. Westeuropa: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Ost-Mitteleuropa: Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/2004! |