10. Juni 1998 Heimische Konjunktur deutlich im Aufwind Marcus Scheiblecker, Ewald WalterskirchenDie österreichischen Industrie- und Gewerbebetriebe weiteten ihre Produktion in den letzten Monaten kräftig aus, im April stellten sie erstmals seit Jahren auch zusätzliche Beschäftigte ein. Die Asienkrise hat das Geschäftsklima kaum beeinträchtigt. Die Bauwirtschaft produzierte zu Jahresbeginn ebenfalls wesentlich mehr als im Vorjahr großteils jedoch infolge des milden Wetters. Die heimische Konjunktur befindet sich deutlich im Aufwind. Die Industrie erzielte 1997 ein Produktionswachstum von 6,1% (nach +2,1% 1996), das von der Vorleistungs- und Investitionsgütererzeugung getragen war. Die Aufwärtstendenz hielt auch im Jänner und Februar an: Die Industrie produzierte (arbeitstägig bereinigt) um 8,0% bzw. 5,3% mehr als im Vorjahr. Der Wachstumskurs wird sich nach den WIFO-Unternehmensbefragungen im weiteren Jahresverlauf fortsetzen: Alle Konjunkturindikatoren liegen derzeit über dem langjährigen Durchschnitt. Die Produktionserwartungen wurden im II. Quartal 1998 bereits günstiger eingeschätzt als im Aufschwungsjahr 1994. Die kräftige Belebung der Industriekonjunktur erinnert in vielen Aspekten Exportboom, sinkende Erdölpreise usw. an den Aufschwung 1988. Vor allem die markante Verbesserung in den Investitionsgüterbranchen deutet auf einen selbsttragenden Konjunkturaufschwung hin. Die Hersteller von Nahrungs- und Genußmitteln sowie dauerhaften Konsumgütern sind viel weniger optimistisch als die anderen Branchen. Zu Jahresbeginn blieb die Produktion von Konsumgütern hinter dem Vorjahresniveau zurück. Auch die Bauwirtschaft war in den Umfragen trotz der guten Produktionswerte vom Jänner (+16% gegenüber dem Vorjahr) pessimistisch. In den meisten europäischen Ländern mit Ausnahme von Großbritannien hat sich das Konjunkturklima ebenfalls verbessert. Die Beurteilung der Wirtschaftslage in der EU durch die Unternehmer übertraf den Rekordwert vom Herbst 1989. Die EU-Kommission erwartet deshalb in ihrer Frühjahrsprognose für die EU-Länder 1998 ein Wirtschaftswachstum von 2,8% und 1999 von 3,0%. Die gute europäische Konjunktur und die Verbesserung der preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ließen die heimischen Exporte weiter kräftig steigen. Im Jänner übertrafen sie den Vorjahreswert laut ÖSTAT um knapp 9%; nach den Angaben der Nationalbank waren die Exportzahlungen im I. Quartal um rund 10% höher als ein Jahr zuvor. Der Tourismus hat die Talsohle durchschritten: In der Wintersaison war eine Umsatzsteigerung um 2½% zu verzeichnen. Auch die Erholung der Inlandsnachfrage kommt voran. Das zunehmende Wirtschaftswachstum steigert die persönlich verfügbaren Realeinkommen, und die dämpfenden fiskalischen Effekte sind verebbt. Im Durchschnitt von Jänner und Februar nahmen die Einzelhandelsumsätze im Vorjahresvergleich real um rund 2% zu. Auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich ein starker und zunehmender Anstieg der Beschäftigung (+35.000 bzw. +1,2% im Mai). Die Arbeitslosigkeit sinkt dadurch jedoch nicht, die Nachfrage nach zusätzlichen Beschäftigten wird aus der "stillen Arbeitsmarktreserve" befriedigt. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/1998! |