17. Februar 1998 Trendumkehr bei öffentlichen Infrastrukturinvestitionen Wilfried Puwein, Franz R. Hahn, Gerhard LehnerIn einer Analyse der "Investitionen in die Infrastruktur" verzeichnet das WIFO einen in fast allen Industriestaaten seit Anfang der achtziger Jahre rückläufigen Trend der Investitionsquote, d. h. des Anteils der öffentlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt. In Deutschland etwa sank der Wert von 3,6% im Jahr 1980 auf 2,6% im Jahr 1994, in Großbritannien liegen die Vergleichszahlen bei 2,4% bzw. 1,9%, in Finnland verringerte sich der Anteil von 3,4% auf 2,7%. Diese Entwicklung führt WIFO-Experte Gerhard Lehner auf mehrere Ursachen zurück: Ein wichtiger Aspekt sei, so der Wirtschaftsforscher, die Zielsetzung aller Staaten, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Zu diesen budgettechnischen Gründen kommen u. a. der Bedeutungsverlust des Straßenbaus und die demographische Entwicklung, die etwa auf dem Bildungssektor keine weiteren Investitionen erforderlich macht. Die aktuellen Statistiken weisen für einige EU-Staaten jedoch eine leichte Belebung der öffentlichen Investitionstätigkeit aus, sodaß Lehner von einer "sich abzeichnenden Trendumkehr" spricht. Er begründet sie zum einen damit, daß die Einschränkungen die Untergrenze erreicht hätten. Zum anderen steige die Bedeutung von Aufgabenbereichen wie Umweltschutz, Wasserver- und Abwasserentsorgung, was einen erheblichen Investitionsaufwand zur Folge habe. Für Österreich will Lehner eine ähnliche Entwicklung nicht ausschließen. 1995 war die Investitionsquote mit 2,8% im europäischen Vergleich relativ hoch, blieb aber deutlich unter ihrem Höchstwert aus dem Jahr 1980 (4,2%). Noch nicht abschätzen läßt sich die Entwicklung der Verteilung der Investitionen zwischen Bauten und Ausrüstungen. Nach einem vorübergehenden Rückgang des Anteils der Bauten von mehr als 80% in den achtziger Jahren auf etwas über 70% Anfang der neunziger Jahre war in den vergangenen Jahren wieder eine kräftige Erhöhung zu beobachten. Zusammenhänge zwischen der Veränderung der Investitionsquote und der BIP-Wachstumsrate stellt Lehner angesichts der höchst unterschiedlichen Auffassungen, die die Wissenschaft diesbezüglich vertritt, nur mit Vorbehalt her: "Kurzfristig wurde das Wirtschaftswachstum in allen untersuchten Ländern durch den Rückgang der öffentlichen Investitionen nicht beeinträchtigt. Längerfristig ist aber nicht auszuschließen, daß eine geringere Quote die Wachstumschancen schmälert." Oder, wie der WIFO-Verkehrsexperte Wilfried Puwein formuliert: "Infrastrukturinvestitionen sind eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Produktivitätssteigerungen." Investitionen im öffentlichen Sektor
Q: ÖSTAT, Gebarungsübersichten, WIFO.
Nähere Informationen entnehmen Sie der WIFO-Studie "Investitionen in die Infrastruktur" (im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1996, 110 Seiten, S 400,).
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