9. Dezember 1997 Industrie prägt Wirtschaftsentwicklung in Oberösterreich Gerhard PalmeAufgrund der großen Bedeutung des Sektors wird Oberösterreichs Wirtschaftsentwicklung durch die Industrie determiniert. Nach Überwindung von Strukturproblemen wächst sie wieder überdurchschnittlich und ohne große Schwankungen. Oberösterreichs Wirtschaft wird von der Industrie geprägt sie trägt etwa 30% zur gesamten Bruttowertschöpfung bei. Oberösterreich ist eine wohlhabende Industrieregion: Das Bruttoinlandsprodukt ist je Einwohner etwas höher (um 4%) als im EU-Durchschnitt und als in den meisten Bundesländern mit bedeutender Industrie (ausgenommen Vorarlberg). Erheblich größer ist der Wohlstand in Bundesländern mit einem höheren Anteil des Dienstleistungssektors (Wien, Salzburg). Oberösterreich hat vor allem im Bereich der wirtschaftsnahen Dienstleistungen noch ein Defizit aufzuweisen (Beschäftigtenanteil um 3½ Prozentpunkte geringer als im Österreich-Durchschnitt). Die oberösterreichische Regionalkonjunktur schwankt innerhalb relativ kleiner Bandbreiten. Im aktuellen Konjunkturzyklus fand die oberösterreichische Industrie aufgrund wachsender Exporte von Grundstoffen und etwas später von Zulieferkomponenten rasch aus der Rezession heraus. Andererseits wurde das Wirtschaftswachstum Oberösterreichs bis zur tiefen Rezession 1993 infolge von Strukturproblemen der Industrie einige Jahre hindurch gedämpft. Zwischen 1988 und 1994 war die nach EU-Standards neu berechnete Wachstumsrate (nominell +5,5% pro Jahr) die niedrigste aller Bundesländer. Im Übergang von der Massenproduktion zur flexiblen Spezialisierung konzentrierten sich die Strukturprobleme auf die Grundstoffindustrie. Sie verlor in Oberösterreich in einem integrierten EU-Binnenmarkt teilweise Standortvorteile. Im Zuge der Reorganisation und Privatisierung der Verstaatlichten Industrie wurden die Produktionskapazitäten der oberösterreichischen Grundstoffindustrie redimensioniert. Trotz Kürzung der Beschäftigung um etwa um ein Drittel entstanden in diesem Sektor aber kaum Krisengebiete (ausgenommen im Raum Braunau am Inn). Der in der Grundstoffindustrie mittlerweile weitgehend abgeschlossene Bereinigungsprozeß dauert im Bekleidungssektor noch an, hat aber auf die gesamte Industrieproduktion Oberösterreichs eine relativ geringe Wirkung. Durch die seit der Ostöffnung verstärkte Billiglohnkonkurrenz und die Abwanderung von Betrieben des Bekleidungssektors verlieren insbesondere die Randgebiete im Mühlviertel ihre industrielle Basis. Die Industriebeschäftigung der oberösterreichischen Randgebiete sank in der ersten Hälfte der neunziger Jahre um fast ein Fünftel bzw. um 1,4 Prozentpunkte pro Jahr stärker als in den anderen Randgebieten Österreichs. Erleichtert wurde der Strukturwandel der oberösterreichischen Industrie durch eine relativ ausgeglichene Branchenstruktur des überaus starken Zentralraums (etwa drei Viertel der oberösterreichischen Industriebeschäftigung). Dadurch wurden Arbeitsplatzverluste in Problembranchen durch Zuwächse expansiver Branchen in derselben Region teilweise wettgemacht. Sehr dynamisch entwickelten sich insbesondere die mittelständischen Unternehmen der arbeitsintensiven Zuliefer- und Baustoffindustrie, die überwiegend auf den nahen Absatzmärkten Süddeutschlands und Österreichs engagiert sind. Unter den humankapitalintensiven, teilweise von multinationalen Konzernen dominierten Branchen wuchs die Produktion vor allem in der Fahrzeug- und teilweise in der Maschinenbauindustrie, während die oberösterreichische Elektroindustrie Wettbewerbsschwächen aufwies. Für die künftige Einkommensentwicklung wird es entscheidend sein, ob die Erfolge der oberösterreichischen Wirtschaftspolitik zur Förderung von Forschung und Entwicklung in wettbewerbsfähigen Unternehmen und speziellen Entwicklungs- und Technologiezentren nachhaltig sind. Gerade in einer typischen Industrieregion wie Oberösterreich ist die Modernisierung der Wirtschaftsstruktur durch Humankapitalintensivierung der Industrie und Ausweitung wirtschaftsnaher Dienstleistungen zur Sicherung eines relativ großen Wohlstands wichtig. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/1997! |