7. Mai 1997 Deutlichere Anzeichen für Belebung der Industriekonjunktur Markus MarterbauerDie europäische Konjunktur setzt ihre von der Schwäche der Inlandsnachfrage gebremste Erholung fort. In Österreich melden vor allem Grundstoffindustrie und technische Verarbeitung steigende Auftragseingänge und Produktionserwartungen. Die Umsätze im Einzelhandel stagnieren, die Nächtigungszahlen in der Tourismuswirtschaft sind weiter rückläufig. Auf dem Arbeitsmarkt sind verhaltene Besserungstendenzen zu beobachten.
Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests zeigen, daß sich die Konjunkturerholung in der Industrie, die im Sommer 1996 eingesetzt hatte, kontinuierlich fortsetzt. In den Produktionserwartungen überwogen im April die optimistischen Meldungen deutlich. Wie in der Frühphase eines Konjunkturaufschwungs üblich, verstärkt sich vor allem die Nachfrage in der Grundstoffindustrie, die von der Auffüllung der Vorratslager in anderen Industriebereichen profitiert. Aber auch in der technischen Verarbeitung nahmen zuletzt die Bestellungen – vor allem aus dem Ausland – deutlich zu. In den stärker von der Inlandsnachfrage getragenen Produktionsbereichen – der traditionellen Konsumgüterindustrie und der Bauzulieferindustrie – erholen sich die Auftragseingänge wesentlich langsamer. Die Auslandsnachfrage hat sich in den letzten Monaten in fast ganz Europa günstig entwickelt. Die Wirtschaft profitiert sowohl von der nach wie vor kräftigen Expansion in den USA als auch von der Stärke des Dollars, der seit dem Frühjahr 1995 gegenüber Schilling und DM um fast ein Viertel an Wert gewonnen hat. Etwas nachgelassen hat das Wachstum der Nachfrage aus Ost-Mitteleuropa, weil erhebliche Leistungsbilanzdefizite die Wirtschaftspolitik – etwa in Tschechien – zu importdämpfenden Maßnahmen veranlassen. Trotz günstiger Auslandsnachfrage dürfte bislang in Europa – und vor allem in Deutschland – ein selbsttragender Investitionsaufschwung aufgrund der schwachen Konsum- und Baunachfrage noch nicht eingesetzt haben. Die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die restriktive Wirkung der Budgetpolitik dämpfen die Inlandsnachfrage erheblich. In Österreich zeigt die langsame Konjunkturerholung auch erste – noch sehr verhaltene – Effekte auf dem Arbeitsmarkt. In der Sachgüterproduktion verlangsamte sich der Beschäftigungsrückgang gegenüber dem Vorjahr auf –10.000. Saisonbereinigt stagniert die Arbeitskräftenachfrage in der Industrie, einige Betriebe – etwa im Technologiesektor – dürften den Personalstand aber bereits wieder ausweiten. In der Bauwirtschaft sind Beschäftigungssteigerungen weniger auf eine Konjunkturbelebung als auf die im Frühjahr 1997 relativ günstige Witterung zurückzuführen. Weiterhin kräftig erhöht sich die Arbeitskräftenachfrage im Bereich der Rechts- und Wirtschaftsdienste (einschließlich Leiharbeit) und im Gesundheitswesen. Im Handel dürften die Umsätze im I. Quartal stagniert haben, vor allem die Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern hat sich abgeschwächt. Dennoch lag die Beschäftigung leicht über dem Vorjahreswert (+2.000). Die Tourismuswirtschaft konnte zu Jahresbeginn nicht an die von guter Schneelage geprägte Entwicklung im Dezember anschließen. Die Nächtigungszahlen lagen im Jänner und Februar deutlich unter den Vorjahreswerten, im März dürfte sich aufgrund des frühen Ostertermins eine Entlastung ergeben haben. Dies ist auch der wichtigste Grund für die geringfügige Ausweitung der Beschäftigung im I. Quartal (+2.000). Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen liegt seit Februar unter dem Vorjahresniveau. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote beträgt laut Eurostat 4,4% der Erwerbspersonen, laut traditioneller Berechnung 6,8% der unselbständigen Erwerbspersonen. Auch der Preisauftrieb ist weiter rückläufig: Die Inflationsrate betrug im März 1,5%. Die Preissteigerungen gehen vor allem auf die Bereiche Verkehr, Beleuchtung und Beheizung (Energiesteuer und Erdölpreisauftrieb) sowie Errichtung, Miete und Instandhaltung von Wohnungen zurück. Die Preise industriell-gewerblicher Waren und vieler Dienstleistungen haben sich kaum mehr erhöht. |