6. März 1997 Migration, Freihandel und regionale Integration in Ost-Mitteleuropa Gudrun BifflMit der Ostöffnung im Jahre 1989 setzte ein unaufhaltsamer Reintegrationsprozeß in Europa ein, der in eine Osterweiterung der EU zu Beginn des nächsten Jahrhunderts münden wird. Die Effekte dieser neuen Welle der Erweiterung der EU auf die Arbeitsmärkte in Ost-Mitteleuropa sowie Westeuropa und insbesondere auf Arbeitskräftewanderungen stehen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Um die Art und Dynamik eventueller Migrationen abschätzen zu können, ist es notwendig im Vorfeld der Migrationsanalyse die Voraussetzungen für Migrationsprozesse zu untersuchen. In diesem Zusammenhang hielt das WIFO in Zusammenarbeit mit der OECD und mit finanzieller Unterstützung des Bundeskanzleramtes ein Forschungsseminar ab. Die Forschungsergebnisse liegen nun in publizierter Form vor und sollen den Pressevertretern in einer Informationsveranstaltung im WIFO vorgestellt werden. Ein Großteil der in- und ausländischen Forscher wird bei der Pressekonferenz für eine Diskussion zur Vertiefung der Erkenntnisse anwesend sein (siehe im Anhang die Liste der Themen und die Wissenschafter, die diese Themen bearbeitet haben). In einem ersten Analyseschritt wurden die wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen Transformationsprozesse von Ländern untersucht, die direkt am "Eisernen Vorhang" lagen (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien). Dabei zeigte sich, daß eine Spezialisierung des Handels auf arbeitsintensive Produktgruppen auf Kosten der vormals kapitalintensiven Produktionssparten eingesetzt hat. Ein deutlicher Aufholprozeß ist mit der Differenzierung und Spezialisierung von Produktion und Handel verbunden. Der wesentliche komparative Vorteil der ostmitteleuropäischen Länder ist das große Reservoir vergleichsweise billiger gut qualifizierter Arbeitskräfte. Das hohe Ausmaß der Auslandsinvestitionen in High-tech-Bereichen ist ein Beleg für die erwarteten Erträge aus der Produktion dieser Güter. Es ist aber auch ein Indikator dafür, daß die ostmitteleuropäischen Länder nicht nur im arbeitsintensiven Low-tech-Bereich längerfristig komparative Vorteile aufweisen, sondern vor allem auch im Medium- und High-tech- sowie im High-skill-Segment. Modellrechnungen, die die unterschiedlichen Wachstumspfade in den einzelnen östlichen Nachbarländern nachzeichnen, zeigen, daß Slowenien, Tschechien und Polen in bezug auf das Entwicklungsniveau der Wirtschaft und auf das Einkommensniveau am raschesten gegenüber dem Westen aufholen. Ungarn hat infolge nachhaltiger Budgetprobleme Schwierigkeit, den mittelfristigen Wachstumspfad einzuhalten; die Slowakei weist trotz spektakulärer Wachstumsraten Strukturprobleme auf, die dieses Wachstumstempo dämpfen könnten. Wie die Analyse der Transformations- und Wachstumsprozesse zeigt, treten Push-Faktoren für Wanderungsprozesse vor allem in der Phase der verringerten Produktion auf, die eine Folge der Umstellung der Produktionsstrukturen ist. Diese Phase der Anpassung ist in den Nachbarländern im wesentlichen abgeschlossen, ohne massive Auswanderungswellen ausgelöst zu haben. Umstrukturierungsphasen sind üblicherweise mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit verbunden; dabei ist das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit besonders ausgeprägt, d. h. nachgefragte und angebotene Qualifikationen stimmen nicht überein. Wenn die Ursache nur ein regionaler Mismatch ist, kann die Migration von Arbeitskräften zur Lösung des Problems beitragen. Die derzeit zu beobachtende Veränderung der Produktions- und Arbeitsmarktstrukturen in Westeuropa ist ein ähnliches Phänomen. Allerdings sind Arbeitslose infolge ihrer schlechten Finanzlage die immobilste Gruppe des Arbeitskräftereservoirs. Das Problem der Arbeitslosigkeit ist deshalb kaum über Migration zu lösen. In der vorliegenden Studie wird u. a. die Rolle der Städte Wien und Prag im regionalen Integrationsprozeß untersucht und gezeigt, warum Wien sich noch nicht als Drehscheibe für die wirtschaftliche Integration Ost-Mitteleuropas etablieren konnte. Im Zusammenhang mit dem spezifischen Reintegrationsprozeß Deutschlands wird die besondere Rolle der Einführung einer gemeinsamen Währung diskutiert – ein Faktor, der für die eigenständige Entwicklung eines Landes wichtig ist und im Zusammenhang mit der Währungsunion der EU und den Währungsrelationen zu Ost-Mitteleuropa einen aktuellen Stellenwert erhält. Zuletzt wird die Verknüpfung von Bildungs- und Arbeitsmarktstrukturen sowie den vorgelagerten Bildungssystemen und deren Koordination mit Arbeitsmarktinstitutionen untersucht und ihre Rolle für die spezifische Qualifikationsstruktur der Migranten aufgezeigt. Die Transferierbarkeit von Qualifikationen ins Ausland ist durch die Systeme der Anerkennung von Qualifikationen eingeschränkt. Das ist ein Grund für die bipolare Struktur der Qualifikation der Migranten. Am unteren Ende des Skill-Segments herrscht wie am oberen Ende Transferierbarkeit. Wenn Personen im mittleren Skill-Segment im Ausland arbeiten, findet das meist innerhalb von Betrieben, etwa in transnationalen Unternehmen statt. Die institutionelle Verknüpfung von Ausbildung und Arbeitsmarkt ist ein Grund für die geringe Wanderung von EU-Bürgern innerhalb der EU und dürfte analog auch für die Osterweiterung Gültigkeit haben. |
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Migration, Free Trade and Regional Integration in Central and Eastern Europe. Table of Contents | ||
OPENING STATEMENTS I. Western and Eastern Europe: Towards Reinforced Co-operation on Regional Integration and Migration Ulrich Stacher II. Migration and International Economic Relations Thomas J. Alexander INTRODUCTION I. Integration or Re-integration: The Historical Dimension of Economic Interdependence of Western and Eastern Europe Norbert Geldner II. The Policy Challenges of Globalisation and Regionalisation Charles Oman The Future Dimension of Regional Integration Blanka Kalinova PART I I. Emerging Patterns of European Industrial Specialisation: Implications for Trade Structures, FDI and Migration Flows Michael A. Landesmann The Links Between Trade, FDI and Labour Markets in Eastern and John Martin The Economics of "Catching up" Revisited L. Alan Winters II. Economies in Transition: Long-term Growth Potential, Capital Accumulation and Labour-capital Substitutability in Five Central European Countries Vít Bárta and Thomas Url III. A General Equilibrium Analysis of East-West Migration: The Case of Austria and Hungary Fritz Breuss and Jean Tesche A Model More Suited to the Questions of International Trade than to Migration Issues Denis Cogneau PART II I. Foreign Direct Investment and its Effects in the Czech Republic, Hungary and Poland Gábor Hunya Policy Implications of FDI Daniela Bobeva FDI and Employment Creation Katalin Nagy II. Gateway Cities in the Process of Regional Integration in Central and Eastern Europe: The Case of Vienna Peter Mayerhofer and Yvonne Wolfmayr-Schnitzer III. Gateway Cities in the Process of Regional Integration in Central and Eastern Europe: The Case of Prague Dušan Drbohlav and Ludek Sýkora Gateway Cities: A Sociological Approach Iveta Radicová Gateway Cities: A Debatable Concept Ruslan Yemtsov IV. The Process of Re-integration for Germany: One Route for Development Erika Schulz The Expense and the Efficiency of the Process of Recovery Raimund Dietz PART III I. Migration, Labour Market and Regional Integration: The Role of the Education System Gudrun Biffl Education Systems and Labour Mobility: The Particularities of Eastern Europe Alena Nesporova Education Systems and Labour Mobility: One-way Flows or Brain Exchanges Martina Lubyova II. Regional Integration and the Outlook for Temporary and Permanent Migration in Central and Eastern Europe Jean-Pierre Garson, Dominique Redor and Georges Lemaître New Determinants of Migration in Central and Eastern Europe István Ábel Migration, Free Trade, and still no Convergence: An Equilibrium Perspective Christof Rühl How to Improve the Economic Analysis of Labour Migration in Central Marek Okolski RAPPORTEURS' CONCLUSIONS I. The Links Between Migration, Free Trade and Regional Integration: Specific Characteristics of the CEECs El Mouhoub Mouhoud II. The Need to Better Identify the Links Between Migration, Free Trade and Regional Integration and to Pursue New Thinking on these Issues Georges Tapinos CLOSING STATEMENT Issues of European Union Enlargement for Central and Eastern European Countries Dariusz Rosati |