4. Dezember 1996 Konjunktur bleibt labil Markus MarterbauerDie aktuellen Konjunkturumfragen zeigen eine langsame Erholung. Sie lassen aber auch erkennen, daß Nachfrage und Produktion weiterhin zu schwach sind, um eine solidere Aufschwungsdynamik in Gang zu setzen. Auch von der Konjunktur wichtiger europäischer Handelspartner sind unmittelbar keine kräftigen Impulse zu erwarten. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt zu Winterbeginn unbefriedigend. Der Beschäftigungsrückgang hat sich im Vorjahresvergleich zuletzt etwas verlangsamt. Dies dürfte vor allem im November auf die günstigeren Wetterverhältnisse zurückzuführen sein, die die Produktion in der Bauwirtschaft begünstigt haben. In der Industrie schwächte sich der Stellenabbau leicht ab. Die Unternehmer schätzen im WIFO-Konjunkturtest die Wirtschaftsentwicklung weiterhin als sehr labil, insgesamt aber doch etwas optimistischer ein als zuletzt. Dies schlägt sich – trotz anhaltend starken Wettbewerbsdrucks – auch in etwas geringerem Personalabbau nieder. Allerdings werden die Auftragsbestände sehr ungünstig beurteilt; bislang dürfte kein Investitionsaufschwung eingesetzt haben. Dafür ist insbesondere die Auslandsnachfrage – der traditionelle Konjunkturmotor für Österreich – zu verhalten. Die Zahlungseingänge für Warenlieferungen an das Ausland überstiegen das Vorjahresniveau in den ersten drei Quartalen um 4¼%. Wichtige Handelspartner leiden noch immer unter der nur schwachen Dynamik der Wirtschaft in Europa: In Deutschland trägt zwar der günstigere Wechselkurs zu einer Belebung des Exports bei, ein selbsttragender Aufschwung hat sich aber daraus bislang nicht ergeben. Vor allem die Investitionsnachfrage bleibt sehr schwach. In Italien beschränken die Liraaufwertung der letzten Monate und die restriktive Wirtschaftspolitik die Expansion. Die Schweiz findet noch nicht aus der seit sechs Jahren anhaltenden Stagnation, die durch die starke Aufwertung, die tiefe Baukrise und den Zusammenbruch des Konsumentenvertrauens charakterisiert ist. In Österreich holte die Bauwirtschaft bis zum Sommer die Produktionsausfälle des vergangenen Winters auf. Jedoch fanden sich danach nicht in ausreichendem Ausmaß Anschlußaufträge. Eine Ausnahme bildet der Sanierungs- und Renovierungsbereich – er ist von anhaltend hoher Nachfrage gekennzeichnet, die durch die Änderung der steuerlichen Behandlung der Mietzinsreserve noch verstärkt wird. Im Tiefbau und im Wirtschaftsbau sind die Aussichten weiterhin ungünstig. Der Tourismus erlitt in der Sommersaison neuerlich einen Rückschlag. Die Nächtigungszahlen lagen im III. Quartal um 6½% unter dem Vorjahresniveau. Einzig der Städtetourismus verzeichnete dank seiner günstigeren Gästestruktur Zuwächse. Der relativ frühe Schneefall in den Schigebieten erlaubt vorsichtigen Optimismus für die Wintersaison. Die Auslandsausgaben der Österreicher steigen weiterhin. Die Reiseverkehrsimporte sind eine Hauptkomponente des anhaltend hohen Passivums der Leistungsbilanz (Jänner bis September –36 Mrd. S). Enttäuschend verläuft die Entwicklung der Inflationsrate. Im Vorjahresvergleich steigt sie seit Mai zwar langsam, aber doch kontinuierlich und betrug im Oktober 2,1%. Im europäischen Vergleich liegt die Verbraucherpreissteigerung im Mittelfeld. Angesichts der nach wie vor wirkenden Preiseffekte des EU-Beitritts ist dies kritisch zu betrachten. Die wesentlichste Determinante für den Preisauftrieb bilden die Rohölpreise, sie überschritten im Oktober auf Schillingbasis das Vorjahresniveau um 58%. Eine kräftige Verteuerung von Heizöl und Treibstoffen im Inland ist die Folge, aber auch die Preise von Gas und Strom stiegen aufgrund von Steuererhöhungen erheblich. Im November lag die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Bezieher von Karenzurlaubsgeld und Präsenzdiener) um rund 4.000 unter dem Vorjahreswert, Saisonbereinigt blieb die Beschäftigung seit März weitgehend stabil. Die Arbeitslosenquote betrug saisonbereinigt 7,0% (Anteil der arbeitslos Gemeldeten an den unselbständigen Erwerbspersonen), die standardisierte Arbeitslosenquote laut Eurostat 4,0%. Auf eine gemeldete offene Stelle kamen fast 16 Arbeitslose.
|