18. September 1996 EU und Österreich: Unterschiedliche regionale Schwerpunkte im Extra-EU-Außenhandel Jan StankovskyDie wichtigsten Handelspartner der EU liegen in Übersee, jene Österreichs (außerhalb der EU) hingegen in Europa. Die EU verzeichnete 1990 im Extra-EU-Außenhandel ein Defizit von 7,5 Mrd. $ (14,8% der Exporte), 1994 war die Bilanz fast ausgeglichen. Gegenüber den Entwicklungsländern und den Oststaaten konnte das Defizit in einen Überschuß gedreht werden, der 1990 defizitäre Handel mit den USA war 1994 fast ausgeglichen. Das sehr hohe Defizit gegenüber Japan wurde hingegen nur geringfügig abgebaut. Österreich erzielt im Extra-Handel mit den Oststaaten und der EFTA einen Überschuß, gegenüber den Industriestaaten in Übersee und den Entwicklungsländern aber ein Defizit. Die regionalen Schwerpunkte im Extra-Handel der EU unterscheiden sich deutlich von jenen Österreichs: Die wichtigsten Handelspartner der EU liegen in Übersee, jene Österreichs (außerhalb der EU) hingegen in Europa. Eine stärkere Einbindung Österreichs in die europäische Unternehmenskooperation sowie die Nutzung der EU-Präferenzen und Exportaktionen könnten zu einer größeren Diversifikation des österreichischen Außenhandels beitragen. Im Jahr 1994 entfielen 39,1% der Extra-EU-Exporte der EU auf die Entwicklungsländer, 31,4% auf die Industriestaaten in Übersee. Für die Oststaaten waren im EU-Durchschnitt 13% der Ausfuhr bestimmt, für die verbleibende EFTA (Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein) 12,5%. Die Entwicklungsländer haben in den neunziger Jahren als Markt für die EU merklich an Bedeutung gewonnen. Besonders dynamisch war der Absatz in den Entwicklungsländern außerhalb der OPEC, während der Exportanteil der OPEC zurückging. Fast die Hälfte der EU-Exporte in die Entwicklungsländer ist für den Fernen Osten bestimmt. 22,3% der Extra-Exporte Österreichs waren 1994 für die Entwicklungsländer bestimmt. 1994 erzielte die EU gegenüber den Entwicklungsländern einen mäßigen Überschuß, der aus dem Handel mit dem Mittleren Osten stammt; der Warenaustausch mit Afrika und dem Fernen Osten war passiv. Den relativ höchsten Überschuß gegenüber den Entwicklungsländern erreichten die skandinavischen EU-Länder. Zu prüfen wäre, ob diesen Ländern ihre besonders aktive Entwicklungspolitik zu Exporterfolgen verhilft oder ob der Markt in Skandinavien für die Entwicklungsländer besonders schwer erreichbar ist. Etwa zwei Drittel der EU-Exporte in den Fernen Osten und mehr als die Hälfte der Importe entfallen auf die sechs dynamischen Länder Südkorea, Taiwan, Hongkong, Singapur, Thailand und Malaysia, 2,7% bzw. 4,5% auf die Volksrepublik China. Die relativ größte Bedeutung hat der Ferne Osten für Belgien-Luxemburg (Anteil an den Extra-EU-Exporten 22,1%) und Großbritannien (20,5%). Den 3. Rang nimmt mit einem Anteil von 19,3% überraschend Finnland ein. Dieses Land konnte in den neunziger Jahren den Exportanteil nach Fernost fast verdoppeln und so weitgehend den Verlust des russischen Marktes kompensieren. In Österreich zählt der Exportanteil des Fernen Ostens mit 10,8% zu den niedrigsten unter den EU-Staaten, er ist in den neunziger Jahren nur sehr schwach gestiegen. Für die Industriestaaten in Übersee waren 1994 31,4% der Extra-Exporte der EU bestimmt. Die engste Verflechtung mit dieser Ländergruppe weisen erwartungsgemäß Irland und Großbritannien auf: Irland bezieht fast die Hälfte seiner Extra-EU-Importe aus den USA. Österreich liefert unter den EU-Staaten den geringsten Teil seiner Exporte in die USA. Der Anteil Japans am EU-Export betrug 1994 nur 5,7%. Pioniere der EU auf dem schwierigen japanischen Markt sind Irland (11,2% der Extra-Exporte mit steigender Tendenz) und Dänemark (10%). Österreich steht mit einem Exportanteil von 4,4% in Japan an vorletzter Stelle unter den EU-Ländern. Der Anteil Japans am Import der "EU 15" (einschließlich der drei Länder, die 1995 beitraten) war 1994 mit 11,1% fast doppelt so groß wie am Export. Die höchsten Anteile wiesen Finnland (14,5%), Österreich (13,5%), Großbritannien und Schweden aus; für die drei neuen EU-Mitglieder galt 1994 die "EU-Disziplin" für den Import aus Japan (insbesondere Pkw) noch nicht. Am niedrigsten ist der Importanteil aus Japan in Italien (6%), das besonders strenge Restriktionen für Pkw-Importe aus Japan vorsieht. Die wirtschaftliche Verflechtung der EU mit den Oststaaten – und demnach die Interessen – ist sehr unterschiedlich strukturiert. Das größte Gewicht haben die Oststaaten als Absatzmarkt für Österreich und Deutschland (18,5%). Die "reichen" EU-Länder erreichten 1994 gegenüber dem Osten insgesamt einen Überschuß von 6,1% der Exporte, die "armen" EU-Staaten hingegen ein erhebliches Defizit. Dieses Ergebnis scheint die oft kolportierte These zu unterstützen, daß vor allem die weniger entwickelten (südlichen) Länder der EU nach einer Osterweiterung unter dem Wettbewerb der neuen Mitglieder zu leiden haben werden. Eine genauere Analyse widerlegt allerdings diese Schlußfolgerung: Die "armen" (bzw. die südlichen) EU-Staaten konnten ihre Handelsbilanz mit Ost-Mitteleuropa und mit Südosteuropa zwischen 1990 und 1994 von einem Defizit in einen bedeutenden Überschuß drehen, gegenüber der früheren UdSSR ergab sich allerdings jeweils ein erhebliches Defizit.
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