17. September 1996 Wirtschafts- und Währungsunion der EU und Außenhandel Jan StankovskyÖsterreichs Interesse entspräche die Teilnahme Italiens an der WWU, weil dadurch der Anteil des nicht durch Wechselkursschwankungen gefährdeten EU-Handels auf über 90% stiege. Zu den schwierigsten Problemen des Übergangs zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) der EU zählt die Regelung der Wechselkursrelation zwischen dem "Euro" und den Währungen jener EU-Länder, die (noch) nicht die gemeinsame Währung übernehmen. Die Teilnehmer müssen befürchten, daß ein nicht gerechtfertigter Wertverlust der anderen EU-Währungen, etwa durch überzogene Marktreaktionen, erhebliche Marktstörungen auslösen könnte. Ein Indikator ihrer Verletzbarkeit gegenüber möglichen Wechselkursänderungen ist der Anteil des Außenhandels mit den Nicht-Teilnehmern. Ausgehend vom Stand der Diskussion Mitte 1996 wurden als wahrscheinliche Teilnehmer an der WWU Deutschland, Frankreich, Österreich, die Niederlande, Belgien–Luxemburg und Irland gewählt; als mögliche Teilnehmer gelten Italien, Spanien und Portugal. Etwa zwei Drittel der Intra-Importe der EU entfielen 1994 auf Importe aus den sieben als wahrscheinliche Teilnehmer der Währungsunion geltenden Ländern; eine Erweiterung auf zehn Länder läßt diesen Anteil auf vier Fünftel steigen. Die Kerngruppe der WWU bezieht 60,6% ihrer innergemeinschaftlichen Importe aus Ländern, gegenüber welchen Wechselkursausschläge ausgeschlossen sind. Darunter weist Österreich die höchste Quote dieses weitgehend bereits als Binnenhandel anzusehenden Warenaustausches aus. Wesentlich größer ist die Verletzbarkeit durch Wechselkurseinflüsse in Deutschland und Frankreich mit einem Importanteil der Nicht-Teilnehmer von jeweils 45% sowie in Irland mit fast 75% (insbesondere Großbritannien). Deutschland und Frankreich haben demnach das größte Interesse an einer strengen Wechselkursdisziplin des angepeilten "EWS II". Für Österreich scheint die Gestaltung des neuen Wechselkurssystems der EU eine geringere Bedeutung zu haben. Österreichs Interesse entspräche vor allem die Teilnahme Italiens an der WWU, weil dadurch der Anteil des nicht durch Wechselkursschwankungen gefährdeten EU-Handels auf über 90% stiege. Diese Feststellung gilt allerdings nur für den Status-quo der europäischen Integration. Im Falle einer Osterweiterung der EU werden die neuen Mitglieder nicht unmittelbar Teilnehmer der Währungsunion. Sie werden sich aber verpflichten müssen, die Voraussetzungen für die Teilnahme zu erreichen. Dies schließt den Beitritt zum EWS II mit ein. Die Bindung des Wechselkurses kann jedoch in Widerspruch zu den Erfordernissen der Transformation geraten. Angesichts der großen Bedeutung der osteuropäischen Länder für den Außenhandel muß Österreich ebenfalls erhebliches Interesse an einem wirksamen und für alle Teile zumutbaren EWS II haben. Jene EU-Länder, die nicht an der Währungsunion teilnehmen, könnten den Wechselkurs (theoretisch) zur Konjunkturstützung verwenden; dieses Instrument wäre umso wirksamer, je größer der Anteil der WWU-Länder am Intra-EU-Handel ist. Aus dieser Sicht wäre eine Abwertung vor allem für Großbritannien lohnend (Exportanteil 73,3%).
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