22. Jänner 2002 WIFO-Symposium am 23. und 24. Jänner 2002 Helmut KramerAm 23. und 24. Jänner 2002 begeht das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Beisein der Spitzen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft das Jubiläum seines 75-jährigen Bestandes. Gegründet wurde das Institut im Dezember 1926 von Professor Ludwig von Mises und Professor (und spätere Nobelpreisträger) Friedrich August von Hayek, der der erste Leiter (bis 1931) wurde. Das WIFO ist eine gemeinnützige Einrichtung im Dienste der österreichischen Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik. Konstituiert als privater Verein, erstellt es seine Analysen frei von der direkten Einflussnahme des Staates, aber auch aller anderen wirtschaftspolitischen Institutionen (Nationalbank, Sozialpartner, Verbände, Bundesländer), wissenschaftlich und überparteilich. Die Finanzierung seiner Forschungstätigkeit wird unter der Bedingung der Unabhängigkeit seiner Tätigkeit von diesen Stellen unterstützt, weil deren Ergebnisse eine unerlässliche wirtschaftspolitische Infrastruktur mit Nutzen für die Gesamtwirtschaft darstellen. In steigendem Maße bringt das Institut nötige Mittel durch Projekte für in- und ausländische Auftraggeber, in jüngster Zeit rasch zunehmend von EU-Dienststellen auf. Schon in den ersten Jahren seiner Tätigkeit waren in dem Institut Forscherpersönlichkeiten tätig, die hier und später, nach der durch die NS-Okkupation erzwungenen Emigration nach den USA, weltweiten Ruf erwarben. Namen wie Oskar Morgenstern, Gottfried Haberler, Abraham Wald, Fritz Machlup, Gerhard Tintner und andere besitzen noch heute in der wissenschaftlichen Welt einen außerordentlichen Ruf. Seit der Wiedereröffnung unmittelbar nach der Befreiung Österreichs 1945 stellten sich vorrangig praktisch-politische Fragen: die Feststellung der zerstörten und der wiederherzustellenden Produktionskapazitäten und der Infrastruktur, die Situation des Wohnungswesens und die Ankurbelung des Außenhandels waren die dringlichsten Probleme. Später, unterstützt durch den Marshall-Plan, sollte der Struktur und der Spezialisierung der österreichischen Wirtschaft langfristig Richtung gewiesen werden. Eine wichtige Rolle spielte der Rat des Instituts bei der Stabilisierung der österreichischen Währung in den frühen fünfziger Jahren. Die Öffnung der österreichischen Märkte nach dem Protektionismus der Zwischenkriegszeit und die Teilnahme an den europäischen Integrationsprojekten waren Themen, die das Institut bis in jüngste Zeit stark beschäftigten. Die wesentlichen Weichenstellungen in der Nachkriegsära nahmen der langjährige Leiter (bis 1972) Professor Franz Nemschak sowie sein Stellvertreter und Nachfolger Professor Hans Seidel (bis 1981) vor. Sie sorgten gleichermaßen für den wissenschaftlichen Fortschritt, die Ausbildung von politisch interessierten Ökonomen wie für die Wahrung der Unabhängigkeit. Entsprechend der mehr an die Politik als an die akademische Welt gerichteten Arbeitsschwerpunkte nach dem Krieg erwarb im WIFO seither zwar auch eine große Zahl an akademischen Lehrern wichtige Erfahrungen mit der Analyse praktischer wirtschaftspolitischer Probleme Namen wie Kurt Rothschild, Joseph Steindl, Karl Socher, Erich Streissler, Gunther Tichy, Georg Winckler und andere stehen für diese Gruppe , vor allem arbeiteten hier aber Persönlichkeiten, die später im öffentlichen Leben Österreichs und in internationalen Institutionen bedeutende Funktionen bekleideten: Reinhard Kamitz, Adolf Nussbaumer, Josef Taus waren ebenso durch die Schule des Instituts gegangen wie Stephan Koren, der spätere Finanzminister und Präsident der Nationalbank. Andere wechselten gerade auch in jüngster Zeit vom Institut in führende wirtschaftspolitische Funktionen in der Regierung, der Nationalbank oder der internationalen Institutionen: so etwa Hubert Neiss, der im Internationalen Währungsfonds in Washington bis zum Leiter des Asien-Departments aufstieg. Neben seiner eigentlichen Aufgabe, der Analyse und Prognose der wirtschaftlichen Entwicklungstendenzen Österreichs, seiner Produktionszweige und Regionen und der Analyse wirtschaftspolitischer Instrumente nahm das WIFO immer auch eine Funktion als Kaderschmiede der österreichischen Wirtschaftspolitik wahr. Dazu war es in besonderem Maße befähigt, weil es sich um die theoretische und methodische Entwicklung immer aktiv bemühte, aber auch um die Sachlichkeit seiner Argumentation: frei von Polemik, alle Argumente ausleuchtend, sorgfältig die institutionellen Gegebenheiten berücksichtigend und in einer möglichst verständlichen Darstellung erwarben sich seine Arbeiten ein hohes Maß an Anerkennung bei allen politischen Lagern im In- und Ausland. Seit dem Beitritt Österreichs zur EU stehen die europäischen und internationalen Rahmenbedingungen für die österreichische Wirtschaft sowie die Mitwirkung an der gemeinsamen europäischen Politik sind noch mehr im Vordergrund des Arbeitsprogramms. Die institutionellen Aspekte sowie die möglichen wirtschaftlichen Folgen und Chancen des Beitritts zur EU, der Teilnahme an der Währungsunion und der EU-Erweiterung stellten und stellen besondere Arbeitsschwerpunkte dar. Viele komplexe Fragen können kompetent nur noch in Kooperation mit Partnern in allen europäischen Ländern und darüber hinaus bearbeitet werden. Das Institut ist mit derzeit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, knapp der Hälfte davon Wissenschaftlern, eine der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen Österreichs. International zählt es unter den Einrichtungen mit ähnlichen Aufgaben zu den mittelgroßen. Von den wissenschaftlichen Mitarbeitern ist mehr als die Hälfte im Nebenberufe durch Lehraufträge, Habilitation oder Honorarprofessur an österreichischen Universitäten tätig und gibt so wichtige Erfahrungen mit der Analyse der Wirtschaftspolitik an den akademischen Nachwuchs weiter. Das WIFO bringt nun seit 75 Jahren "Monatsberichte" zu wichtigen Aspekten der österreichischen Volkswirtschaft heraus. Wichtige Daten und Dienstleistungen, vor allem aber Studienergebnisse stellt das Institut auch im World Wide Web (http://www.wifo.ac.at) teilweise im Volltext zum Herunterladen zur Verfügung. Seit 1981 steht das Institut unter der Leitung von Professor Helmut Kramer. In dieser Zeit hat das WIFO gelernt, sich auf einem Markt mit Konkurrenz im In- und Ausland zu behaupten. Und es hat gelernt, seine Unabhängigkeit durch Qualität, Kompetenz und Sachlichkeit auch unter wechselnden politischen Verhältnissen hochzuhalten, "unter Bedachtnahme auf das Gesamtwohl der Öffentlichkeit", wie seine Statuten verlangen.
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