7. November 2001 Regionale Arbeitsmarktwirkungen der Ostintegration Peter HuberNach verschiedenen Schätzungen umfasst das Migrationspotential aus den MOEL in die gesamte EU eine Bandbreite von 41.000 bis 680.000 Zuwanderern pro Jahr. Übereinstimmend werden diese Schätzungen als zu ungenau bezeichnet, um abschließende Aussagen zuzulassen. Ein Großteil der Zuwanderung aus den MOEL (77%) wird auf Österreich und die BRD entfallen. Auch das Potential der grenzüberschreitenden Pendlerströme im Gefolge der EU-Osterweiterung wird von den vorliegenden Untersuchungen recht unterschiedlich eingeschätzt. Im Rahmen des Forschungsprogramms "PREPARITY Strukturpolitik und Raumplanung in den Regionen an der mitteleuropäischen EU-Außengrenze zur Vorbereitung auf die EU-Osterweiterung" wurde unter der Annahme einer EU-Erweiterung ohne Übergangsfristen ein Potential von rund 85.000 Tagespendlern nach Österreich ermittelt. Die Unsicherheiten dieser Ergebnisse betreffen zum einen die relative Attraktivität des grenzüberschreitenden Pendelns gegenüber dem Binnenpendeln und zum anderen die maximale Pendeldistanz. MOEL-Migranten besser ausgebildet als bisherige Zuwanderer Genauer sind die Vorhersagen bezüglich der Struktur der Zuwanderung. Zuwanderer aus den MOEL sind besser ausgebildet als jene aus den traditionellen "Gastarbeiterländern". Die zuwandernden MOEL-Staatsbürger verfügen vor allem über Lehrabschluss und werden häufiger in Dienstleistungsberufen sowie in höherqualifizierten Berufen (etwa als Techniker) und seltener als Hilfskräfte eingesetzt als andere ausländische Arbeitskräfte. Positive gesamtwirtschaftliche Effekte, aber negative Verteilungswirkungen der Zuwanderung Durch Zuwanderung erweitert sich die Ressourcenbasis einer Volkswirtschaft; daraus resultiert ein Wachstums- und auch Wohlfahrtsgewinn. Dementsprechend hat Zuwanderung gesamtwirtschaftliche Vorteile. Allerdings kommen diese Vorteile nicht allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zugute. Generell profitieren hochqualifizierte Arbeitskräfte von der Zuwanderung von geringer qualifizierten Arbeitskräften, während geringqualifizierte Arbeitskräfte durch Zuwanderung unter zunehmenden Konkurrenzdruck geraten. Für Männer ist Zuwanderung vor allem mit einem langsameren Lohnwachstum der Arbeiter verbunden, während das Lohnwachstum der Angestellten auf solche Veränderungen kaum reagiert. Unter den Frauen erleiden vor allem immobile Arbeitskräfte Lohneinbußen. Für Männer wie Frauen im obersten Einkommensquartil beschleunigt sich bei einer verstärkter Zuwanderung das Lohnwachstum, während sich der Anstieg von Löhnen und Gehältern der Männer und Frauen im untersten Einkommensquartil verlangsamt. Das Arbeitslosigkeitsrisiko von Männern und Frauen wird durch Zuwanderung stärker beeinflusst als das Wachstum der Löhne. Vor allem für Arbeiter erhöht Zuwanderung das Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren. Der Übergang aller anderen Gruppen in die Arbeitslosigkeit hat sehr heterogene Gründe. Neuzuwandernde Arbeitskräfte aus den MOEL treten dabei in erster Linie mit alteingesessenen ausländischen Arbeitskräften in Konkurrenz. Ein Konkurrenzverhältnis besteht zudem gegenüber inländischen Arbeitern. Siedlungsmuster ausländischer Beschäftigter lassen differenzierte Auswirkungen erwarten Wie in den meisten Ländern bevorzugen Zuwanderer in Österreich Siedlungsregionen, in denen bereits eine starke Bevölkerungsgruppe derselben Nationalität ansässig ist. So siedeln Slowenen vor allem im Süden Österreichs, Tschechen im Norden. Im Westen Österreichs siedeln deutlich weniger Bürger der östlichen Nachbarländer als im Osten. Hingegen wohnen Bürger aus dem an Österreich nicht angrenzenden Polen vor allem in Wien und in anderen großen Städten. Weiters ist der Anteil der ausländischen Staatsbürger mit niedrigem Ausbildungsniveau in den Zentralräumen höher als in der Peripherie. Für Randgebiete bilden Zuwanderer daher eine wichtige Humankapitalressource, während es in den Städten notwendig sein wird, durch Integration und Fortbildung die Qualifikations- und Einsatzmöglichkeiten für ausländische Arbeitskräfte zu erhöhen. Politische Empfehlungen Die Ergebnisse der Analysen unterstützen zunächst die Forderung nach Wahrung der Kontrolle über die Zuwanderung. Durch eine entsprechende Kontrolle der Zuwanderung kann eine gleichmäßigere Verteilung der Migranten über Regionen erzielt werden und Sicherheit in den Erweiterungsprozess induziert werden. Dieser Forderung wurde durch die Festlegung auf defensive Maßnahmen (Übergangsfrist für die Freizügigkeit der Arbeitskräfte von höchstens 7 Jahren) auf europäischer Ebene entsprochen. In weiterer Folge wird die Diskussion über die migrationspolitischen Konsequenzen der EU-Erweiterung vor allem der offensiven Vorbereitung auf die Erweiterung dienen. Um die Chancen der Migrationspolitik in der Phase der Übergangsregelungen optimal zu nutzen und einen möglichst großen Beitrag zur schrittweisen Reduktion der Migrationspotentiale zu leisten, empfiehlt es sich, die Zuwanderung aus den MOEL quantitativ großzügig, aber qualitativ selektiv zu gestalten. Überdies sollten flankierende Maßnahmen gesetzt werden:
Die Übergangsfristen dienen nicht nur dazu, für einen beschränkten Zeitraum die Kontrolle über die Zuwanderung zu behalten, sondern auch jene indirekten Kontrollinstrumente (z. B. über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Arbeitsämter) aufzubauen, die ein effektives Arbeitsmarktmanagement nach dem Ende der Übergangsfristen zulassen. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte folgenden Teilprojekten der WIFO-Studie "PREPARITY Strukturpolitik und Raumplanung in den Regionen an der mitteleuropäischen EU-Außengrenze zur Vorbereitung auf die EU-Osterweiterung" (Koordination: Peter Mayerhofer, Gerhard Palme, im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTERREG IIC; jeweils ATS 400,00 bzw. EUR 29,07): Peter Huber (WIFO), Helmut Hofer (IHS), Teilprojekt 9: Auswirkungen der EU-Erweiterung auf den österreichischen Arbeitsmarkt (100 Seiten) Peter Huber, Teilprojekt 10: Migration und Pendeln infolge der EU-Erweiterung (110 Seiten) Im Heft 11/2001 der WIFO-Monatsberichte werden die Ergebnisse dieser Studien zusammengefasst. Alle Bestellungen bitte an das WIFO, Christine Kautz, Tel. 01/798 26 01/282, Fax 01/798 93 86, E-Mail Christine.Kautz@wifo.ac.at |