11. Mai 2001 Abkühlung der Konjunktur Ewald WalterskirchenDie jüngsten Unternehmensbefragungen deuten darauf hin, dass sich die Konjunktur im Euro-Raum deutlicher abschwächen könnte, als bisher angenommen wurde. Auch in Österreich signalisiert der WIFO-Konjunkturtest im II. Quartal eine ungünstigere Einschätzung durch die Unternehmen. Das Vertrauen der Industrie in die Entwicklung der Wirtschaft hat sich im II. Quartal weiter eingetrübt. Schon zwischen Sommer 2000 und dem I. Quartal 2001 zeigten sich die Unternehmen immer weniger optimistisch, im II. Quartal verstärkten sich diese Tendenzen. Die Sachgütererzeuger klagen über unzureichende Nachfrage und schätzen ihre eigene Geschäftslage, die Auftragsbestände sowie die Verkaufspreise überwiegend negativ ein. Auch ihre (noch positiven) Produktionserwartungen revidierten sie nach unten, und die Lagerbestände erscheinen ihnen überhöht. In der EU besonders im exportorientierten Deutschland weist der Vertrauensindikator der Industrie seit dem vergangenen Herbst ebenfalls kontinuierlich abwärts. Während die Unternehmensbefragungen bereits Werte für das II. Quartal (April) liefern, liegen die statistischen Daten über Exporte und Sachgüterproduktion weit zurück (Jänner bzw. Februar) und werden oft auch in zweiter Aufarbeitung korrigiert. Die heimischen Exporte wiesen im Jänner noch hohe Wachstumsraten (+13½% gegenüber dem Vorjahr) auf; mit einer deutlichen Abflachung im Laufe der folgenden Monate muss aufgrund der Abkühlung der internationalen Konjunktur und der zurückhaltenden Beurteilung der Exportaufträge gerechnet werden. Auch der Vorjahresabstand der Sachgüterproduktion war zu Jahresbeginn sehr hoch (+10%), im Februar verringerte er sich aber deutlich (+7%). Die regen Konsumausgaben stützten die Konjunktur Anfang 2001. In den ersten zwei Monaten des Jahres wurden die realen Einzelhandelsumsätze gegenüber dem Vorjahr real um fast 2% ausgeweitet. Der Kfz-Handel war hingegen wie im abgelaufenen Jahr leicht rückläufig. Der Tourismus entwickelte sich in der Wintersaison günstig, die Gästenächtigungen stiegen in den Monaten November bis März um 3%. Im Großhandel schlug sich die Dämpfung der Wirtschaftsdynamik bereits nieder, er litt überdies unter dem Nachfrageausfall nach den Vorziehkäufen von Investitionsgütern am Jahresende. Die Bauunternehmen klagten über relativ niedrige Auftragsbestände, sie bauten im Vorjahresvergleich Arbeitskräfte ab. Die zurückhaltende Konjunktureinschätzung stützt sich auch auf die schwache Arbeitsmarktentwicklung im Frühjahr. Die Beschäftigungszuwächse waren wesentlich geringer als im Vorjahr (I. Quartal +21.100, April +12.400). Der mäßige Anstieg seit dem Herbst hängt jedoch nicht nur mit der Abkühlung der Konjunktur, sondern auch mit einer Welle von Frühpensionierungen (besonders im öffentlichen Dienst) zusammen. Laut Sozialversicherungsdaten lag die Beschäftigung im öffentlichen Dienst im März 2001 um 12.200 unter dem Vorjahresstand. Die Arbeitslosigkeit sank in den letzten Monaten kaum mehr. Nach einem kräftigen Abbau im vergangenen Jahr (27.400) war die Zahl der Arbeitsuchenden im April um nur 2.600 geringer als ein Jahr zuvor. Die Konjunkturabschwächung erleichtert den Rückgang der Inflation. Im März war die Teuerungsrate mit 2,7% etwa so hoch wie im Februar, aber deutlich niedriger als im Jänner (3,0%). Die Folgen der BSE-Krise bremsen hingegen diese sinkende Tendenz. Abbildung 1: Konjunktureinschätzung in der Sachgütererzeugung Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt
Q: WIFO-Konjunkturtest.
Die aktuelle Beurteilung der Wirtschaftslage spiegelt wider, dass sich der Konjunktureinbruch in den USA und der Kaufkraftentzug durch die Rohölverteuerung stärker auf die europäische Wirtschaft auswirken könnten, als vielfach angenommen wird.
Die Wirtschaft der Euro-Zone wuchs im IV. Quartal 2000 gegenüber dem Vorjahr um 3%. Für das I. Quartal 2001 lässt der Financial-Times-Indikator, der von Euroframe vorwiegend aufgrund von Umfragedaten erstellt wird, jedoch eine Rate von nur noch etwa +2½% erwarten. Im II. Quartal dürfte sich der BIP-Anstieg weiter auf 2,2% abschwächen.
Dennoch prognostizierte die EU-Kommission kürzlich für den Euro-Raum ein Wirtschaftswachstum von 2,9% im Jahr 2001. Der IMF hat dagegen seine Prognose für die Euro-Zone auf 2,5% herabgesetzt. Die deutsche Bundesregierung nahm ähnlich wie die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute die Wachstumsprognose für Deutschland auf 2% im Jahr 2001 zurück. Ob übermäßig zuversichtliche Prognosen die Stimmung in der Wirtschaft positiv beeinflussen können, ist fraglich; jedenfalls setzen sie falsche Signale für die Geldpolitik.
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/2001!
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