13. November 2000 Anzeichen für Nachlassen der hohen Wirtschaftsdynamik Markus MarterbauerGetragen von kräftiger Auslandsnachfrage, reger Investitionstätigkeit und hoher Kaufkraft der Konsumenten wurde die Produktion im bisherigen Jahresverlauf beträchtlich ausgeweitet. Nun zeigen sich aber erste Anzeichen einer bevorstehenden Wachstumsverlangsamung. Der Anstieg der Erdölpreise trägt zu einer Abschwächung der Nachfrage nach Vorleistungen bei und dämpft die Entwicklung des verfügbaren Einkommens der Haushalte fühlbar. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in Österreich im 1. Halbjahr 2000 preisbereinigt um nahezu 4%. Dazu trug die lebhafte Nachfrage aus dem EU-Binnenmarkt und von wichtigen Handelspartnern in Ost-Mitteleuropa und Nordamerika ebenso bei wie die rege Investitionsdynamik im Bereich der Maschinen und Fahrzeuge und das starke Wachstum von verfügbaren Einkommen und Konsumnachfrage der privaten Haushalte. Verschiedene Indikatoren deuten darauf hin, dass Nachfrage und Produktion auch im III. Quartal merklich expandierten. Der Export wies im Sommer neuerlich zweistellige Zuwachsraten auf (Juli nominell +11% gegenüber dem Vorjahr). Während die Ausfuhr in die OPEC-Länder, nach Nordamerika und Osteuropa überdurchschnittlich ausgeweitet wurde, verlangsamte sich aber das Wachstum der Nachfrage aus den EU-Ländern. Der arbeitstägig bereinigte Produktionsindex der Sachgütererzeugung lag im Juli um 10% über dem Wert des Vorjahres (1. Halbjahr +12¼%). Besonders kräftig gesteigert wurde die Produktion von Vorleistungsgütern, Investitionsgütern und dauerhaften Konsumgütern. Der WIFO-Konjunkturtest zeigt auch für das III. und IV. Quartal eine hohe Kapazitätsauslastung in der Sachgütererzeugung. Allerdings weisen die Stimmungsindikatoren auf eine bevorstehende Abschwächung der raschen Expansion hin: Der Überhang der Unternehmen, die für die nächsten Monate eine Zunahme der Produktion erwarten, hat sich von 16 Prozentpunkten im II. Quartal auf 12 Prozentpunkte im IV. Quartal verringert. Vor allem in der Erzeugung von Vorprodukten trübt sich die Stimmung ein, und auch die Bauzulieferer sind pessimistischer. Hingegen hält die rege Nachfrage nach Investitionsgütern an, die Betriebe der technischen Verarbeitung melden eine ausgezeichnete Geschäftslage. Der drastische Anstieg der Erdölpreise trägt nicht nur zur Abschwächung der Produktion von Vorleistungen bei, er beeinträchtigt auch die Kaufkraft der privaten Haushalte merklich. Der Preisauftrieb erreichte auf Verbraucherebene im September mit 3% den höchsten Wert der letzten sechs Jahre. Ausschlaggebend waren dafür primär die Energieverteuerung und die Erhöhung indirekter Steuern. Die Kerninflation (ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise) erhöhte sich im September auf 2,2%. Industriell-gewerbliche Waren verteuerten sich im III. Quartal gegenüber dem Vorjahr bereits um ¾%. In den nächsten Monaten könnten die Unternehmen tendenziell den Anstieg der Energiekosten bzw. die Steuererhöhungen auf die Preise industriell-gewerblicher Waren überwälzen. Die Beschleunigung des Preisauftriebs zehrt reale Zuwächse der Bruttoeinkommen auf. Die verfügbaren Nettomasseneinkommen wachsen derzeit dank der Senkung der Lohn- und Einkommensteuer zu Jahresbeginn 2000 und der Ausweitung der Familientransfers. Die kräftige Steigerung der Produktion schlägt sich auf dem Arbeitsmarkt positiv nieder. Von Jänner bis Oktober stieg die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzgeld) gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt um 31.000 (+1%, Oktober +21.300). Dank besonders raschen Wachstums der Produktion in der Sachgütererzeugung wird die Beschäftigung hier wieder ausgeweitet. Aufgrund der abgeschwächten Dynamik des Arbeitskräfteangebotes bietet der Konjunkturaufschwung nun auch Arbeitslosen verstärkt Beschäftigungschancen. Die Zahl der Arbeitsuchenden sank im Oktober um 23.000 auf durchschnittlich 171.500. Auf eine dem Arbeitsmarktservice gemeldete offene Stelle kamen zuletzt noch 5 Arbeitslose. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/2000! |