WIFO

 

Exportindustrie wächst kräftig, Energieverteuerung bremst die Konjunktur

 

Der Aufschwung von Export und Sachgütererzeugung trägt die Konjunkturerholung in Österreich. Im IV. Quartal stieg das BIP gegenüber dem Vorquartal real um 0,8% und gegenüber dem Vorjahr um 2,7%. Die Investitionstätigkeit beginnt sich zu beleben, allerdings nicht in der Bauwirtschaft. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte wächst zwar stetig, aber mäßig. Getragen von der guten Industriekonjunktur sinkt die Arbeitslosigkeit weiter langsam. Der Anstieg der Verbraucherpreise belebt sich aufgrund des markanten Auftriebs der Energiepreise; deshalb gehen die Reallöhne pro Kopf merklich zurück.

 

Der Konjunkturbericht entsteht jeweils in Zusammenarbeit aller Mitarbeiter des WIFO. • Wissenschaftliche Assistenz: Christine Kaufmann, Martha Steiner • Abgeschlossen am 9. März 2011. • E-Mail-Adresse: Markus.Marterbauer@wifo.ac.at 

 

INHALT

Nachfrage aus asiatischen Schwellenländern als Welthandelsmotor

BIP der USA expandiert weiter

Zweigeteilte Konjunktur in der EU

Euro-Raum: Arbeitslosigkeit hoch, Inflation zieht an

Aufschwung der Industrie hält an

Ausrüstungsinvestitionen belebt, Rezession der Bauwirtschaft hält an

Stabile Expansion der Konsumnachfrage

Inflationsbeschleunigung vor allem energiepreisbedingt

Weitere Erholung auf dem Arbeitsmarkt

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. 4

Abbildung 1: Entwicklung des realen Bruttoinlandsproduktes. 6

Abbildung 2: Internationale Konjunktur 8

Abbildung 3: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests. 12

Abbildung 4: Wirtschaftspolitische Eckdaten. 14

 

 

Die Erholung der österreichischen Exportwirtschaft aus der Rezession kommt weiter rasch voran. Im Dezember 2010 lag der Produktionsindex der Sachgütererzeugung saisonbereinigt um 12% über dem Tiefstand vom Mai 2009; damit wurden fast vier Fünftel des Produktionsrückgangs seit Herbst 2008 wettgemacht. Gemäß den Ergebnissen des WIFO-Konjunkturtests vom Februar wird der Aufwärtstrend anhalten: Die Produktionserwartungen der Unternehmen befinden sich auf hohem Niveau, sie verbesserten sich zu Jahresbeginn neuerlich auf einen Saldo von +21 Prozentpunkten; Auftragseingänge und Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten spiegeln die positive Stimmung wider.

Den Motor für die gute Industriekonjunktur bildet ein kräftiger Aufschwung in den asiatischen und lateinamerikanischen Schwellenländern. Deren Einfuhr treibt den Welthandel an, sein Volumen lag im IV. Quartal 2010 saisonbereinigt real um 2,6% über dem Wert des Vorquartals und um 11,3% über dem Wert des Vorjahres. Die österreichische Exportwirtschaft profitiert von der Weltkonjunktur überwiegend über Zulieferbeziehungen zur weltmarktorientierten deutschen Wirtschaft. In Deutschland expandiert das BIP kräftig, das zieht die Konjunktur einer Gruppe von industrieorientierten EU-Ländern mit. Hingegen verharren EU-Länder mit anhaltenden Strukturproblemen und besonders restriktiver Budgetpolitik in der Rezession. Im Durchschnitt des Euro-Raumes kommt die Erholung nur verhalten voran.

Der österreichische Güterexport expandierte im IV. Quartal 2010 gegenüber dem Vorquartal um 1,0% und lag damit saisonbereinigt um 23% über dem Tiefstand vom II. Quartal 2009. Aufgrund des Anstiegs des Exports und der wachsenden Auslastung in der Sachgütererzeugung beleben sich allmählich auch die Ausrüstungsinvestitionen. Hingegen geben die Bauinvestitionen weiter nach, auch wegen der Einsparungen der Bundesländer im Wohnbau.

Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte nahm in Österreich auch in der Rezession leicht zu und trug damit wesentlich zur Stabilisierung der Konjunktur bei. Nun setzt sich ihr mäßiges Wachstum fort, im IV. Quartal war sie real um 0,2% höher als im Vorquartal und um 0,7% höher als im Vorjahr. Dazu trug vor allem der Anstieg der Beschäftigung bei: Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten war im Februar 2011 laut vorläufigen Schätzungen mit 3,2 Mio. um etwa 64.000 höher als im Vorjahr. Neben der stetigen Ausweitung des Stellenangebotes in den Dienstleistungsbranchen war dafür auch die Erholung der Industriebeschäftigung maßgebend. Die Zahl der Arbeitslosen ging zu Jahresbeginn weiter merklich zurück. Im Februar waren 292.000 Personen als arbeitslos registriert, um 21.000 weniger als im Vorjahr. Saisonbereinigt lag die Zahl der Arbeitslosen bei 241.000, um 31.000 unter dem Höchstwert vom August 2009. Damit wurde allerdings erst weniger als die Hälfte des rezessionsbedingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit wettgemacht.

 

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2009

2010

 

 

 

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

 

 

 

Veränderung gegen das Vorquartal in %

Real, saison- und arbeitstägig bereinigt

 

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

 

 

+0,5

0,1

+0,0

+0,3

+0,2

+0,2

Private Haushalte1)

 

 

+0,3

+0,2

+0,2

+0,2

+0,2

+0,2

Staat

 

 

+1,3

0,3

3,2

+0,3

+0,1

+0,3

Bruttoinvestitionen

 

 

0,7

+0,1

+0,3

+2,5

+3,0

+2,8

Bruttoanlageinvestitionen

 

 

0,2

0,8

1,1

+0,3

+1,2

+1,1

Ausrüstungen

 

 

1,6

1,0

0,1

+1,1

+1,6

+1,2

Bauten

 

 

0,6

0,6

0,9

0,9

0,8

0,7

Exporte

 

 

+1,7

+2,7

+3,2

+4,2

+3,2

+1,2

Waren

 

 

+3,5

+2,5

+3,1

+6,6

+4,7

+1,0

Dienstleistungen

 

 

0,7

+1,1

+2,8

+2,3

+1,8

+1,4

Importe

 

 

+0,8

+1,1

+2,4

+3,7

+2,7

+0,8

Waren

 

 

+2,2

+1,6

+1,6

+4,2

+3,6

+0,6

Dienstleistungen

 

 

1,8

0,2

+0,9

+2,3

+1,4

+0,4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt

 

 

+0,7

+0,4

+0,2

+1,0

+1,1

+0,8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

 

 

+2,2

+0,7

+0,8

+3,9

+3,5

+1,5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2009

2010

2009

2010

 

 

 

III. Quartal

IV. Quartal

I. Quartal

II. Quartal

III. Quartal

IV. Quartal

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

Real, berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen

 

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

+1,1

+0,1

+2,3

+0,3

+1,8

1,2

0,0

0,2

Private Haushalte1)

+1,3

+1,0

+2,7

+0,5

+3,2

1,1

+1,1

+0,7

Staat

+0,4

2,4

+1,2

0,1

2,0

1,7

3,3

2,6

Bruttoinvestitionen

12,7

+3,8

11,8

8,5

7,8

+6,1

+4,5

+9,6

Bruttoanlageinvestitionen

8,8

1,3

6,6

5,6

5,8

1,2

0,7

+1,5

Ausrüstungen

14,5

+1,8

13,1

12,0

6,1

+1,1

+3,5

+8,6

Bauten

6,0

3,4

3,6

1,6

5,5

2,5

3,4

3,0

Exporte

16,1

+10,8

15,6

7,5

+4,3

+13,6

+14,2

+11,5

Waren

18,6

+12,6

17,5

7,6

+5,0

+16,1

+16,5

+12,7

Dienstleistungen

9,5

+6,8

10,6

7,6

+2,6

+7,3

+8,8

+9,0

Importe

14,4

+9,2

12,5

9,6

+3,2

+10,7

+12,6

+10,3

Waren

15,3

+10,5

13,2

9,0

+4,5

+12,6

+14,0

+10,8

Dienstleistungen

10,7

+4,6

10,0

11,6

1,5

+3,6

+7,3

+8,5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt

3,9

+2,0

3,6

0,9

+0,1

+2,4

+2,6

+2,7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachgütererzeugung

14,3

+6,7

14,1

6,8

0,1

+9,3

+8,2

+8,9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, nominell

3,1

+3,5

2,9

+0,0

+1,4

+3,7

+4,4

+4,5

Q: WIFO. 1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

 

Die Schwäche der Erholung im Euro-Raum und die labile Lage des Finanzsystems galten bislang als größte Risiken der Konjunktur. Nun kommt der kräftige Auftrieb der Rohstoffpreise dazu. Anfang März kostete Rohöl der Sorte Brent über 110 $ je Barrel, ein Jahr zuvor noch knapp 80 $. Auch die Notierungen von agrarischen und metallischen Rohstoffen zogen auf den Weltmärkten kräftig an. Dies schlug bereits auf die Verbraucherebene durch: Im Jänner erreichte die Inflationsrate in Österreich 2,4%. Mehr als ein Drittel dieses Preisanstiegs ging auf die Verteuerung von Mineralölprodukten (Treibstoffe und Heizöl) zurück. Die Großhandelspreise lagen im Februar um 12,7% über dem Niveau des Vorjahres. Der Anstieg der Verbraucherpreise übertraf damit jenen der Tariflöhne bereits um ¾ Prozentpunkte.

Nachfrage aus asiatischen Schwellenländern als Welthandelsmotor

In den Schwellenländern, vor allem in Asien, expandiert die Nachfrage weiterhin kräftig. Dies bildet den Motor für den Welthandel. Getrieben vom Anstieg der Rohstoffnotierungen belebt sich allerdings der Preisauftrieb auf Verbraucherebene.

Der Welthandel zog Ende 2010 neuerlich kräftig an, nachdem er von Mai bis September 2010 stagniert hatte. Im IV. Quartal übertraf er das Niveau des Vorquartals laut CPB saisonbereinigt real um 2,6% (III. Quartal +0,7%). Zwar erhöhte sich die Einfuhr der Industrieländer weiter nur mäßig, doch die Schwellenländer weiteten ihren Import markant aus. Vor allem in Asien bleibt die Dynamik der Wirtschaft stark. Chinas BIP lag im IV. Quartal 2010 real um knapp 10% über dem Vorjahreswert, die kräftige Ausweitung der Investitionen und der Konsumnachfrage hält an. Überhitzungserscheinungen auf den Immobilien- und Aktienmärkten flauen etwas ab, hingegen beschleunigt sich der Preisauftrieb auf Konsumentenebene; die chinesische Geldpolitik reagiert darauf mit der schrittweisen Anhebung der Zins- und Mindestreservesätze.

 

Abbildung 1: Entwicklung des realen Bruttoinlandsproduktes

Veränderung gegen das Vorjahr bzw. Vorquartal in %

Q: WIFO.

 

Der Preisauftrieb geht vor allem von der kräftigen Rohstoffverteuerung aus. Die Weltmarktnotierung von Rohöl zieht seit mehreren Monaten an, zuletzt verstärkt durch die Unruhen im arabischen Raum. Anfang März stieg sie über 110 $ je Barrel Brent. Noch stärker erhöhten sich zuletzt die Preise von Nahrungsmitteln, vor allem Getreide. Hier spielen die anhaltend kräftige Steigerung der weltweiten Nachfrage und die Folgen von mehreren Missernten zusammen. Auch die Preise metallischer Rohstoffe ziehen merklich an. Diese Preisauftriebstendenzen dürften durch spekulative Finanzinvestitionen verstärkt werden.

BIP der USA expandiert weiter

In den USA hält die Konjunkturerholung getragen von Export und Konsumnachfrage an. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich rascher als in der EU, die Arbeitslosenquote ist dennoch deutlich höher als vor der Rezession.

In den USA hält das mäßige Wirtschaftswachstum an: Im IV. Quartal wurde das BIP gegenüber dem Vorquartal real um 0,7% und gegenüber dem Vorjahr um 2,7% ausgeweitet. Die Industrieproduktion expandiert stetig, sie profitiert sowohl vom Export als auch von der Nachfrage der privaten Haushalte nach dauerhaften Konsumgütern. Die wichtigste Schwachstelle der Konjunktur bleibt der Immobiliensektor. Die Hauspreise sinken nach drei Jahren rückläufiger Entwicklung zwar nicht weiter, eine Erholung zeichnet sich aber nicht ab. Dies belastet nicht nur die Bauwirtschaft, sondern auch die Hypothekarkreditbanken und damit das gesamte Finanzsystem.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich langsam: Die Beschäftigung wurde leicht ausgeweitet, und die Erstanträge auf Arbeitslosengeld sanken zuletzt merklich. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote war im Februar mit 8,9% der Erwerbspersonen um mehr als 1 Prozentpunkt niedriger als zum Höchststand im Oktober 2009, allerdings um mehr als 4 Prozentpunkte höher als vor der Rezession. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit stützt die Konsumnachfrage der privaten Haushalte, diese lag im IV. Quartal real um 2,6% über dem Vorjahresniveau. Dazu trug auch ein leichter Rückgang der Sparquote auf 5,4% der verfügbaren Einkommen bei.

Zweigeteilte Konjunktur in der EU

In den EU-Ländern mit wettbewerbsfähiger Exportindustrie expandiert das BIP merklich, die Arbeitslosigkeit geht langsam zurück. Hingegen verharren jene Länder in der Rezession, die von Strukturproblemen in der Wettbewerbsfähigkeit und im Immobiliensektor sowie von einer besonders restriktiven Budgetpolitik geprägt sind.

In der EU flachte die Konjunkturerholung merklich ab. Im IV. Quartal wurde das BIP gegenüber dem Vorquartal real um nur noch 0,2% und gegenüber dem Vorjahr um 2,1% ausgeweitet. Dabei entwickelte sich die Wirtschaft in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich:

 

Abbildung 2: Internationale Konjunktur

Saisonbereinigt, 2005 = 100, gleitende Dreimonatsdurchschnitte

Q: Europäische Kommission, Deutsche Bundesbank, ISM (Institute for Supply ManagementTM), ifo (Institut für Wirtschaftsforschung), OECD. 1) Produzierender Bereich.

 

·          Industrieorientierte Volkswirtschaften, zu denen Deutschland, Österreich, die Benelux- und die skandinavischen Länder sowie Tschechien und die Slowakei zählen, expandierten merklich. Sie verfügen über eine sehr wettbewerbsfähige Industrie und profitieren von der Ausweitung des Imports in den asiatischen und lateinamerikanischen Schwellenländern. Der Aufschwung der Industriekonjunktur hielt zu Jahresende an, die Konjunkturumfragen der Europäischen Kommission lassen eine Fortsetzung darüber hinaus erwarten. Begünstigt von der Ausrichtung auf Investitionsgüter und Kraftfahrzeuge, erweist sich die deutsche Exportindustrie als besonders stark. Das BIP übertraf in Deutschland das Vorjahresniveau im IV. Quartal real um 4%, im Jahresdurchschnitt 2010 um 3,6%. Die günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt stützt zunehmend die Konsumnachfrage, die die traditionelle Schwachstelle der deutschen Konjunktur ist.

·          Hingegen verharren jene Länder in einer Rezession, die unter anhaltenden Problemen im Immobiliensektor, der Schwäche der Industrie und der teils sehr restriktiven Ausrichtung der Budgetpolitik leiden: In Griechenland etwa sank das BIP im IV. Quartal zum sechsten Mal in Folge und lag saisonbereinigt real bereits um 8% unter dem Niveau des II. Quartals 2009. In Spanien, Portugal, Irland und Rumänien stagnierte das BIP zuletzt, auch in Italien ist die Konjunktur sehr schwach.

Euro-Raum: Arbeitslosigkeit hoch, Inflation zieht an

Aufgrund der insgesamt schwachen Konjunktur liegt die Arbeitslosenquote im Euro-Raum noch immer nahe dem rezessionsbedingten Höchstwert. Die Inflationsrate überschritt zuletzt vor allem wegen der Energieverteuerung die 2%-Marke, die Kerninflation bleibt hingegen niedrig.

Die internationale Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise hatte einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit im Euro-Raum zur Folge; seither hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht entspannt. Im Jänner 2011 war die saisonbereinigte Arbeitslosenquote mit 9,9% der Erwerbspersonen um nur 0,2 Prozentpunkte niedriger als der Höchstwert vom Oktober 2010 und um 2,7 Prozentpunkte höher als der Tiefstand vom Februar 2008. Die Konjunkturerholung bleibt zu schwach, um eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt auszulösen. Allerdings zeigte sich die Zweiteilung der Konjunktur auch auf dem Arbeitsmarkt: In der Ländergruppe um Deutschland sank die Arbeitslosigkeit, während sie in den Ländern mit besonders restriktiver Budgetpolitik außerordentlich hoch blieb. In Spanien beträgt sie weiterhin über 20% der Erwerbspersonen.

Geprägt vom Preisdruck auf den internationalen Rohstoffmärkten zog die Inflationsrate im Euro-Raum in den letzten Monaten merklich an: Im Februar lag der HVPI laut Schnellschätzung von Eurostat um 2,4% über dem Niveau des Vorjahres. Die Erhöhung der Energiekosten war die wichtigste Determinante des Preisanstiegs auf Verbraucherebene, doch waren auch die Lebensmittelverteuerung und in einigen Ländern die Anhebung der Mehrwertsteuersätze relevant. Die Inflationsrate unterscheidet sich innerhalb des Euro-Raumes erheblich, sie reicht von stabilem Preisniveau in Irland bis 5% in Estland. Allerdings ist die Kerninflation (Anstieg der Verbraucherpreise ohne Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel) weiterhin sehr niedrig: Sie lag zuletzt bei 1,2%. Der konjunkturbedingte Preistrend bleibt demnach weiterhin deutlich unter der kritischen 2%-Marke.

Aufschwung der Industrie hält an

Die starke Ausweitung des Welthandels spiegelt sich in der kräftigen Industriekonjunktur in Österreich: Vor allem die Unternehmen der Investitionsgüter- und der Kfz-Industrie sind auch für die kommenden Monate sehr optimistisch.

In Österreich wird die Konjunkturerholung vom Export getragen. Er erhöht sich seit Mitte 2009 kräftig, im IV. Quartal 2010 übertraf die Güterausfuhr das Vorquartalsniveau saisonbereinigt real um 1,0% und den Tiefstand vom II. Quartal 2009 um 23%. Die heimischen Exportbetriebe profitieren von der regen Nachfrage auf den Weltmärkten vor allem durch die Zulieferung zur deutschen Exportwirtschaft. Die Ausfuhr dorthin wurde laut Außenhandelsstatistik von Jänner bis November 2010 gegenüber dem Vorjahr nominell um 17,2% ausgeweitet.

Die kräftige Exportnachfrage schlägt sich in einem starken Anstieg der Sachgüterproduktion nieder. Diese war im Jahr 2010 laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung real um 6,7% höher als im Vorjahr; im IV. Quartal betrug die Expansion 1,5% gegenüber dem Vorquartal und 8,9% gegenüber dem Vorjahr. Gemäß den Ergebnissen des WIFO-Konjunkturtests vom Februar wird der Aufwärtstrend in der heimischen Industrie anhalten: Die Produktionserwartungen erreichten mit einem Saldo aus positiven und negativen Meldungen von +21 Prozentpunkten einen Höchststand. Die Beurteilung der Auftragsbestände und der Auslandsaufträge durch die Unternehmen verbesserte sich weiter, die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten lässt auf eine Fortsetzung der positiven Entwicklung schließen. Besonders günstig ist die Konjunktur in der Herstellung von Investitionsgütern und in der Kraftfahrzeugbranche.

 

Abbildung 3: Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests

Salden aus positiven und negativen Meldungen in % der befragten Unternehmen, saisonbereinigt

Q: Europäische Kommission, WIFO-Konjunkturtest.

 

Ausrüstungsinvestitionen belebt, Rezession der Bauwirtschaft hält an

Der Anstieg der Kapazitätsauslastung zieht eine Belebung der Ausrüstungsinvestitionen nach sich. Hingegen hält die Flaute im Baubereich an, auch wegen der Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand.

Die Ausrüstungsinvestitionen (Maschinen, Fahrzeuge und Elektrogeräte) erreichten laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung die Trendwende zu Jahresbeginn 2010. Allerdings erholen sie sich bislang verhalten. Im IV. Quartal nahmen die Investitionsausgaben gegenüber dem Vorquartal real um 1,2% zu. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr betrug 8,6%, dazu trugen auch Vorzieheffekte wegen des Auslaufens von Steuerbegünstigungen bei. Die Bereitschaft der Unternehmen zu Erweiterungsinvestitionen verbessert sich angesichts der guten Auftragslage in der Industrie und der steigenden Kapazitätsauslastung.

In der Bauwirtschaft zeichnet sich hingegen keine Trendwende ab. Der Rückgang der Bauinvestitionen hielt laut Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung im Laufe des Jahres 2010 unvermindert an (IV. Quartal 2010 real 0,7% gegenüber dem Vorquartal, 3,0% gegenüber dem Vorjahr). Die Unternehmen des Tiefbaus leiden unter schlechter Auslastung. Im Wohnbau geht die Zahl der genehmigten geförderten Wohnungen zurück, vor allem unter dem Eindruck der Bemühungen der Länder zur Konsolidierung ihres Haushaltes.

 

Abbildung 4: Wirtschaftspolitische Eckdaten

Q: Arbeitsmarktservice Österreich, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, OeNB, Statistik Austria, WIFO-Berechnungen. 1) Unselbständig Beschäftigte ohne Bezug von Karenz- oder Kinderbetreuungsgeld, ohne Präsenzdienst, ohne Schulungsteilnahmen von Arbeitslosen mit Beihilfen zur Deckung des Lebensunterhalts.

 

Stabile Expansion der Konsumnachfrage

Die Ausgaben der privaten Haushalte wachsen wie für eine Erholungsphase typisch deutlich langsamer als das BIP.

Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte erweist sich auch im internationalen Vergleich als sehr stetig: Sie wurde in der Rezession real um etwa ¼% pro Quartal ausgeweitet und expandiert auch in der Konjunkturerholung weiter in diesem Ausmaß. Im IV. Quartal 2010 betrug der Anstieg 0,2% gegenüber dem Vorquartal und 0,7% gegenüber dem Vorjahr. Damit wächst die Konsumnachfrage nun wesentlich schwächer als das BIP. Als einzige Nachfragekomponente war sie in der Rezession nicht gesunken.

Die Umsätze des Einzelhandels entwickelten sich Ende 2010 gut (Dezember real +2,7% gegenüber dem Vorjahr). Insgesamt setzte der Einzelhandel arbeitstägig bereinigt im Jahr 2010 real um 2,1% mehr um als im Vorjahr; diese Rate war deutlich höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes (+0,8%) oder in Deutschland (+1,1%).

Inflationsbeschleunigung vor allem energiepreisbedingt

Aufgrund des Anstiegs der Rohölnotierungen auf dem Weltmarkt und der Anhebung der Mineralölsteuer überschritt die Inflationsrate in Österreich im Jänner 2011 die 2%-Marke. Der konjunkturbedingte Preisauftrieb ist aber weiterhin verhalten.

Die Inflationsrate lag laut Verbraucherpreisindex im Jänner 2011 bei 2,4%. Gut ein Drittel des Preisanstiegs gegenüber dem Vorjahr ging auf die Verteuerung von Mineralölprodukten zurück, die zum Teil eine Folge der Anhebung der Mineralölsteuer ist. Die Zunahme der Energiekosten schlug sich auch in einem Anstieg der Aufwendungen für das Wohnen nieder. Die Verteuerung von Nahrungsmitteln auf dem Weltmarkt schlägt seit Jahresende 2010 auf Verbraucherebene durch: Der Anstieg der Nahrungsmittelpreise (einschließlich Getränke) lag im Jänner bereits bei 2,6%, er trug 0,3 Prozentpunkte zur Inflationsrate bei. Die Großhandelspreise erhöhen sich deutlich rascher als jene auf Verbraucherebene (Februar +12,7% gegenüber dem Vorjahr).

Im Jänner lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex um 2,5% über dem Vorjahreswert. Die heimische Inflationsrate war damit nur wenig höher als im Durchschnitt des Euro-Raumes (+2,3%), allerdings weiterhin deutlich höher als in Deutschland (2%). Mit der Beschleunigung des Preisauftriebs gingen merkliche Reallohnverluste der Beschäftigten einher: Der Tariflohnindex erhöhte sich im Jänner gegenüber dem Vorjahr um nur 1,7% (ohne öffentlich Bedienstete +1,9%).

Weitere Erholung auf dem Arbeitsmarkt

Der Konjunkturauftrieb spiegelt sich auf dem Arbeitsmarkt: Saisonbereinigt lag die Zahl der Beschäftigten zu Jahresbeginn 2011 bereits über dem Vorkrisenniveau; jene der Arbeitslosen ist noch deutlich höher, auch sie geht allerdings merklich zurück.

Die Konjunkturerholung schlägt sich auch auf dem Arbeitsmarkt nieder: Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten stieg im Februar im Vergleich mit dem Vorjahr um 64.000. Sie ist wegen Umstellungen in der Beschäftigtenstatistik allerdings noch vorläufig. Um Saisoneinflüsse bereinigt übertraf die Zahl der Beschäftigten zu Jahresbeginn 2011 damit bereits wieder das Vorkrisenniveau.

Hingegen war die Zahl der Arbeitslosen noch deutlich höher als vor der Krise. Saisonbereinigt lag sie im Februar mit 241.000 um 31.000 unter dem Höchststand vom August 2009, allerdings noch immer um 36.000 über dem Tiefstand vom April 2008. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote betrug im Februar 6,6% der unselbständigen Erwerbspersonen laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode bzw. 4,3% der Erwerbspersonen laut Eurostat (Jänner).

 

Methodische Hinweise und Kurzglossar

Periodenvergleiche

Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI

Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www.statistik.at/).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest

Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote

Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote

Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Export Industry Growing Vigorously, Energy Price Increases Weighing on Economic Activity Summary

The upturn in the export and manufacturing sectors is driving the economic recovery in Austria. In the fourth quarter of 2010, real GDP expanded by 0.8 percent compared with the previous quarter and by 2.7 percent compared with a year before. Investment activity is beginning to pick up, however, not in the construction sector. Private consumption is growing steadily, albeit modestly. Supported by lively industrial activity, unemployment continues to decline slowly. Consumer price inflation is accelerating, reflecting soaring energy prices; this is the reason for a marked contraction in real wages per capita. 

The recovery of Austria's export industry from the recession continues to make headway. In December 2010, the seasonally adjusted manufacturing production index was 12 percent above the trough reached in May 2009; thus almost four fifths of the production decline registered since autumn 2008 have been made good. The upward trend is set to continue, according to the results of the WIFO business cycle survey of February: companies' production expectations are at a high level, having improved yet again at the beginning of the year, to a balance of +21 percentage points; incoming orders and the assessment of the business situation in six months reflect the positive sentiment.

The brisk upswing observed in Asian and Latin American emerging economies is the engine powering buoyant industrial activity. Their imports are driving world trade; in the fourth quarter of 2010, seasonally adjusted world trade volumes rose by 2.6 percent quarter-on-quarter, and by 11.3 percent year-on-year, in real terms. Austria's export industry benefits from the global expansion mainly through supplier relations with the world-market oriented German economy. German GDP is expanding vigorously, pulling along the economies of a number of industry-oriented EU countries. EU countries with persistent structural problems and a predominantly restrictive budget policy, by contrast, remain in recession. On euro-area average, the recovery is progressing only tepidly.

In the fourth quarter of 2010, Austrian merchandise exports expanded by 1.0 percent from the previous quarter, exceeding the trough in the second quarter of 2009 by 23 percent in seasonally adjusted terms. Equipment investment is beginning to pick up, reflecting rising exports and growing capacity utilisation in manufacturing. Construction investment, by contrast, continues to contract, also because the Länder are trimming spending on housing projects.

Private consumption in Austria grew slightly also during the recession and was thus an important stabilising factor for the economy. Now it continues to grow moderately; in the fourth quarter it rose by 0.2 percent compared with the previous quarter, and by 0.7 percent compared with a year before. This was largely due to the increase in employment: according to provisional estimates, 3.2 million people were in dependent active employment in February 2011, an increase by around 64,000 from a year before. A decisive factor here – apart from the steadily rising number of job offers in the services sectors – was the recovery of employment in industry. The number of unemployed persons continued to fall markedly at the beginning of the year. In February, 292,000 people were registered as unemployed, a decline by 21,000 from a year before. In seasonally adjusted terms, the number of unemployed persons stood at 241,000, 31,000 below the peak in August 2009. Thus only less than half of the increase in unemployment triggered by the recession has been offset so far.

The weak recovery in the euro area and the unstable financial system have so far been regarded as the highest risks facing the economy. On top of that, commodity prices are now soaring. At the beginning of March, the price of Brent crude exceeded $ 110 per barrel, compared with still just under $ 80 a year earlier. World market prices of agricultural and metal raw materials have also increased strongly. This has already fed through into consumer prices: in January, inflation in Austria reached 2.4 percent. More than one third of this price rise was a result of the increase of mineral oil product prices (fuels and heating oil). In February, wholesale prices were 12.7 percent above their year-earlier level. Hence the increase in consumer prices already exceeded the increase in negotiated wages by ¾ percentage point.