Rezession trifft die Versicherungswirtschaft
abgemildert
Waren die Veranlagungsergebnisse
der Privatversicherungswirtschaft im Gefolge der Finanzmarktkrise 2008 gesunken,
so erreichte die Rezession den Sektor 2009 in abgemilderter Form. Vor allem in der
Kfz-Versicherung und in der gewerblichen Versicherung verursachte die Nachfrageschwäche
vermehrten Preisdruck und letztlich einen Rückgang der Prämieneinnahmen. Wegen der
niedrigen Zinssätze auf dem Kapitalmarkt und für Spareinlagen wurden die Einmalerläge
in der Lebensversicherung ausgeweitet, das Geschäft mit laufenden Prämien nahm hingegen
ab. Die Abschreibungen von Kapitalanlagen verringerten sich 2009 erheblich, sodass
der Überschuss aus der Finanzgebarung in allen drei Versicherungsabteilungen wieder
gesteigert werden konnte.
Begutachtung: Christine Mayrhuber•
Wissenschaftliche Assistenz: Ursula Glauninger • E-Mail-Adressen: Thomas.Url@wifo.ac.at, Ursula.Glauninger@wifo.ac.at
INHALT
Versicherungsaufsicht wird in der EU neu
organisiert
Versicherungspreise 2009 überdurchschnittlich
angehoben
Anteil der Lebensversicherung am Geldvermögen
steigt leicht
Ausgabendynamik in der Krankenversicherung
erstmals gedämpft
Einbußen der gewerblichen und
Kfz-Versicherungen
Leicht steigende Renditen in der
Kapitalveranlagung
VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND
ABBILDUNGEN
Übersicht 1: Abgegrenzte Bruttoprämien
Übersicht 2: Privatversicherungsformen im Warenkorb des Verbraucherpreisindex 2005
Übersicht 3: Lebensversicherung
Übersicht 4: Private Krankenversicherung
Übersicht 5: Schaden- und Unfallversicherung
Übersicht 6: Renditen der versicherungswirtschaftlichen Kapitalanlagen
Abbildung 1: Verteilung des privaten Geldvermögens im IV. Quartal 2009
Die Prämieneinnahmen der
österreichischen Privatversicherungswirtschaft stagnierten 2009 und zeigten sich
gegenüber dem Wirtschaftsabschwung vergleichsweise robust. Trotzdem war 2009 eines
der schlechtesten Jahre in der jüngsten Vergangenheit; nur 1997 waren die Prämieneinnahmen
im Gefolge der steuerlichen Schlechterstellung von Lebensversicherungen und wegen
des hohen Preisdrucks in der Sachversicherung geschrumpft. Die Einnahmen der Versicherungswirtschaft
reagierten damit auf das schwierige wirtschaftliche Umfeld (BIP –3,1%); dennoch stieg die Versicherungsdurchdringung
nach der negativen Entwicklung der letzten Jahre deutlich auf 6% (Übersicht 1).
Die Verteilung der Prämieneinnahmen auf die drei Versicherungsabteilungen verschob
sich wegen der Einbußen in der Kfz-Versicherung zu den Lebens- und Krankenversicherungen.
Versicherungsunternehmen
aus dem EWR haben im Rahmen des Binnenmarktes direkten Zugang auf den österreichischen
Markt, d. h. sie unterstehen nicht mehr der österreichischen Aufsichtsbehörde, sondern
werden von der zuständigen Behörde ihres Stammsitzlandes beaufsichtigt. Nach einer
Anmeldung bei der FMA kann die Geschäftstätigkeit in Österreich aufgenommen werden.
Im Jahr 2009 nahm die Zahl ausländischer Versicherungsunternehmen, die im Rahmen
einer Zweigniederlassung in Österreich tätig waren, auf 23 ab (2008: 25). Hingegen
stieg die Zahl der gemeldeten Versicherer im direkten Dienstleistungsverkehr auf
804 (2008: 761). Daten über die Prämieneinnahmen der ausländischen Versicherer in
Österreich werden der Finanzmarktaufsicht von den jeweiligen Behörden der Stammsitzländer
gemeldet und stehen nur mit einer erheblichen Verzögerung zur Verfügung. 2007 nahmen
ausländische Versicherungsunternehmen im Wege der Niederlassungsfreiheit 327,8 Mio.
€ und im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs 580,2 Mio. € ein. Aus dem Vergleich
mit dem Prämienwachstum der österreichischen Versicherer auf dem Heimmarkt von 1,9%
(2007, verrechnete inländische Prämien) ergab sich also eine deutliche Steigerung
des Marktanteils ausländischer Direktversicherer.
Die aktuelle Vorschau des
Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) zeichnet für das Jahr 2010
ein verhaltenes Bild.
Die aktuelle Vorschau des
Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) zeichnet für das Jahr 2010
ein verhaltenes Bild. Die Branchenvertreter rechnen 2010 mit einer Prämienzunahme
von insgesamt 1,7%. Die Gesamtentwicklung wird von der wenig dynamischen Lebensversicherung
(+1,2%) und einem neuerlichen Rückgang der Kfz-Versicherung bestimmt (–1%); selbst im Bereich der Krankenversicherung erwartet
der VVO nur ein unterdurchschnittliches Prämienwachstum (+2,8%). Mit Ausnahme der
Lebensversicherung teilen die österreichischen Versicherer diese Einschätzung in
der Herbstumfrage des WIFO; für die Lebensversicherung erwarten die Unternehmen
etwas höhere Umsatzzuwächse (+2,5%).
|
|||||
Übersicht 1: Abgegrenzte Bruttoprämien |
|||||
|
|||||
Alle Sparten |
Lebensversicherung |
Krankenversicherung |
Schaden- und Unfallversicherung |
Versicherungsdurchdringung1) |
|
Mio. € |
In % des gesamten Prämienvolumens |
In % des BIP |
|||
|
|||||
2005 |
17.226 |
41,2 |
8,2 |
50,6 |
6,21 |
2006 |
17.489 |
40,9 |
8,3 |
50,8 |
6,00 |
2007 |
17.865 |
40,3 |
8,3 |
51,3 |
5,77 |
2008 |
18.107 |
40,6 |
8,5 |
50,8 |
5,69 |
2009 |
18.108 |
40,9 |
8,8 |
50,3 |
5,96 |
Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, Statistik Austria.
– 1) Auf Basis verrechneter direkter
inländischer Prämien. |
|||||
|
Auch in Westeuropa verschob
sich 2009 die Versicherungsnachfrage zu Lebensversicherungen mit garantierten Gewinnzusagen.
Die Struktur der Versicherungsnachfrage
entwickelte sich in Westeuropa ähnlich wie in Österreich. Swiss Re erstellt jährlich
eine weltweite Übersicht zu den Prämieneinnahmen in der Lebens- und der Nicht-Lebensversicherung.
Für diesen internationalen Vergleich werden alle nationalen Meldungen in eine einheitliche
Währung umgerechnet und um die Preisentwicklung bereinigt. Dadurch werden rein inflationsbedingte
Prämienanpassungen korrigiert und eine einheitliche Vergleichsgrundlage geschaffen,
die jedoch Wechselkursschwankungen enthält. Auf dieser Grundlage nahmen die Prämien
in der westeuropäischen Lebensversicherung 2009 um 4,1% zu; in der Nicht-Lebensversicherung,
zu der auch die Krankenversicherung zählt, war das Prämienvolumen jedoch leicht
rückläufig (–0,5%). Das durchschnittliche
Wachstum des westeuropäischen Lebensversicherungsmarktes war 2009 jedoch von der
stark divergierenden Entwicklung in einzelnen Ländern geprägt. Während der Markt
in Großbritannien, den Niederlanden, in Irland und Belgien durch den Einbruch der
fondsgebundenen Lebensversicherung schrumpfte, wurde er in Kontinentaleuropa deutlich
ausgeweitet. Dazu trug der Aufschwung der in diesen Ländern traditionell beliebten
klassischen Lebensversicherungen mit attraktiver garantierter Mindestgewinnbeteiligung
bei.
In Ostmitteleuropa leiden
die Versicherungsmärkte unter dem Konjunktureinbruch und dem Schuldenabbau der privaten
Haushalte.
Die Versicherungsmärkte
in Ostmitteleuropa boten österreichischen Versicherungsunternehmen in den letzten
zwei Jahrzehnten eine attraktive Gelegenheit zur Internationalisierung der Geschäftstätigkeit.
Niedrige Versicherungsdurchdringung und dynamische Wachstumsaussichten bereiten
zwar nach wie vor ein interessantes Umfeld, die Wirtschaftskrise und der hohe Verschuldungsgrad
privater Haushalte – teilweise in Fremdwährung
und mit Abwertungsverlusten – erzeugten
jedoch 2009 ungünstige Rahmenbedingungen, die mit einem Markteinbruch (im Durchschnitt
–20%) einhergingen. Besonders in Polen, dem Baltikum
und Ungarn entwickelten sich die Lebensversicherungen 2009 schlecht, in Tschechien
stagnierte das inflationsbereinigte Prämienvolumen in gemeinsamer Währung. Kräftig
sank auch das Prämienaufkommen in der Nicht-Lebensversicherung (–7,5%). Die tiefe Wirtschaftskrise im Baltikum und
in der Ukraine traf die Nicht-Lebensmärkte in diesen Ländern erheblich (–15% bzw. –26%).
Obwohl sich die Wirtschaftskraft erstaunlich rasch erholt, dürften die günstigen
Grundvoraussetzungen auch in den nächsten Jahren durch den fortschreitenden Schuldenabbau
der privaten Haushalte überlagert werden.
Die Europäische Kommission
intensivierte im Gefolge der Finanzmarktkrise ihre Bemühungen um eine verstärkte
Zentralisierung der Beaufsichtigung von Finanzdienstleistern auf dem Binnenmarkt.
Dazu wurden Vorschläge zur Einrichtung eines European Systemic Risk Board (COM(2009)
499 final), zur Beauftragung der Europäischen Zentralbank mit unterstützenden Aktivitäten
für das Systemic Risk Board (COM(2009) 500 final) und zur Einrichtung von drei europäischen
Aufsichtsorganen jeweils für Kreditinstitute (European Banking Authority, EBA; COM(2009)
501 final), Versicherungsunternehmen (European Insurance and Occupational Pensions
Authority – EIOPA; COM(2009) 502 final)
und Wertpapiere bzw. Wertpapiermärkte (European Securities and Markets Authority
– ESMA; COM(2009) 503 final) vorgelegt. Die "Omnibus-Richtlinie"
(COM(2009) 576 final) passt mehrere Richtlinien im Hinblick auf die drei neuen Aufsichtsbehörden
im European System of Financial Supervisors an. Für die Versicherungswirtschaft
wird mit der EIOPA eine zentrale Organisation für die nationalen Aufsichtsbehörden
eingerichtet.
Die Finanzmarktkrise beschleunigt
die Zentralisierung der Versicherungsaufsicht in Europa und wertet das "Lamfalussy-Komitee"
auf. Die European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA soll nationale Interessen ausgleichen.
Die Analyse der Finanzmarktkrise
durch die Europäische Kommission erbrachte eine Reihe von Schlussfolgerungen über
die Beaufsichtigung von Finanzintermediären. Die Kommission erwartet sich von einer
stärker zentralisierten Beaufsichtigung einen Mechanismus, der zu bestmöglichen
aufsichtsrechtlichen Entscheidungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen führt.
Während der Finanzmarktkrise waren sowohl der Informationsaustausch als auch die
Kommunikation zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden unzureichend; für Unternehmen
in einer Krisensituation wurden – trotz der
europäischen Dimension der Problemlage – nur
nationale Lösungsansätze gefunden. Die EIOPA soll gemeinsame europäische Aktionen
im Bereich der Versicherungsaufsicht ermöglichen und die nationalen Aufsichtsbehörden
um eine zentrale Einheit ergänzen, die mit umfangreicheren Rechten ausgestattet
ist als das Lamfalussy-Komitee (Lamfalussy,
2001).
Zu den größten Herausforderungen
für EIOPA zählt sicher der Ausgleich zwischen den Interessen der Aufsichtsbehörde
des Stammsitzlandes (in dem ein Versicherer beaufsichtigt wird) und den Interessen
der Aufsichtsbehörde des Gastlandes (in dem ein Versicherer tätig ist). Dieser Interessensgegensatz
trat im Zuge der Krise des Versicherungsunternehmens AIG aus den USA zu Tage: AIG
konnte nur durch massive Eigenkapitalzufuhr durch das Finanzministerium der USA
vor dem Konkurs bewahrt werden, wobei europäische Kreditinstitute zu den größten
Nutznießern der Rettungsaktion zählten. Neben dem Interessenausgleich soll EIOPA
auch allgemeine, bereits von Lamfalussy
(2001) geforderte Ziele besser erfüllen. Dazu zählen der Ausgleich der Wettbewerbsbedingungen
auf den Versicherungsmärkten einzelner Mitgliedsländer, die Verbesserung von Krisenvorsorge
und Krisenmanagement auf dem europäischen Niveau, die Einrichtung von Colleges für
die grenzüberschreitende Beaufsichtigung, die Herstellung der Aufsichtskonvergenz
und die Erhöhung der Effizienz der Aufsichtsbehörden.
EIOPA wird gemäß den Vorschlägen
der Kommission alle bereits vom Lamfalussy-Komitee der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörden
(CEIOPS) betreuten Agenden übernehmen und zusätzlich technische Standards für ein
einheitliches europäisches Regelbuch entwickeln. EIOPA soll die konsistente Umsetzung
der EU-Regeln gewährleisten und bei einem Konflikt zwischen nationalen Aufsichtsbehörden
als Mediator auftreten sowie eine Beilegung des Konflikts herbeiführen. Im grenzüberschreitenden
Krisenfall soll EIOPA den Entscheidungsfindungsprozess koordinieren und damit eine
gemeinschaftliche Sichtweise der Beaufsichtigung im Binnenmarkt gewährleisten. Im
Gegensatz zur European Securities and Markets Authority hat die EIOPA jedoch keine
Rechte zur direkten Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Einheiten.
Der Aufbau eines europäischen
Versicherungs-Garantie-Systems gefährdet das bewährte Sicherungssystem des Deckungsstockes.
Eine weitere Initiative
der Europäischen Kommission betrifft den Konsumentenschutz. In einem Weißbuch (COM(2010)
370 final) beschreibt die Kommission ihre Vorstellungen über ein Versicherungs-Garantie-System,
das im Konkursfall die Forderungen der Versicherten gegenüber dem Versicherer begleichen
würde. Ein vergleichbares Instrument wäre in Österreich die Spareinlagensicherung.
Von den 30 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes haben derzeit nur 12 ein allgemeines
Versicherungs-Garantie-System, sodass etwa ein Viertel der Prämien in der Lebensversicherung
und etwas mehr als die Hälfte der Prämieneinnahmen in der Nicht-Lebensversicherung
in keinem Garantiesystem erfasst sind. Die bestehenden Garantiesysteme sind überdies
nicht nach gemeinschaftlichen Regeln ausgerichtet und erzeugen dadurch ungleiche
Wettbewerbsbedingungen im grenzüberschreitenden Angebot von Versicherungsdienstleistungen.
Die Europäische Kommission bemängelt zusätzlich einen Mangel an Effektivität und
Gleichwertigkeit im Hinblick auf den Konsumentenschutz auf dem Binnenmarkt und möchte
durch Mindestvorgaben für ein Versicherungs-Garantie-System dieses Defizit korrigieren.
Aus österreichischer Sicht
erscheint ein solches Garantiesystem derzeit unnötig, weil das österreichische Versicherungsaufsichtsrecht
einen aktuarisch berechneten Deckungsstock vorschreibt, der die versicherungstechnischen
Rückstellungen verpflichtend mit einem Anlagevermögen deckt. Der Deckungsstock ist
zudem als Sondervermögen deklariert und dient ausschließlich zur Befriedigung der
Ansprüche von Versicherten im Fall einer Schieflage des Versicherungsunternehmens.
Zusätzlich wird er durch einen von der Finanzmarktaufsicht bestellten Treuhänder
beaufsichtigt.
Interessanterweise erwägt
das Weißbuch der Kommission das im deutschen Sprachraum bewährte Instrument des
Deckungsstockes nicht als mögliche Alternative zu einem Versicherungs-Garantie-System,
sondern verweist auf tatsächlich inferiore Alternativen wie fallbezogene staatliche
Eingriffe, Regulierung nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht mit unternehmensbezogenem
Risikomanagement sowie einen bevorzugten Status der Versicherten in der Konkursabwicklung.
Die Nachteile einer Garantielösung – wie
etwa die Frage des Konkurses nationaler Großunternehmen oder des moralischen Risikos,
welches Unternehmen zu einer riskanteren versicherungstechnischen Kalkulation verleitet
– bleiben unberücksichtigt. Aus Sicht der österreichischen
Versicherungswirtschaft und der Versicherungskunden besteht hier ein großes Potential
für eine Fehlentwicklung, die das hohe Ausmaß an Konsumentenschutz in Österreich
vermindern könnte.
Die Umsetzung der Richtlinie
"Solvency II" wird das Rückstellungserfordernis österreichischer Versicherer
verringern und den Eigenkapitalbedarf erhöhen.
In Zukunft könnte jedoch
ein Versicherungs-Garantie-System auch für Österreich relevant werden, weil die
Richtlinie "Solvency II" die Berechnung der Eigenkapitalvorschriften von
Versicherungsunternehmen nicht mehr wie bisher an den Vorgaben des UGB (kaufmännische
Vorsicht) ausrichtet. Insbesondere sollen die versicherungstechnischen Rückstellungen
marktkonsistent ermittelt werden; in der Folge wird der Bestand an Rückstellungen
niedriger sein als nach dem Vorsichtsprinzip (FMA, 2010). Wie die Feldstudie QIS 4.5 der Finanzmarktaufsicht ergab,
sinkt der Rückstellungsbedarf in der Lebensversicherung gegenüber den bisher relevanten
Vorschriften des UGB um etwa 5%, in der Krankenversicherung um knapp 20% und in
der Schaden-Unfallversicherung sogar um etwa ein Drittel. Die Vorgaben für die Berechnung
des Deckungsstockes sind davon noch nicht betroffen, weil der Gesetzgeber auch weiterhin
die Regeln des UGB dafür vorschreiben kann. In diesem Fall würde jedoch die internationale
Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Versicherungswirtschaft sinken. Im Fall
der Bindung an marktkonsistente versicherungstechnische Rückstellungen wird der
Konsumentenschutz weniger umfangreich sein als bisher. Als Ausgleich für die marktkonforme
Bewertung der Rückstellungen steigt das Eigenkapitalerfordernis. Unter den Teilnehmern
an QIS 4.5 sind nur zwei Unternehmen, deren Eigenkapitalerfordernis sich verringern
würde, für die anderen Versicherer beträgt es das 1,2- bis 12-Fache des aktuellen
Eigenkapitals. Die FMA (2010) betont,
dass die österreichischen Versicherungsunternehmen über zusätzlich anrechenbare
Eigenmittel – wie etwa die Schwankungsrückstellung
– ausreichend mit Eigenkapital versorgt sind. Zum
Abschluss der Untersuchungen werden heuer europaweit die Auswirkungen von "Solvency
II" unter den verschärften Level-2-Advices von CEIOPS – der Vorgängerorganisation von EIOPA – in einer Nachfolgestudie QIS 5 getestet.
Die Inflationsrate für
das typische Konsumbündel privater Haushalte reagierte 2009 stark auf den Rückgang
der Wirtschaftsaktivität. Weil der Druck der Rohstoffverteuerung wegfiel, machte
sich die Nachfragelücke voll bemerkbar, sodass der Preisanstieg mäßig war (Übersicht
2). Im Gegensatz zum allgemeinen Warenkorb beschleunigte sich der Preisauftrieb
von Versicherungsprodukten, deren Beitrag zur Inflationsrate laut VPI sich damit
mehr als verdoppelte.
Die Preisentwicklung der
Versicherungen erwies sich als wenig konjunkturempfindlich. Das gilt besonders für
die Krankenzusatz- und die Kfz-Teilkaskoversicherung. Die Teilkaskoversicherung
trug 2008 durch rückläufige Preise noch zur Dämpfung der Inflationsrate bei, 2009
wurde ein Teil der Preisnachlässe jedoch wieder wettgemacht. Im Bereich der Haushalts-
und Eigenheimversicherungen waren bereits 2008 überdurchschnittlich hohe Preissteigerungen
zu verzeichnen gewesen, die sich 2009 weiter beschleunigten. Die heimischen Kfz-Versicherungen
senkten die Preise von Rechtschutzversicherungen; in der Haftpflichtversicherung
verlangsamte sich der Preisauftrieb.
Übersicht 2: Privatversicherungsformen
im Warenkorb des Verbraucherpreisindex 2005 |
||||||||
|
|
|||||||
Gewicht |
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
20101) |
||
Bis 2005 |
Ab 2006 |
|||||||
In % |
Veränderung gegen das Vorjahr in % |
|||||||
|
||||||||
Tarifprämien |
||||||||
Hausratsversicherung |
0,650 |
0,299 |
+2,6 |
+2,2 |
+1,1 |
+3,6 |
+3,8 |
+2,0 |
Bündelversicherung für Eigenheim |
0,337 |
0,665 |
+5,5 |
+1,0 |
+4,5 |
+4,2 |
+5,6 |
+1,6 |
Krankenzusatzversicherung |
1,294 |
1,831 |
+3,6 |
+3,2 |
+3,1 |
+1,4 |
+2,7 |
+2,3 |
Kfz-Haftpflichtversicherung (Pkw) |
1,150 |
1,001 |
+5,4 |
–2,4 |
–0,6 |
+2,9 |
+2,4 |
+1,9 |
Kfz-Rechtschutzversicherung |
0,133 |
0,087 |
+2,2 |
+1,8 |
+0,1 |
+2,0 |
–1,2 |
±0,0 |
Kfz-Teilkaskoversicherung |
0,352 |
0,584 |
–4,7 |
–9,8 |
+2,1 |
–5,4 |
+3,3 |
+5,8 |
|
||||||||
Privatversicherungsformen insgesamt |
3,914 |
4,466 |
+3,3 |
–0,2 |
+2,1 |
+1,4 |
+3,1 |
+2,5 |
Verbraucherpreisindex insgesamt |
+2,3 |
+1,5 |
+2,2 |
+3,2 |
+0,5 |
+1,7 |
||
Beitrag der Privatversicherungsformen Prozentpunkte |
+0,13 |
–0,01 |
+0,10 |
+0,06 |
+0,14 |
+0,11 |
||
Q: Statistik Austria. – 1) Jänner bis August. |
||||||||
|
Teilweise können die Preissteigerungen
durch überdurchschnittliche Schadenquoten erklärt werden, z. B. in den Bereichen
Einbruchdiebstahl, Leitungswasser- und Sturmschaden. Die Schadenquote gibt das Verhältnis
von Versicherungsleistungen zu Prämieneinnahmen an; Werte über 100 zeigen, dass
im Branchendurchschnitt die Leistungen größer als die Prämieneinnahmen waren. Die
Schadenquote ist daher ein guter Indikator für den Preisanpassungsbedarf eines Versicherungsproduktes.
In der Einbruchdiebstahlversicherung erreichte die Schadenquote mit 104,4% einen
neuen Höchstwert, und in der Sturmschadenversicherung war sie fast so hoch wie im
Katastrophenjahr 2000. Im Gegensatz dazu lag die Schadenquote in der Kfz-Versicherung
unter dem langjährigen Durchschnitt, sodass dort eine gewisse Beruhigung der Preisentwicklung
erwartet werden kann. Die Erhebungen bis zum August des laufenden Jahres lassen
auch für 2010 eine überdurchschnittliche Inflationsrate für Versicherungsprodukte
erwarten.
Während die Versicherungspreise
im VPI überdurchschnittlich anzogen, sanken die Durchschnittsprämien teilweise deutlich.
Rabatte, Selbstbehalte,
Prämienrückerstattungen, Änderungen der Versicherungssumme und Bewegungen zwischen
den Bonusstufen der Kfz-Versicherung werden in der Erhebung der Verbraucherpreise
nicht berücksichtigt. Wegen mannigfaltiger Zusatzvereinbarungen in den Polizzen
ist die Entwicklung der Preise von Versicherungsprodukten schwierig zu messen. Ein
alternativer Indikator sind die durchschnittlichen Prämien je Risiko. Sie vermitteln
einen Eindruck von der unterschiedlichen Preissetzungsfähigkeit der Versicherer
und berücksichtigen die meisten der angeführten Preisnachlässe. Im Gegensatz zum
VPI waren die Durchschnittsprämien 2009 stabil oder sanken sogar. In der Kfz-Kaskoversicherung
war 2009 ein Einbruch um 17% zu verzeichnen, und in der für die Branche wichtigen
Kfz-Haftpflichtversicherung verminderte sich die Durchschnittsprämie um 4%. In der
gesamten Schadenversicherung nahm die Durchschnittsprämie um 0,3% ab.
Die österreichischen Privathaushalte
verringerten 2009 ihren Vermögensaufbau gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel auf
+14 Mrd. €. Niedrige Zinssätze machten den Vermögensaufbau unattraktiv, gleichzeitig
verunsicherten die hohen Preisschwankungen auf den Finanzmärkten die Anleger. Die
privaten Haushalte reagierten mit einer Senkung der Sparquote und einer deutlichen
Umschichtung zu liquiden und ungebundenen Einlagen bei inländischen Kreditinstituten.
2009 legten sie insgesamt 7,5 Mrd. € als Einlagen in inländischen Kreditinstituten
an und schichteten insgesamt etwa 6 Mrd. € von Termin- zu täglich fälligen Einlagen
um. Bargeld und Einlagen waren auch 2009 die wichtigsten Veranlagungsformen, doch
mit Ausnahme der direkt gehaltenen festverzinslichen Wertpapiere erhöhte sich der
Anteil aller anderen Veranlagungsformen am Geldvermögen, großteils durch Wertsteigerungen
in der zweiten Jahreshälfte (Abbildung 1).
Aufgrund der Ausweitung der
Einmalerläge nahmen die Prämieneinnahmen in der Lebensversicherung 2009 leicht zu.
Unter den Rahmenbedingungen
einer allgemein erhöhten Unsicherheit und niedriger Zinssätze konnte die Lebensversicherung
mit attraktiven Angeboten die abgegrenzten Prämieneinnahmen etwas (Übersicht 3)
und – durch eine Anhebung der Selbstbehaltquote – die Nettoprämien deutlicher steigern. Obwohl insgesamt
um 1,7% weniger Verträge neu gezeichnet wurden als im Vorjahr, wurden die Einmalerläge
erheblich gesteigert (+8,4%). Vorsorgeprodukte der klassischen Lebensversicherung
mit laufender Prämie verzeichneten hingegen rückläufige Einzahlungen. Eine weitere
Folge der schlechten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war die Abnahme der Neuverschuldung
der österreichischen Privathaushalte auf nur +1,1 Mrd. € (–65% gegenüber dem Vorjahr), die vor allem der Finanzierung
von Wohnbauinvestitionen diente. Die Versicherer spürten diese Entwicklung nur sehr
abgeschwächt in Form eines deutlichen Rückgangs der Neuverträge in der Kreditrestschuldversicherung
(–50.000), wobei die Versicherungssumme (–1,8%) nur geringfügig unter dem Vorjahreswert blieb.
|
Abbildung 1: Verteilung des privaten Geldvermögens im IV. Quartal 2009 |
|
Q: OeNB. Gesamtes Geldvermögen: 439,9 Mrd. €. |
|
Trotz der deutlichen Verbesserung
des Veranlagungsergebnisses waren die Überschüsse aus der Finanzgebarung 2009 nach
wie vor unterdurchschnittlich.
Die Entwicklung auf den
Finanzmärkten war 2009 von weiteren Spannungen gekennzeichnet, die vor allem durch
die Staatsschuldenkrise in der EU angefacht wurden. Die steigende Unsicherheit über
die Zahlungsfähigkeit einiger Euro-Länder bewirkte eine Abwertung des Euro gegenüber
dem Dollar und eine Flucht in Staatsanleihen mit hoher Bonität. Der Benchmark-Zinssatz
für deutsche Bundesanleihen sank z. B. um 75 Basispunkte auf 3,3%, während jener
für griechische Staatsanleihen von 4,8% auf 5,2% zunahm. Die Aktienpreise erreichten
im März 2009 einen Tiefstand und erholten sich im Laufe des Jahres. In diesem Umfeld
konnte die Versicherungswirtschaft ihr Finanzergebnis gegenüber dem Vorjahr deutlich
verbessern; der Überschuss aus der Finanzgebarung lag aber noch immer unter den
Werten vor der Finanzmarktkrise (Übersicht 3).
Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge
erwies sich 2009 als Wachstumsmotor der Lebensversicherung.
Die prämienbegünstigte
Zukunftsvorsorge ist nach wie vor ein Wachstumsmotor für die Lebensversicherung.
Während die Zahl der Verträge in der fondsgebundenen Lebensversicherung 2009 rückläufig
war, stieg sie im Teilbereich der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge um 109.000.
Die Neuverträge mit einer prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge wurden 2009 nahezu
ausschließlich von Lebensversicherungen gezeichnet; die Investmentfonds konnten
kaum Neuverträge abschließen. Dadurch stieg der Marktanteil der Versicherungswirtschaft
auf 91,9%. Das Prämienvolumen der Lebensversicherer betrug 887 Mio. € (+8%), wobei
die durchschnittliche Prämie pro Vertrag mit 670 € konstant blieb. Die Rahmenbedingungen
der prämiengeförderten Zukunftsvorsorge werden jährlich automatisch angepasst. Für
das Jahr 2010 wurde die staatliche Prämie auf Einzahlungen mit 9% festgesetzt, die
Höchstgrenze für die geförderte Prämieneinzahlung beträgt 2.264 €. Die Prämie wird
2011 voraussichtlich auf 8,5% der Einzahlungen gesenkt, der geförderte Höchstbetrag
wird auf etwa 2.310 € angehoben werden.
Neben den Eckwerten für
die Bemessung der staatlichen Prämie wurden mit Jahresbeginn 2010 auch die Veranlagungsrichtlinien
für das Vermögen in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge angepasst. Die Mindestaktienquote
wurde von 40% des Vermögens auf 30% gesenkt; die Verpflichtung zur Veranlagung auf
unterentwickelten Aktienmärkten blieb davon unberührt. Für Neuverträge ab dem 1.
Jänner 2010 besteht im "Lebenszyklusmodell" die Möglichkeit zum stufenweisen
Abbau der Mindestaktienquote mit zunehmendem Alter: In diesem Modell sinkt die Mindestaktienquote
mit dem 45. Lebensjahr auf 25% und mit dem 55. Lebensjahr weiter auf 15%. Versicherte
mit einem älteren Vertrag können in das neue Lebenszyklusmodell wechseln. Das neue
Modell könnte angesichts der Pressemeldungen über die Sperre einiger Garantiefonds
(Die Presse, 27. Dezember 2009) beliebt werden: Bis Ende 2009 wurden 26 Garantiefonds
wegen Kursverlusten ausgestoppt; 14 davon hatten Mittel aus der prämienbegünstigten
Zukunftsvorsorge verwaltet. Diese Fonds dürfen nur noch in risikolose Wertpapiere
investieren und können damit nicht mehr an künftigen Kurssteigerungen auf dem Aktienmarkt
partizipieren. Die nach dieser Sperre in die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge
eingezahlten Prämien werden in anderen Fonds veranlagt und sind von der Sperre nicht
betroffen.
Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise
wurde die Mindestaktienquote in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gesenkt.
|
||||||
Übersicht 3: Lebensversicherung |
||||||
|
||||||
Bruttoprämien |
Nettoprämien1) |
Selbstbehaltquote |
Überschuss aus der Finanzgebarung |
Aufwendungen für Versicherungsfälle |
Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen |
|
Abgegrenzt |
||||||
Mio. € |
In % |
Mio. € |
||||
|
||||||
2005 |
7.096 |
6.790 |
95,7 |
2.600 |
3.480 |
5.277 |
2006 |
7.157 |
6.844 |
95,6 |
2.604 |
4.011 |
4.336 |
2007 |
7.204 |
6.907 |
95,9 |
2.425 |
4.992 |
3.043 |
2008 |
7.359 |
7.076 |
96,1 |
1.641 |
5.473 |
814 |
2009 |
7.398 |
7.188 |
97,2 |
1.883 |
5.799 |
3.256 |
|
||||||
Veränderung gegen das Vorjahr in % |
||||||
|
||||||
2005 |
+16,1 |
+17,1 |
+0,8 |
+15,2 |
+5,7 |
+39,4 |
2006 |
+0,9 |
+0,8 |
–0,1 |
+0,1 |
+15,3 |
–17,8 |
2007 |
+0,7 |
+0,9 |
+0,3 |
–6,9 |
+24,5 |
–29,8 |
2008 |
+2,2 |
+2,4 |
+0,3 |
–32,3 |
+9,6 |
–73,2 |
2009 |
+0,5 |
+1,6 |
+1,1 |
+14,7 |
+5,9 |
+299,9 |
Q: Finanzmarktaufsicht Österreich. – 1) Geschätzt. |
||||||
|
Auch 2009 wurden die versicherungstechnischen
Rückstellungen unterdurchschnittlich ausgeweitet.
Die Aufwendungen für Versicherungsleistungen
entwickelten sich weniger dynamisch als in den Vorjahren. Das Leistungsniveau erreichte
2009 dennoch einen Höchstwert. Nach dem überraschend deutlichen Einbruch im Vorjahr
erholte sich der Aufbau der versicherungstechnischen Rückstellungen 2009, doch blieb
er auch im Mittel der Jahre 2008 und 2009 unter dem langjährigen Durchschnitt. Diese
Politik ermöglichte es den Versicherungsunternehmen, ihr EGT auf 161 Mio. € zu steigern.
In Bezug auf das Eigenkapital entspricht das einer Eigenkapitalrendite von 4,9%.
In der Krankenversicherung
nehmen die Prämieneinnahmen stetig zu (Übersicht 4), während die Leistungen beträchtlich
schwanken. Zum Teil kann die gleichmäßige Einnahmenentwicklung durch die regelmäßige
Zunahme der Risken in der Krankenversicherung erklärt werden, doch dieser Mengeneffekt
wurde in den letzten Jahren immer kleiner, und 2009 stagnierte die Zahl der gezeichneten
Risken sogar (+0,1%). In der Krankenzusatzversicherung wurden die Preise 2009 beträchtlich
angehoben (Übersicht 2). Aus dem Vergleich zwischen dem geringen Zuwachs versicherter
Risken und der merklichen Zunahme der Prämieneinnahmen ergäbe sich die Schlussfolgerung,
dass vor allem Preiserhöhungen für die Ausweitung der Umsätze bestimmend waren:
Die Prämie je Risiko nahm 2009 um 3,5% zu.
Versuche zur Kostendämpfung
zeigen in der Krankenversicherung erste Erfolge.
Die Leistungen der Krankenversicherung
stiegen 2009 stärker als in den Vorjahren. Wie schon zuletzt waren dafür vor allem
Arztleistungen, besondere Unterstützungen und Heilbehelfe sowie Medikamente maßgebend.
Da diese Ausgabenkategorien direkt mit der medizinischen Behandlung von Versicherten
verknüpft sind, ergeben sich hier nur geringe Einsparungspotentiale. Hingegen konnten
in den zwei größten Ausgabenbereichen, Krankenhauskostenersatz und Spitalgeld, geringe
Einsparungen erzielt werden.
Übersicht 4: Private Krankenversicherung |
|||||
|
|||||
Bruttoprämien, abgegrenzt |
Aufwendungen für Versicherungsfälle1) |
Schadenquote |
Überschuss aus der Finanzgebarung |
Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen |
|
Mio. € |
In % |
Mio. € |
|||
|
|||||
2005 |
1.406 |
1.084 |
77,2 |
145 |
213 |
2006 |
1.444 |
1.094 |
75,7 |
150 |
238 |
2007 |
1.490 |
1.118 |
75,0 |
115 |
253 |
2008 |
1.542 |
1.133 |
73,5 |
94 |
218 |
2009 |
1.599 |
1.166 |
73,0 |
123 |
259 |
|
|||||
Veränderung gegen das Vorjahr in % |
|||||
|
|||||
2005 |
+3,8 |
+2,6 |
–1,1 |
+11,1 |
+3,4 |
2006 |
+2,8 |
+0,9 |
–1,9 |
+3,5 |
+11,8 |
2007 |
+3,2 |
+2,2 |
–0,9 |
–23,5 |
+6,5 |
2008 |
+3,5 |
+1,4 |
–2,0 |
–18,4 |
–14,0 |
2009 |
+3,7 |
+2,9 |
–0,7 |
+31,7 |
+19,0 |
Q: Finanzmarktaufsicht Österreich. – 1) Einschließlich Prämienrückerstattung. |
|||||
|
Der Versicherungsverband
(VVO) beschäftigte sich 2009 intensiv mit der Automatisierung der Datenübermittlung
zwischen Spitälern und Versicherungsunternehmen. Die Übertragung der Patientenaufnahme,
die Bestätigung der Kostenübernahme und die Leistungsabrechnung werden in Zukunft
elektronisch erfolgen. Das derzeit noch auf einige Spitäler beschränkte Probestadium
für die elektronische Datenübermittlung wird in den nächsten Jahren ausgereift und
auf alle Vertragspartner der privaten Krankenversicherungswirtschaft übertragen.
Eine zweite Initiative des VVO betrifft die Abrechnungsverträge mit den Spitälern.
In Kärnten wurde z. B. ähnlich wie in der Sozialversicherung mit dem Krankenanstaltenverband
ein leistungsorientiertes Entgelt vereinbart.
In der Krankenversicherung
stieg die Eigenkapitalrendite 2009 auf 29,4%.
Der Überschuss aus der
Finanzgebarung erholte sich 2009 und erlaubte sowohl eine großzügige Dotierung versicherungstechnischer
Rückstellungen als auch eine Zunahme des versicherungstechnischen Ergebnisses. Trotz
der Ausweitung des Eigenkapitals um etwa ein Fünftel stieg die Eigenkapitalrendite
in der Krankenversicherung weiter auf 29,4% (2008: 26%).
Die Zahl der versicherten
Risken stieg in der Schaden-Unfallversicherung 2009 um 2,6%. Ähnlich entwickelten
sich die Kfz-Versicherung (+2,7%) und die Schadenversicherung (+2,5%), während die
Zahl der versicherten Risken in der Unfallversicherung sogar geringfügig abnahm
(–1%). Die Steigerung der Riskenzahl in der Transportversicherung
(+5,2%) erstaunt, weil 2009 sowohl die Industrieproduktion als auch die Exporte
einbrachen. Besonders deutlich spiegelt sich die Rezession im Geschäftsrückgang
der Kreditversicherung (–4,2%). Nachhaltig
verliert die österreichische Versicherungswirtschaft im Bereich der Luftfahrtversicherung
Marktanteile, die Zahl der versicherten Risken sinkt seit Jahren.
Ein Rückgang der Zahl der
Schadensfälle und ein Anstieg der Leistungen sorgen für eine dynamische Entwicklung
der Aufwendungen für Versicherungsfälle.
Die Zahl der Schadens-
und Leistungsfälle ging 2009 in der Schadenversicherung zurück (–1,8%). Dafür waren vor allem die Sturmschaden- und
Kleinelementarversicherung bestimmend (–27%).
Die Sturm-, Hagel- und Niederschlagschäden in der Nacht von 23. auf 24. Juli mit
einer Schadensumme von etwa 360 Mio. € waren auf wesentlich weniger, aber teurere
Fälle konzentriert als die Schäden durch die Winterstürme des Jahres 2008. Unter
Umständen wurde auch ein Teil der damit zusammenhängenden Schadensfälle in der Haushalts-
(+2,1%) oder in der Leitungswasserschadenversicherung (+6,9%) verbucht. Ebenfalls
sehr dynamisch entwickelten sich die Fallzahlen in der Rechtschutzversicherung (+7%).
Obwohl die Zahl der angezeigten Einbruchdiebstähle in Wohnungen und Einfamilienhäusern
in der Kriminalstatistik von 2008 auf 2009 stieg (+2.540), wurden um 660 Schadensfälle
weniger verzeichnet als im Vorjahr.
Übersicht 5: Schaden- und Unfallversicherung |
||||
|
||||
Bruttoprämien, abgegrenzt |
Überschuss aus der Finanzgebarung |
Aufwendungen für Versicherungsfälle |
Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen |
|
Mio. € |
||||
|
||||
2005 |
8.724 |
847 |
5.642 |
61 |
2006 |
8.888 |
967 |
5.999 |
40 |
2007 |
9.171 |
880 |
6.216 |
35 |
2008 |
9.205 |
584 |
6.340 |
1 |
2009 |
9.112 |
697 |
6.811 |
11 |
|
||||
Veränderung gegen das Vorjahr in % |
||||
|
||||
2005 |
+4,3 |
+30,8 |
+1,7 |
+9,7 |
2006 |
+1,9 |
+14,1 |
+6,3 |
–35,0 |
2007 |
+3,2 |
–9,0 |
+3,6 |
–11,4 |
2008 |
+0,4 |
–33,6 |
+2,0 |
–96,3 |
2009 |
–1,0 |
+19,2 |
+7,4 |
+747,5 |
Q: Finanzmarktaufsicht Österreich. |
||||
|
Die Rezession verschärfte
den Kampf um Marktanteile und bewirkte eine deutliche Verschlechterung des versicherungstechnischen
Ergebnisses.
Die Auswirkungen der Rezession
waren in der Schaden-Unfallversicherung am deutlichsten: Erstmals seit 1998 nahmen
die abgegrenzten Prämieneinnahmen ab. Vor allem Versicherer, die ihre Leistungen
Unternehmen anbieten, verzeichneten wegen der knapperen Kalkulation der Betriebe
bei steigender Zahl von Risken einen Rückgang der Prämieneinnahmen. Gegenüber den
Privathaushalten konnten die Schadenversicherer nicht nur die Zahl der versicherten
Risken ausweiten, sondern auch Preiserhöhungen durchsetzen (vgl. auch Übersicht
2). Auf dem wettbewerbsintensiven Markt der Kfz-Versicherungen setzte sich 2009
der Verfall der durchschnittlichen Prämien fort (Kfz-Haftpflichtversicherung –4,2%, Kfz-Teilkasko –17,3%). Dem Rückgang der Prämien insgesamt stand
eine deutliche Zunahme der Leistungen gegenüber. Vor allem im Bereich der Elementarschäden
kam es zu keiner Entspannung, nach den hohen Schäden aus den Winterstürmen 2008
waren beträchtliche Leistungen für die Sturm- und Hagelschäden im Sommer 2009 erforderlich.
Dadurch lagen die Leistungen in der Schadenversicherung um 9% über dem Vorjahresniveau.
Das versicherungstechnische
Ergebnis reagierte stark auf die sich öffnende Schere zwischen Prämien und Leistungen
und verschlechterte sich um 80 Mio. €. Die Sanierungserfolge der letzten Jahre im
technischen Geschäft gingen also wieder verloren, wobei die Verbesserung des Veranlagungsergebnisses
in der Schaden-Unfallversicherung und die wiederum niedrige Dotierung der versicherungstechnischen
Rückstellungen eine Steigerung des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
(EGT) erlaubten. Mit einem EGT von 493 Mio. € wurde 2009 eine Rendite auf das Eigenkapital
von 7,2% erzielt.
Die Finanzmärkte standen
auch 2009 noch stark unter dem Eindruck der Krise. Auf dem Geldmarkt lenkte die
Europäische Zentralbank die Zinssätze für kurzfristige Ausleihungen in die Nähe
von 1%, und die Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt war durch eine abnehmende Risikobereitschaft
der Anleger bestimmt. So lag die Rendite für österreichische Staatsanleihen mit
einer Restlaufzeit von 10 Jahren (Benchmark) Ende 2009 um etwa 40 Basispunkte unter
dem Niveau vom Jahresanfang. Einige europäische Länder gerieten in eine Staatsschuldenkrise
und mussten empfindliche Risikoaufschläge auf ihre Emissionen hinnehmen. Österreichische
Versicherer litten unter diesen Kursverlusten, sofern sie die betreffenden Vermögenswerte
gemäß dem Niederstwertprinzip bewertet haben: Die Abschreibungen von Kapitalanlagen
blieben zwar deutlich unter dem Niveau des Vorjahres, lagen aber weit über dem Wert
in Normaljahren.
Die österreichischen Versicherungsunternehmen
halten in ihren Portfolios überwiegende festverzinsliche Wertpapiere und sind daher
von den Wertschwankungen auf den Finanzmärkten weniger betroffen als ausländische
Versicherer mit einem stärker auf Aktienmärkten veranlagten Vermögen. Deshalb passen
sich die Zinserträge langsam dem seit Jahren vorherrschenden Niedrigzinsumfeld an.
Die Benchmark-Rendite für 10-jährige Bundesanleihen schwankt seit 2003 in einem
engen Bereich zwischen 3,5% und 4% mit kleinen Abweichungen nach oben und unten
(Übersicht 6).
Dank langer Veranlagungszeiträume
und geglätteter Ausschüttung an die Versicherten war die langfristige Rendite 2009
in der Lebensversicherung wesentlich höher als für Bundesanleihen.
|
||||
Übersicht 6: Renditen
der versicherungswirtschaftlichen Kapitalanlagen |
||||
|
||||
Sekundärmarktrendite Bund |
Lebensversicherung |
Krankenversicherung |
Schaden- und Unfallversicherung |
|
Rendite in % |
||||
|
||||
2004 |
3,4 |
5,9 |
4,3 |
5,8 |
2005 |
3,0 |
6,3 |
4,4 |
6,9 |
2006 |
3,6 |
5,9 |
4,2 |
7,2 |
2007 |
4,3 |
5,2 |
3,1 |
6,2 |
2008 |
4,1 |
3,4 |
2,4 |
3,6 |
2009 |
3,3 |
3,8 |
3,1 |
3,8 |
Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, WIFO-Berechnungen. |
||||
|
Die österreichische Versicherungswirtschaft
profitiert derzeit noch von den langen Veranlagungszeiträumen, die das spezielle
System der Gewinnzuteilung an die Versicherten ermöglicht: Durch ein hohes Ausmaß
an Glättung zugeteilter Gewinne zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen
Jahren können die österreichischen Versicherer einen langfristigen Veranlagungshorizont
anstreben, der einem jährlich und zu Marktpreisen abrechnenden Finanzintermediär
– wie etwa einer Pensionskasse – nicht möglich ist. Lange Laufzeiten in der Veranlagung
sind die Folge und erlauben den Versicherungsunternehmen eine weitere Glättung der
Renditen. Allmählich dürften jedoch die hochverzinsten Veranlagungen aus den letzten
Jahrzehnten abreifen und durch aktuelle Anleihen mit tendenziell niedrigen Kupons
ersetzt werden. Die Rendite auf versicherungswirtschaftliche Kapitalanlagen stieg
2009 in allen drei Versicherungsabteilungen (Übersicht 6); der Abstand zur Sekundärmarktrendite
für Bundesanleihen schrumpfte in der Lebensversicherung jedoch auf +0,5 Prozentpunkte.
Lamfalussy,
A., Final Report of the Committee of Wise Men on the Regulation
of European Securities Markets, Europäische Kommission, Brüssel, 2001.
Österreichische
Finanzmarktaufsicht (FMA), Jahresbericht der Finanzmarktaufsichtsbehörde 2009, Wien,
2010.
|
Insurance Industry Takes Moderate Hit from Recession – Summary |
The premium income of Austria's private insurance industry stagnated in 2009; however, given the economic decline, income remained relatively robust. Nevertheless, with zero growth, 2009 remained one of the worst years in the recent past. Given the decline in nominal GDP (–3.1 percent), insurance penetration rose markedly to 6 percent, correcting the downward trend of recent years. The distribution of premium income among the three insurance branches shifted toward life and health insurance and away from car insurance, where income sank. This Austrian pattern was in line with the trend in continental Europe, which also experienced a decline in non-life insurance and a simultaneous shift in demand to life insurance policies with a minimum income guarantee. In contrast, the Anglo-Saxon-type insurance markets recorded a marked loss in premium income largely resulting from the collapse of unit-linked life insurance. The Middle-, East- and South-European markets – so important to Austrian companies – collapsed in 2009 (–20 percent). The economic crisis and related debt reduction by private households hit premium income across the entire insurance industry. Despite the surprisingly rapid recovery of economic strength, the favourable fundamentals in this market may well be eclipsed in coming years by ongoing debt reduction. In contrast, foreign insurers expanded their activities in Austria, adding markedly to their market share. Poor economic conditions put prices under pressure, particularly in car and commercial insurance, leading to a decline in the average premiums per risk. Even the rise in insured risks could not compensate for the negative consequences for premium income in property and liability insurance (–1 percent). Health insurance continued to provide growth for the industry (+3.7 percent), while single premium payments caused a rise in life insurance turnover (+0.5 percent). In its latest outlook, the Austrian Insurance Association (VVO) paints a modest picture for 2010. Insurers' investment income recovered markedly in comparison with 2008, but it continued to suffer from high write-downs. |
|