WIFO

 

Rezession trifft die Versicherungswirtschaft abgemildert

 

Waren die Veranlagungsergebnisse der Privatversicherungswirtschaft im Gefolge der Finanzmarktkrise 2008 gesunken, so erreichte die Rezession den Sektor 2009 in abgemilderter Form. Vor allem in der Kfz-Versicherung und in der gewerblichen Versicherung verursachte die Nachfrageschwäche vermehrten Preisdruck und letztlich einen Rückgang der Prämieneinnahmen. Wegen der niedrigen Zinssätze auf dem Kapitalmarkt und für Spareinlagen wurden die Einmalerläge in der Lebensversicherung ausgeweitet, das Geschäft mit laufenden Prämien nahm hingegen ab. Die Abschreibungen von Kapitalanlagen verringerten sich 2009 erheblich, sodass der Überschuss aus der Finanzgebarung in allen drei Versicherungsabteilungen wieder gesteigert werden konnte.

 

Begutachtung: Christine Mayrhuber• Wissenschaftliche Assistenz: Ursula Glauninger • E-Mail-Adressen: Thomas.Url@wifo.ac.at, Ursula.Glauninger@wifo.ac.at

 

INHALT

Versicherungsaufsicht wird in der EU neu organisiert

Versicherungspreise 2009 überdurchschnittlich angehoben

Anteil der Lebensversicherung am Geldvermögen steigt leicht

Ausgabendynamik in der Krankenversicherung erstmals gedämpft

Einbußen der gewerblichen und Kfz-Versicherungen

Leicht steigende Renditen in der Kapitalveranlagung

Literaturhinweise

 

VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTEN UND ABBILDUNGEN

Übersicht 1: Abgegrenzte Bruttoprämien. 3

Übersicht 2: Privatversicherungsformen im Warenkorb des Verbraucherpreisindex 2005. 7

Übersicht 3: Lebensversicherung. 10

Übersicht 4: Private Krankenversicherung. 11

Übersicht 5: Schaden- und Unfallversicherung. 12

Übersicht 6: Renditen der versicherungswirtschaftlichen Kapitalanlagen. 14

Abbildung 1: Verteilung des privaten Geldvermögens im IV. Quartal 2009. 9

 

 

Die Prämieneinnahmen der österreichischen Privatversicherungswirtschaft stagnierten 2009 und zeigten sich gegenüber dem Wirtschaftsabschwung vergleichsweise robust. Trotzdem war 2009 eines der schlechtesten Jahre in der jüngsten Vergangenheit; nur 1997 waren die Prämieneinnahmen im Gefolge der steuerlichen Schlechterstellung von Lebensversicherungen und wegen des hohen Preisdrucks in der Sachversicherung geschrumpft. Die Einnahmen der Versicherungswirtschaft reagierten damit auf das schwierige wirtschaftliche Umfeld (BIP 3,1%); dennoch stieg die Versicherungsdurchdringung nach der negativen Entwicklung der letzten Jahre deutlich auf 6% (Übersicht 1). Die Verteilung der Prämieneinnahmen auf die drei Versicherungsabteilungen verschob sich wegen der Einbußen in der Kfz-Versicherung zu den Lebens- und Krankenversicherungen.

Versicherungsunternehmen aus dem EWR haben im Rahmen des Binnenmarktes direkten Zugang auf den österreichischen Markt, d. h. sie unterstehen nicht mehr der österreichischen Aufsichtsbehörde, sondern werden von der zuständigen Behörde ihres Stammsitzlandes beaufsichtigt. Nach einer Anmeldung bei der FMA kann die Geschäftstätigkeit in Österreich aufgenommen werden. Im Jahr 2009 nahm die Zahl ausländischer Versicherungsunternehmen, die im Rahmen einer Zweigniederlassung in Österreich tätig waren, auf 23 ab (2008: 25). Hingegen stieg die Zahl der gemeldeten Versicherer im direkten Dienstleistungsverkehr auf 804 (2008: 761). Daten über die Prämieneinnahmen der ausländischen Versicherer in Österreich werden der Finanzmarktaufsicht von den jeweiligen Behörden der Stammsitzländer gemeldet und stehen nur mit einer erheblichen Verzögerung zur Verfügung. 2007 nahmen ausländische Versicherungsunternehmen im Wege der Niederlassungsfreiheit 327,8 Mio. € und im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs 580,2 Mio. € ein. Aus dem Vergleich mit dem Prämienwachstum der österreichischen Versicherer auf dem Heimmarkt von 1,9% (2007, verrechnete inländische Prämien) ergab sich also eine deutliche Steigerung des Marktanteils ausländischer Direktversicherer.

Die aktuelle Vorschau des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) zeichnet für das Jahr 2010 ein verhaltenes Bild.

Die aktuelle Vorschau des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO) zeichnet für das Jahr 2010 ein verhaltenes Bild. Die Branchenvertreter rechnen 2010 mit einer Prämienzunahme von insgesamt 1,7%. Die Gesamtentwicklung wird von der wenig dynamischen Lebensversicherung (+1,2%) und einem neuerlichen Rückgang der Kfz-Versicherung bestimmt (1%); selbst im Bereich der Krankenversicherung erwartet der VVO nur ein unterdurchschnittliches Prämienwachstum (+2,8%). Mit Ausnahme der Lebensversicherung teilen die österreichischen Versicherer diese Einschätzung in der Herbstumfrage des WIFO; für die Lebensversicherung erwarten die Unternehmen etwas höhere Umsatzzuwächse (+2,5%).

 

Übersicht 1: Abgegrenzte Bruttoprämien

 

Alle Sparten

Lebensversicherung

Krankenversicherung

Schaden- und Unfallversicherung

Versicherungsdurchdringung1)

Mio. €

In % des gesamten Prämienvolumens

In % des BIP

 

2005

17.226

41,2

8,2

50,6

6,21

2006

17.489

40,9

8,3

50,8

6,00

2007

17.865

40,3

8,3

51,3

5,77

2008

18.107

40,6

8,5

50,8

5,69

2009

18.108

40,9

8,8

50,3

5,96

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, Statistik Austria. 1) Auf Basis verrechneter direkter inländischer Prämien.

 

Auch in Westeuropa verschob sich 2009 die Versicherungsnachfrage zu Lebensversicherungen mit garantierten Gewinnzusagen.

Die Struktur der Versicherungsnachfrage entwickelte sich in Westeuropa ähnlich wie in Österreich. Swiss Re erstellt jährlich eine weltweite Übersicht zu den Prämieneinnahmen in der Lebens- und der Nicht-Lebensversicherung. Für diesen internationalen Vergleich werden alle nationalen Meldungen in eine einheitliche Währung umgerechnet und um die Preisentwicklung bereinigt. Dadurch werden rein inflationsbedingte Prämienanpassungen korrigiert und eine einheitliche Vergleichsgrundlage geschaffen, die jedoch Wechselkursschwankungen enthält. Auf dieser Grundlage nahmen die Prämien in der westeuropäischen Lebensversicherung 2009 um 4,1% zu; in der Nicht-Lebensversicherung, zu der auch die Krankenversicherung zählt, war das Prämienvolumen jedoch leicht rückläufig (0,5%). Das durchschnittliche Wachstum des westeuropäischen Lebensversicherungsmarktes war 2009 jedoch von der stark divergierenden Entwicklung in einzelnen Ländern geprägt. Während der Markt in Großbritannien, den Niederlanden, in Irland und Belgien durch den Einbruch der fondsgebundenen Lebensversicherung schrumpfte, wurde er in Kontinentaleuropa deutlich ausgeweitet. Dazu trug der Aufschwung der in diesen Ländern traditionell beliebten klassischen Lebensversicherungen mit attraktiver garantierter Mindestgewinnbeteiligung bei.

In Ostmitteleuropa leiden die Versicherungsmärkte unter dem Konjunktureinbruch und dem Schuldenabbau der privaten Haushalte.

Die Versicherungsmärkte in Ostmitteleuropa boten österreichischen Versicherungsunternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten eine attraktive Gelegenheit zur Internationalisierung der Geschäftstätigkeit. Niedrige Versicherungsdurchdringung und dynamische Wachstumsaussichten bereiten zwar nach wie vor ein interessantes Umfeld, die Wirtschaftskrise und der hohe Verschuldungsgrad privater Haushalte teilweise in Fremdwährung und mit Abwertungsverlusten erzeugten jedoch 2009 ungünstige Rahmenbedingungen, die mit einem Markteinbruch (im Durchschnitt 20%) einhergingen. Besonders in Polen, dem Baltikum und Ungarn entwickelten sich die Lebensversicherungen 2009 schlecht, in Tschechien stagnierte das inflationsbereinigte Prämienvolumen in gemeinsamer Währung. Kräftig sank auch das Prämienaufkommen in der Nicht-Lebensversicherung (7,5%). Die tiefe Wirtschaftskrise im Baltikum und in der Ukraine traf die Nicht-Lebensmärkte in diesen Ländern erheblich (15% bzw. 26%). Obwohl sich die Wirtschaftskraft erstaunlich rasch erholt, dürften die günstigen Grundvoraussetzungen auch in den nächsten Jahren durch den fortschreitenden Schuldenabbau der privaten Haushalte überlagert werden.

Versicherungsaufsicht wird in der EU neu organisiert

Die Europäische Kommission intensivierte im Gefolge der Finanzmarktkrise ihre Bemühungen um eine verstärkte Zentralisierung der Beaufsichtigung von Finanzdienstleistern auf dem Binnenmarkt. Dazu wurden Vorschläge zur Einrichtung eines European Systemic Risk Board (COM(2009) 499 final), zur Beauftragung der Europäischen Zentralbank mit unterstützenden Aktivitäten für das Systemic Risk Board (COM(2009) 500 final) und zur Einrichtung von drei europäischen Aufsichtsorganen jeweils für Kreditinstitute (European Banking Authority, EBA; COM(2009) 501 final), Versicherungsunternehmen (European Insurance and Occupational Pensions Authority EIOPA; COM(2009) 502 final) und Wertpapiere bzw. Wertpapiermärkte (European Securities and Markets Authority ESMA; COM(2009) 503 final) vorgelegt. Die "Omnibus-Richtlinie" (COM(2009) 576 final) passt mehrere Richtlinien im Hinblick auf die drei neuen Aufsichtsbehörden im European System of Financial Supervisors an. Für die Versicherungswirtschaft wird mit der EIOPA eine zentrale Organisation für die nationalen Aufsichtsbehörden eingerichtet.

Die Finanzmarktkrise beschleunigt die Zentralisierung der Versicherungsaufsicht in Europa und wertet das "Lamfalussy-Komitee" auf. Die European Insurance and Occupational Pensions Authority EIOPA soll nationale Interessen ausgleichen.

Die Analyse der Finanzmarktkrise durch die Europäische Kommission erbrachte eine Reihe von Schlussfolgerungen über die Beaufsichtigung von Finanzintermediären. Die Kommission erwartet sich von einer stärker zentralisierten Beaufsichtigung einen Mechanismus, der zu bestmöglichen aufsichtsrechtlichen Entscheidungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen führt. Während der Finanzmarktkrise waren sowohl der Informationsaustausch als auch die Kommunikation zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden unzureichend; für Unternehmen in einer Krisensituation wurden trotz der europäischen Dimension der Problemlage nur nationale Lösungsansätze gefunden. Die EIOPA soll gemeinsame europäische Aktionen im Bereich der Versicherungsaufsicht ermöglichen und die nationalen Aufsichtsbehörden um eine zentrale Einheit ergänzen, die mit umfangreicheren Rechten ausgestattet ist als das Lamfalussy-Komitee (Lamfalussy, 2001).

Zu den größten Herausforderungen für EIOPA zählt sicher der Ausgleich zwischen den Interessen der Aufsichtsbehörde des Stammsitzlandes (in dem ein Versicherer beaufsichtigt wird) und den Interessen der Aufsichtsbehörde des Gastlandes (in dem ein Versicherer tätig ist). Dieser Interessensgegensatz trat im Zuge der Krise des Versicherungsunternehmens AIG aus den USA zu Tage: AIG konnte nur durch massive Eigenkapitalzufuhr durch das Finanzministerium der USA vor dem Konkurs bewahrt werden, wobei europäische Kreditinstitute zu den größten Nutznießern der Rettungsaktion zählten. Neben dem Interessenausgleich soll EIOPA auch allgemeine, bereits von Lamfalussy (2001) geforderte Ziele besser erfüllen. Dazu zählen der Ausgleich der Wettbewerbsbedingungen auf den Versicherungsmärkten einzelner Mitgliedsländer, die Verbesserung von Krisenvorsorge und Krisenmanagement auf dem europäischen Niveau, die Einrichtung von Colleges für die grenzüberschreitende Beaufsichtigung, die Herstellung der Aufsichtskonvergenz und die Erhöhung der Effizienz der Aufsichtsbehörden.

EIOPA wird gemäß den Vorschlägen der Kommission alle bereits vom Lamfalussy-Komitee der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörden (CEIOPS) betreuten Agenden übernehmen und zusätzlich technische Standards für ein einheitliches europäisches Regelbuch entwickeln. EIOPA soll die konsistente Umsetzung der EU-Regeln gewährleisten und bei einem Konflikt zwischen nationalen Aufsichtsbehörden als Mediator auftreten sowie eine Beilegung des Konflikts herbeiführen. Im grenzüberschreitenden Krisenfall soll EIOPA den Entscheidungsfindungsprozess koordinieren und damit eine gemeinschaftliche Sichtweise der Beaufsichtigung im Binnenmarkt gewährleisten. Im Gegensatz zur European Securities and Markets Authority hat die EIOPA jedoch keine Rechte zur direkten Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Einheiten.

Der Aufbau eines europäischen Versicherungs-Garantie-Systems gefährdet das bewährte Sicherungssystem des Deckungsstockes.

Eine weitere Initiative der Europäischen Kommission betrifft den Konsumentenschutz. In einem Weißbuch (COM(2010) 370 final) beschreibt die Kommission ihre Vorstellungen über ein Versicherungs-Garantie-System, das im Konkursfall die Forderungen der Versicherten gegenüber dem Versicherer begleichen würde. Ein vergleichbares Instrument wäre in Österreich die Spareinlagensicherung. Von den 30 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes haben derzeit nur 12 ein allgemeines Versicherungs-Garantie-System, sodass etwa ein Viertel der Prämien in der Lebensversicherung und etwas mehr als die Hälfte der Prämieneinnahmen in der Nicht-Lebensversicherung in keinem Garantiesystem erfasst sind. Die bestehenden Garantiesysteme sind überdies nicht nach gemeinschaftlichen Regeln ausgerichtet und erzeugen dadurch ungleiche Wettbewerbsbedingungen im grenzüberschreitenden Angebot von Versicherungsdienstleistungen. Die Europäische Kommission bemängelt zusätzlich einen Mangel an Effektivität und Gleichwertigkeit im Hinblick auf den Konsumentenschutz auf dem Binnenmarkt und möchte durch Mindestvorgaben für ein Versicherungs-Garantie-System dieses Defizit korrigieren.

Aus österreichischer Sicht erscheint ein solches Garantiesystem derzeit unnötig, weil das österreichische Versicherungsaufsichtsrecht einen aktuarisch berechneten Deckungsstock vorschreibt, der die versicherungstechnischen Rückstellungen verpflichtend mit einem Anlagevermögen deckt. Der Deckungsstock ist zudem als Sondervermögen deklariert und dient ausschließlich zur Befriedigung der Ansprüche von Versicherten im Fall einer Schieflage des Versicherungsunternehmens. Zusätzlich wird er durch einen von der Finanzmarktaufsicht bestellten Treuhänder beaufsichtigt.

Interessanterweise erwägt das Weißbuch der Kommission das im deutschen Sprachraum bewährte Instrument des Deckungsstockes nicht als mögliche Alternative zu einem Versicherungs-Garantie-System, sondern verweist auf tatsächlich inferiore Alternativen wie fallbezogene staatliche Eingriffe, Regulierung nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht mit unternehmensbezogenem Risikomanagement sowie einen bevorzugten Status der Versicherten in der Konkursabwicklung. Die Nachteile einer Garantielösung wie etwa die Frage des Konkurses nationaler Großunternehmen oder des moralischen Risikos, welches Unternehmen zu einer riskanteren versicherungstechnischen Kalkulation verleitet bleiben unberücksichtigt. Aus Sicht der österreichischen Versicherungswirtschaft und der Versicherungskunden besteht hier ein großes Potential für eine Fehlentwicklung, die das hohe Ausmaß an Konsumentenschutz in Österreich vermindern könnte.

Die Umsetzung der Richtlinie "Solvency II" wird das Rückstellungserfordernis österreichischer Versicherer verringern und den Eigenkapitalbedarf erhöhen.

In Zukunft könnte jedoch ein Versicherungs-Garantie-System auch für Österreich relevant werden, weil die Richtlinie "Solvency II" die Berechnung der Eigenkapitalvorschriften von Versicherungsunternehmen nicht mehr wie bisher an den Vorgaben des UGB (kaufmännische Vorsicht) ausrichtet. Insbesondere sollen die versicherungstechnischen Rückstellungen marktkonsistent ermittelt werden; in der Folge wird der Bestand an Rückstellungen niedriger sein als nach dem Vorsichtsprinzip (FMA, 2010). Wie die Feldstudie QIS 4.5 der Finanzmarktaufsicht ergab, sinkt der Rückstellungsbedarf in der Lebensversicherung gegenüber den bisher relevanten Vorschriften des UGB um etwa 5%, in der Krankenversicherung um knapp 20% und in der Schaden-Unfallversicherung sogar um etwa ein Drittel. Die Vorgaben für die Berechnung des Deckungsstockes sind davon noch nicht betroffen, weil der Gesetzgeber auch weiterhin die Regeln des UGB dafür vorschreiben kann. In diesem Fall würde jedoch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Versicherungswirtschaft sinken. Im Fall der Bindung an marktkonsistente versicherungstechnische Rückstellungen wird der Konsumentenschutz weniger umfangreich sein als bisher. Als Ausgleich für die marktkonforme Bewertung der Rückstellungen steigt das Eigenkapitalerfordernis. Unter den Teilnehmern an QIS 4.5 sind nur zwei Unternehmen, deren Eigenkapitalerfordernis sich verringern würde, für die anderen Versicherer beträgt es das 1,2- bis 12-Fache des aktuellen Eigenkapitals. Die FMA (2010) betont, dass die österreichischen Versicherungsunternehmen über zusätzlich anrechenbare Eigenmittel wie etwa die Schwankungsrückstellung ausreichend mit Eigenkapital versorgt sind. Zum Abschluss der Untersuchungen werden heuer europaweit die Auswirkungen von "Solvency II" unter den verschärften Level-2-Advices von CEIOPS der Vorgängerorganisation von EIOPA in einer Nachfolgestudie QIS 5 getestet.

Versicherungspreise 2009 überdurchschnittlich angehoben

Die Inflationsrate für das typische Konsumbündel privater Haushalte reagierte 2009 stark auf den Rückgang der Wirtschaftsaktivität. Weil der Druck der Rohstoffverteuerung wegfiel, machte sich die Nachfragelücke voll bemerkbar, sodass der Preisanstieg mäßig war (Übersicht 2). Im Gegensatz zum allgemeinen Warenkorb beschleunigte sich der Preisauftrieb von Versicherungsprodukten, deren Beitrag zur Inflationsrate laut VPI sich damit mehr als verdoppelte.

Die Preisentwicklung der Versicherungen erwies sich als wenig konjunkturempfindlich. Das gilt besonders für die Krankenzusatz- und die Kfz-Teilkaskoversicherung. Die Teilkaskoversicherung trug 2008 durch rückläufige Preise noch zur Dämpfung der Inflationsrate bei, 2009 wurde ein Teil der Preisnachlässe jedoch wieder wettgemacht. Im Bereich der Haushalts- und Eigenheimversicherungen waren bereits 2008 überdurchschnittlich hohe Preissteigerungen zu verzeichnen gewesen, die sich 2009 weiter beschleunigten. Die heimischen Kfz-Versicherungen senkten die Preise von Rechtschutzversicherungen; in der Haftpflichtversicherung verlangsamte sich der Preisauftrieb.

Übersicht 2: Privatversicherungsformen im Warenkorb des Verbraucherpreisindex 2005

 

 

Gewicht

2005

2006

2007

2008

2009

20101)

Bis 2005

Ab 2006

In %

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

Tarifprämien

Hausratsversicherung

0,650

0,299

+2,6

+2,2

+1,1

+3,6

+3,8

+2,0

Bündelversicherung für Eigenheim

0,337

0,665

+5,5

+1,0

+4,5

+4,2

+5,6

+1,6

Krankenzusatzversicherung

1,294

1,831

+3,6

+3,2

+3,1

+1,4

+2,7

+2,3

Kfz-Haftpflichtversicherung (Pkw)

1,150

1,001

+5,4

2,4

0,6

+2,9

+2,4

+1,9

Kfz-Rechtschutzversicherung

0,133

0,087

+2,2

+1,8

+0,1

+2,0

1,2

±0,0

Kfz-Teilkaskoversicherung

0,352

0,584

4,7

9,8

+2,1

5,4

+3,3

+5,8

 

Privatversicherungsformen insgesamt

3,914

4,466

+3,3

0,2

+2,1

+1,4

+3,1

+2,5

Verbraucherpreisindex insgesamt

+2,3

+1,5

+2,2

+3,2

+0,5

+1,7

Beitrag der Privatversicherungsformen           Prozentpunkte

+0,13

0,01

+0,10

+0,06

+0,14

+0,11

Q: Statistik Austria. 1) Jänner bis August.

 

Teilweise können die Preissteigerungen durch überdurchschnittliche Schadenquoten erklärt werden, z. B. in den Bereichen Einbruchdiebstahl, Leitungswasser- und Sturmschaden. Die Schadenquote gibt das Verhältnis von Versicherungsleistungen zu Prämieneinnahmen an; Werte über 100 zeigen, dass im Branchendurchschnitt die Leistungen größer als die Prämieneinnahmen waren. Die Schadenquote ist daher ein guter Indikator für den Preisanpassungsbedarf eines Versicherungsproduktes. In der Einbruchdiebstahlversicherung erreichte die Schadenquote mit 104,4% einen neuen Höchstwert, und in der Sturmschadenversicherung war sie fast so hoch wie im Katastrophenjahr 2000. Im Gegensatz dazu lag die Schadenquote in der Kfz-Versicherung unter dem langjährigen Durchschnitt, sodass dort eine gewisse Beruhigung der Preisentwicklung erwartet werden kann. Die Erhebungen bis zum August des laufenden Jahres lassen auch für 2010 eine überdurchschnittliche Inflationsrate für Versicherungsprodukte erwarten.

Während die Versicherungspreise im VPI überdurchschnittlich anzogen, sanken die Durchschnittsprämien teilweise deutlich.

Rabatte, Selbstbehalte, Prämienrückerstattungen, Änderungen der Versicherungssumme und Bewegungen zwischen den Bonusstufen der Kfz-Versicherung werden in der Erhebung der Verbraucherpreise nicht berücksichtigt. Wegen mannigfaltiger Zusatzvereinbarungen in den Polizzen ist die Entwicklung der Preise von Versicherungsprodukten schwierig zu messen. Ein alternativer Indikator sind die durchschnittlichen Prämien je Risiko. Sie vermitteln einen Eindruck von der unterschiedlichen Preissetzungsfähigkeit der Versicherer und berücksichtigen die meisten der angeführten Preisnachlässe. Im Gegensatz zum VPI waren die Durchschnittsprämien 2009 stabil oder sanken sogar. In der Kfz-Kaskoversicherung war 2009 ein Einbruch um 17% zu verzeichnen, und in der für die Branche wichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung verminderte sich die Durchschnittsprämie um 4%. In der gesamten Schadenversicherung nahm die Durchschnittsprämie um 0,3% ab.

Anteil der Lebensversicherung am Geldvermögen steigt leicht

Die österreichischen Privathaushalte verringerten 2009 ihren Vermögensaufbau gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel auf +14 Mrd. €. Niedrige Zinssätze machten den Vermögensaufbau unattraktiv, gleichzeitig verunsicherten die hohen Preisschwankungen auf den Finanzmärkten die Anleger. Die privaten Haushalte reagierten mit einer Senkung der Sparquote und einer deutlichen Umschichtung zu liquiden und ungebundenen Einlagen bei inländischen Kreditinstituten. 2009 legten sie insgesamt 7,5 Mrd. € als Einlagen in inländischen Kreditinstituten an und schichteten insgesamt etwa 6 Mrd. € von Termin- zu täglich fälligen Einlagen um. Bargeld und Einlagen waren auch 2009 die wichtigsten Veranlagungsformen, doch mit Ausnahme der direkt gehaltenen festverzinslichen Wertpapiere erhöhte sich der Anteil aller anderen Veranlagungsformen am Geldvermögen, großteils durch Wertsteigerungen in der zweiten Jahreshälfte (Abbildung 1).

Aufgrund der Ausweitung der Einmalerläge nahmen die Prämieneinnahmen in der Lebensversicherung 2009 leicht zu.

Unter den Rahmenbedingungen einer allgemein erhöhten Unsicherheit und niedriger Zinssätze konnte die Lebensversicherung mit attraktiven Angeboten die abgegrenzten Prämieneinnahmen etwas (Übersicht 3) und durch eine Anhebung der Selbstbehaltquote die Nettoprämien deutlicher steigern. Obwohl insgesamt um 1,7% weniger Verträge neu gezeichnet wurden als im Vorjahr, wurden die Einmalerläge erheblich gesteigert (+8,4%). Vorsorgeprodukte der klassischen Lebensversicherung mit laufender Prämie verzeichneten hingegen rückläufige Einzahlungen. Eine weitere Folge der schlechten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war die Abnahme der Neuverschuldung der österreichischen Privathaushalte auf nur +1,1 Mrd. € (65% gegenüber dem Vorjahr), die vor allem der Finanzierung von Wohnbauinvestitionen diente. Die Versicherer spürten diese Entwicklung nur sehr abgeschwächt in Form eines deutlichen Rückgangs der Neuverträge in der Kreditrestschuldversicherung (50.000), wobei die Versicherungssumme (1,8%) nur geringfügig unter dem Vorjahreswert blieb.

 

Abbildung 1: Verteilung des privaten Geldvermögens im IV. Quartal 2009

Q: OeNB. Gesamtes Geldvermögen: 439,9 Mrd. €.

 

Trotz der deutlichen Verbesserung des Veranlagungsergebnisses waren die Überschüsse aus der Finanzgebarung 2009 nach wie vor unterdurchschnittlich.

Die Entwicklung auf den Finanzmärkten war 2009 von weiteren Spannungen gekennzeichnet, die vor allem durch die Staatsschuldenkrise in der EU angefacht wurden. Die steigende Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeit einiger Euro-Länder bewirkte eine Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar und eine Flucht in Staatsanleihen mit hoher Bonität. Der Benchmark-Zinssatz für deutsche Bundesanleihen sank z. B. um 75 Basispunkte auf 3,3%, während jener für griechische Staatsanleihen von 4,8% auf 5,2% zunahm. Die Aktienpreise erreichten im März 2009 einen Tiefstand und erholten sich im Laufe des Jahres. In diesem Umfeld konnte die Versicherungswirtschaft ihr Finanzergebnis gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessern; der Überschuss aus der Finanzgebarung lag aber noch immer unter den Werten vor der Finanzmarktkrise (Übersicht 3).

Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge erwies sich 2009 als Wachstumsmotor der Lebensversicherung.

Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge ist nach wie vor ein Wachstumsmotor für die Lebensversicherung. Während die Zahl der Verträge in der fondsgebundenen Lebensversicherung 2009 rückläufig war, stieg sie im Teilbereich der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge um 109.000. Die Neuverträge mit einer prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge wurden 2009 nahezu ausschließlich von Lebensversicherungen gezeichnet; die Investmentfonds konnten kaum Neuverträge abschließen. Dadurch stieg der Marktanteil der Versicherungswirtschaft auf 91,9%. Das Prämienvolumen der Lebensversicherer betrug 887 Mio. € (+8%), wobei die durchschnittliche Prämie pro Vertrag mit 670 € konstant blieb. Die Rahmenbedingungen der prämiengeförderten Zukunftsvorsorge werden jährlich automatisch angepasst. Für das Jahr 2010 wurde die staatliche Prämie auf Einzahlungen mit 9% festgesetzt, die Höchstgrenze für die geförderte Prämieneinzahlung beträgt 2.264 €. Die Prämie wird 2011 voraussichtlich auf 8,5% der Einzahlungen gesenkt, der geförderte Höchstbetrag wird auf etwa 2.310 € angehoben werden.

Neben den Eckwerten für die Bemessung der staatlichen Prämie wurden mit Jahresbeginn 2010 auch die Veranlagungsrichtlinien für das Vermögen in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge angepasst. Die Mindestaktienquote wurde von 40% des Vermögens auf 30% gesenkt; die Verpflichtung zur Veranlagung auf unterentwickelten Aktienmärkten blieb davon unberührt. Für Neuverträge ab dem 1. Jänner 2010 besteht im "Lebenszyklusmodell" die Möglichkeit zum stufenweisen Abbau der Mindestaktienquote mit zunehmendem Alter: In diesem Modell sinkt die Mindestaktienquote mit dem 45. Lebensjahr auf 25% und mit dem 55. Lebensjahr weiter auf 15%. Versicherte mit einem älteren Vertrag können in das neue Lebenszyklusmodell wechseln. Das neue Modell könnte angesichts der Pressemeldungen über die Sperre einiger Garantiefonds (Die Presse, 27. Dezember 2009) beliebt werden: Bis Ende 2009 wurden 26 Garantiefonds wegen Kursverlusten ausgestoppt; 14 davon hatten Mittel aus der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge verwaltet. Diese Fonds dürfen nur noch in risikolose Wertpapiere investieren und können damit nicht mehr an künftigen Kurssteigerungen auf dem Aktienmarkt partizipieren. Die nach dieser Sperre in die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge eingezahlten Prämien werden in anderen Fonds veranlagt und sind von der Sperre nicht betroffen.

Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise wurde die Mindestaktienquote in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gesenkt.

 

Übersicht 3: Lebensversicherung

 

Bruttoprämien

Nettoprämien1)

Selbstbehaltquote

Überschuss aus der Finanzgebarung

Aufwendungen für Versicherungsfälle

Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen

Abgegrenzt

Mio. €

In %

Mio. €

 

2005

7.096

6.790

95,7

2.600

3.480

5.277

2006

7.157

6.844

95,6

2.604

4.011

4.336

2007

7.204

6.907

95,9

2.425

4.992

3.043

2008

7.359

7.076

96,1

1.641

5.473

814

2009

7.398

7.188

97,2

1.883

5.799

3.256

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

2005

+16,1

+17,1

+0,8

+15,2

+5,7

+39,4

2006

+0,9

+0,8

0,1

+0,1

+15,3

17,8

2007

+0,7

+0,9

+0,3

6,9

+24,5

29,8

2008

+2,2

+2,4

+0,3

32,3

+9,6

73,2

2009

+0,5

+1,6

+1,1

+14,7

+5,9

+299,9

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich. 1) Geschätzt.

 

Auch 2009 wurden die versicherungstechnischen Rückstellungen unterdurchschnittlich ausgeweitet.

Die Aufwendungen für Versicherungsleistungen entwickelten sich weniger dynamisch als in den Vorjahren. Das Leistungsniveau erreichte 2009 dennoch einen Höchstwert. Nach dem überraschend deutlichen Einbruch im Vorjahr erholte sich der Aufbau der versicherungstechnischen Rückstellungen 2009, doch blieb er auch im Mittel der Jahre 2008 und 2009 unter dem langjährigen Durchschnitt. Diese Politik ermöglichte es den Versicherungsunternehmen, ihr EGT auf 161 Mio. € zu steigern. In Bezug auf das Eigenkapital entspricht das einer Eigenkapitalrendite von 4,9%.

Ausgabendynamik in der Krankenversicherung erstmals gedämpft

In der Krankenversicherung nehmen die Prämieneinnahmen stetig zu (Übersicht 4), während die Leistungen beträchtlich schwanken. Zum Teil kann die gleichmäßige Einnahmenentwicklung durch die regelmäßige Zunahme der Risken in der Krankenversicherung erklärt werden, doch dieser Mengeneffekt wurde in den letzten Jahren immer kleiner, und 2009 stagnierte die Zahl der gezeichneten Risken sogar (+0,1%). In der Krankenzusatzversicherung wurden die Preise 2009 beträchtlich angehoben (Übersicht 2). Aus dem Vergleich zwischen dem geringen Zuwachs versicherter Risken und der merklichen Zunahme der Prämieneinnahmen ergäbe sich die Schlussfolgerung, dass vor allem Preiserhöhungen für die Ausweitung der Umsätze bestimmend waren: Die Prämie je Risiko nahm 2009 um 3,5% zu.

Versuche zur Kostendämpfung zeigen in der Krankenversicherung erste Erfolge.

Die Leistungen der Krankenversicherung stiegen 2009 stärker als in den Vorjahren. Wie schon zuletzt waren dafür vor allem Arztleistungen, besondere Unterstützungen und Heilbehelfe sowie Medikamente maßgebend. Da diese Ausgabenkategorien direkt mit der medizinischen Behandlung von Versicherten verknüpft sind, ergeben sich hier nur geringe Einsparungspotentiale. Hingegen konnten in den zwei größten Ausgabenbereichen, Krankenhauskostenersatz und Spitalgeld, geringe Einsparungen erzielt werden.

Übersicht 4: Private Krankenversicherung

 

Bruttoprämien, abgegrenzt

Aufwendungen für Versicherungsfälle1)

Schadenquote

Überschuss aus der Finanzgebarung

Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen

Mio. €

In %

Mio. €

 

2005

1.406

1.084

77,2

145

213

2006

1.444

1.094

75,7

150

238

2007

1.490

1.118

75,0

115

253

2008

1.542

1.133

73,5

94

218

2009

1.599

1.166

73,0

123

259

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

2005

+3,8

+2,6

1,1

+11,1

+3,4

2006

+2,8

+0,9

1,9

+3,5

+11,8

2007

+3,2

+2,2

0,9

23,5

+6,5

2008

+3,5

+1,4

2,0

18,4

14,0

2009

+3,7

+2,9

0,7

+31,7

+19,0

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich. 1) Einschließlich Prämienrückerstattung.

 

Der Versicherungsverband (VVO) beschäftigte sich 2009 intensiv mit der Automatisierung der Datenübermittlung zwischen Spitälern und Versicherungsunternehmen. Die Übertragung der Patientenaufnahme, die Bestätigung der Kostenübernahme und die Leistungsabrechnung werden in Zukunft elektronisch erfolgen. Das derzeit noch auf einige Spitäler beschränkte Probestadium für die elektronische Datenübermittlung wird in den nächsten Jahren ausgereift und auf alle Vertragspartner der privaten Krankenversicherungswirtschaft übertragen. Eine zweite Initiative des VVO betrifft die Abrechnungsverträge mit den Spitälern. In Kärnten wurde z. B. ähnlich wie in der Sozialversicherung mit dem Krankenanstaltenverband ein leistungsorientiertes Entgelt vereinbart.

In der Krankenversicherung stieg die Eigenkapitalrendite 2009 auf 29,4%.

Der Überschuss aus der Finanzgebarung erholte sich 2009 und erlaubte sowohl eine großzügige Dotierung versicherungstechnischer Rückstellungen als auch eine Zunahme des versicherungstechnischen Ergebnisses. Trotz der Ausweitung des Eigenkapitals um etwa ein Fünftel stieg die Eigenkapitalrendite in der Krankenversicherung weiter auf 29,4% (2008: 26%).

Einbußen der gewerblichen und Kfz-Versicherungen

Die Zahl der versicherten Risken stieg in der Schaden-Unfallversicherung 2009 um 2,6%. Ähnlich entwickelten sich die Kfz-Versicherung (+2,7%) und die Schadenversicherung (+2,5%), während die Zahl der versicherten Risken in der Unfallversicherung sogar geringfügig abnahm (1%). Die Steigerung der Riskenzahl in der Transportversicherung (+5,2%) erstaunt, weil 2009 sowohl die Industrieproduktion als auch die Exporte einbrachen. Besonders deutlich spiegelt sich die Rezession im Geschäftsrückgang der Kreditversicherung (4,2%). Nachhaltig verliert die österreichische Versicherungswirtschaft im Bereich der Luftfahrtversicherung Marktanteile, die Zahl der versicherten Risken sinkt seit Jahren.

Ein Rückgang der Zahl der Schadensfälle und ein Anstieg der Leistungen sorgen für eine dynamische Entwicklung der Aufwendungen für Versicherungsfälle.

Die Zahl der Schadens- und Leistungsfälle ging 2009 in der Schadenversicherung zurück (1,8%). Dafür waren vor allem die Sturmschaden- und Kleinelementarversicherung bestimmend (27%). Die Sturm-, Hagel- und Niederschlagschäden in der Nacht von 23. auf 24. Juli mit einer Schadensumme von etwa 360 Mio. € waren auf wesentlich weniger, aber teurere Fälle konzentriert als die Schäden durch die Winterstürme des Jahres 2008. Unter Umständen wurde auch ein Teil der damit zusammenhängenden Schadensfälle in der Haushalts- (+2,1%) oder in der Leitungswasserschadenversicherung (+6,9%) verbucht. Ebenfalls sehr dynamisch entwickelten sich die Fallzahlen in der Rechtschutzversicherung (+7%). Obwohl die Zahl der angezeigten Einbruchdiebstähle in Wohnungen und Einfamilienhäusern in der Kriminalstatistik von 2008 auf 2009 stieg (+2.540), wurden um 660 Schadensfälle weniger verzeichnet als im Vorjahr.

Übersicht 5: Schaden- und Unfallversicherung

 

Bruttoprämien, abgegrenzt

Überschuss aus der Finanzgebarung

Aufwendungen für Versicherungsfälle

Erhöhung der versicherungstechnischen Rückstellungen

Mio. €

 

2005

8.724

847

5.642

61

2006

8.888

967

5.999

40

2007

9.171

880

6.216

35

2008

9.205

584

6.340

1

2009

9.112

697

6.811

11

 

Veränderung gegen das Vorjahr in %

 

2005

+4,3

+30,8

+1,7

+9,7

2006

+1,9

+14,1

+6,3

35,0

2007

+3,2

9,0

+3,6

11,4

2008

+0,4

33,6

+2,0

96,3

2009

1,0

+19,2

+7,4

+747,5

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich.

 

Die Rezession verschärfte den Kampf um Marktanteile und bewirkte eine deutliche Verschlechterung des versicherungstechnischen Ergebnisses.

Die Auswirkungen der Rezession waren in der Schaden-Unfallversicherung am deutlichsten: Erstmals seit 1998 nahmen die abgegrenzten Prämieneinnahmen ab. Vor allem Versicherer, die ihre Leistungen Unternehmen anbieten, verzeichneten wegen der knapperen Kalkulation der Betriebe bei steigender Zahl von Risken einen Rückgang der Prämieneinnahmen. Gegenüber den Privathaushalten konnten die Schadenversicherer nicht nur die Zahl der versicherten Risken ausweiten, sondern auch Preiserhöhungen durchsetzen (vgl. auch Übersicht 2). Auf dem wettbewerbsintensiven Markt der Kfz-Versicherungen setzte sich 2009 der Verfall der durchschnittlichen Prämien fort (Kfz-Haftpflichtversicherung 4,2%, Kfz-Teilkasko 17,3%). Dem Rückgang der Prämien insgesamt stand eine deutliche Zunahme der Leistungen gegenüber. Vor allem im Bereich der Elementarschäden kam es zu keiner Entspannung, nach den hohen Schäden aus den Winterstürmen 2008 waren beträchtliche Leistungen für die Sturm- und Hagelschäden im Sommer 2009 erforderlich. Dadurch lagen die Leistungen in der Schadenversicherung um 9% über dem Vorjahresniveau.

Das versicherungstechnische Ergebnis reagierte stark auf die sich öffnende Schere zwischen Prämien und Leistungen und verschlechterte sich um 80 Mio. €. Die Sanierungserfolge der letzten Jahre im technischen Geschäft gingen also wieder verloren, wobei die Verbesserung des Veranlagungsergebnisses in der Schaden-Unfallversicherung und die wiederum niedrige Dotierung der versicherungstechnischen Rückstellungen eine Steigerung des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) erlaubten. Mit einem EGT von 493 Mio. € wurde 2009 eine Rendite auf das Eigenkapital von 7,2% erzielt.

Leicht steigende Renditen in der Kapitalveranlagung

Die Finanzmärkte standen auch 2009 noch stark unter dem Eindruck der Krise. Auf dem Geldmarkt lenkte die Europäische Zentralbank die Zinssätze für kurzfristige Ausleihungen in die Nähe von 1%, und die Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt war durch eine abnehmende Risikobereitschaft der Anleger bestimmt. So lag die Rendite für österreichische Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren (Benchmark) Ende 2009 um etwa 40 Basispunkte unter dem Niveau vom Jahresanfang. Einige europäische Länder gerieten in eine Staatsschuldenkrise und mussten empfindliche Risikoaufschläge auf ihre Emissionen hinnehmen. Österreichische Versicherer litten unter diesen Kursverlusten, sofern sie die betreffenden Vermögenswerte gemäß dem Niederstwertprinzip bewertet haben: Die Abschreibungen von Kapitalanlagen blieben zwar deutlich unter dem Niveau des Vorjahres, lagen aber weit über dem Wert in Normaljahren.

Die österreichischen Versicherungsunternehmen halten in ihren Portfolios überwiegende festverzinsliche Wertpapiere und sind daher von den Wertschwankungen auf den Finanzmärkten weniger betroffen als ausländische Versicherer mit einem stärker auf Aktienmärkten veranlagten Vermögen. Deshalb passen sich die Zinserträge langsam dem seit Jahren vorherrschenden Niedrigzinsumfeld an. Die Benchmark-Rendite für 10-jährige Bundesanleihen schwankt seit 2003 in einem engen Bereich zwischen 3,5% und 4% mit kleinen Abweichungen nach oben und unten (Übersicht 6).

Dank langer Veranlagungszeiträume und geglätteter Ausschüttung an die Versicherten war die langfristige Rendite 2009 in der Lebensversicherung wesentlich höher als für Bundesanleihen.

 

Übersicht 6: Renditen der versicherungswirtschaftlichen Kapitalanlagen

 

Sekundärmarktrendite Bund

Lebensversicherung

Krankenversicherung

Schaden- und Unfallversicherung

Rendite in %

 

2004

3,4

5,9

4,3

5,8

2005

3,0

6,3

4,4

6,9

2006

3,6

5,9

4,2

7,2

2007

4,3

5,2

3,1

6,2

2008

4,1

3,4

2,4

3,6

2009

3,3

3,8

3,1

3,8

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, WIFO-Berechnungen.

 

Die österreichische Versicherungswirtschaft profitiert derzeit noch von den langen Veranlagungszeiträumen, die das spezielle System der Gewinnzuteilung an die Versicherten ermöglicht: Durch ein hohes Ausmaß an Glättung zugeteilter Gewinne zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Jahren können die österreichischen Versicherer einen langfristigen Veranlagungshorizont anstreben, der einem jährlich und zu Marktpreisen abrechnenden Finanzintermediär wie etwa einer Pensionskasse nicht möglich ist. Lange Laufzeiten in der Veranlagung sind die Folge und erlauben den Versicherungsunternehmen eine weitere Glättung der Renditen. Allmählich dürften jedoch die hochverzinsten Veranlagungen aus den letzten Jahrzehnten abreifen und durch aktuelle Anleihen mit tendenziell niedrigen Kupons ersetzt werden. Die Rendite auf versicherungswirtschaftliche Kapitalanlagen stieg 2009 in allen drei Versicherungsabteilungen (Übersicht 6); der Abstand zur Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen schrumpfte in der Lebensversicherung jedoch auf +0,5 Prozentpunkte.

Literaturhinweise

Lamfalussy, A., Final Report of the Committee of Wise Men on the Regulation of European Securities Markets, Europäische Kommission, Brüssel, 2001.

Österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA), Jahresbericht der Finanzmarktaufsichtsbehörde 2009, Wien, 2010.

 

Insurance Industry Takes Moderate Hit from Recession Summary

The premium income of Austria's private insurance industry stagnated in 2009; however, given the economic decline, income remained relatively robust. Nevertheless, with zero growth, 2009 remained one of the worst years in the recent past. Given the decline in nominal GDP (3.1 percent), insurance penetration rose markedly to 6 percent, correcting the downward trend of recent years. The distribution of premium income among the three insurance branches shifted toward life and health insurance and away from car insurance, where income sank. This Austrian pattern was in line with the trend in continental Europe, which also experienced a decline in non-life insurance and a simultaneous shift in demand to life insurance policies with a minimum income guarantee. In contrast, the Anglo-Saxon-type insurance markets recorded a marked loss in premium income largely resulting from the collapse of unit-linked life insurance.

The Middle-, East- and South-European markets so important to Austrian companies collapsed in 2009 (20 percent). The economic crisis and related debt reduction by private households hit premium income across the entire insurance industry. Despite the surprisingly rapid recovery of economic strength, the favourable fundamentals in this market may well be eclipsed in coming years by ongoing debt reduction. In contrast, foreign insurers expanded their activities in Austria, adding markedly to their market share.

Poor economic conditions put prices under pressure, particularly in car and commercial insurance, leading to a decline in the average premiums per risk. Even the rise in insured risks could not compensate for the negative consequences for premium income in property and liability insurance (1 percent). Health insurance continued to provide growth for the industry (+3.7 percent), while single premium payments caused a rise in life insurance turnover (+0.5 percent). In its latest outlook, the Austrian Insurance Association (VVO) paints a modest picture for 2010. Insurers' investment income recovered markedly in comparison with 2008, but it continued to suffer from high write-downs.