Zu wenig Frauen in der Forschung? Wie das WIFO gegensteuert

08.05.2018

Am Wiener Töchtertag besuchten 20 junge Forscherinnen das WIFO und erforschten die Auswirkungen unserer Ernährung auf das Klima.

Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren erhielten in einem Workshop einen Tag lang Einblicke in die Arbeit eines Wirtschaftsforschungsinstituts: Gemeinsam wurde recherchiert, gerechnet und illustriert. Am Ende gaben die Forschungsergebnisse durchaus Anlass zur Diskussion.
Es gibt Berufe, unter denen kann sich jeder etwas vorstellen. Und dann gibt es Berufe, bei denen das schon etwas schwieriger ist. Jener der Wirtschaftsforscherin gehört sicher zur zweiten Kategorie. Umso überraschender war es, wie gut informiert die 20 Mädchen über das WIFO schon waren: „Hier wird erforscht, warum die Dinge so viel kosten wie sie kosten“, tippte eines der Mädchen. „Oder welche Produkte die Menschen kaufen und warum“, meinte ein anderes Mädchen. „Und es wird zu Problemen wie dem Klimawandel geforscht“, lautete eine dritte Idee. Damit waren die Jungforscherinnen, die anlässlich des Wiener Töchtertags einen Vormittag am WIFO verbrachten, auch schon mitten im Thema.

Erforscht werden sollte an diesem Tag der Zusammenhang zwischen dem eigenen Essen und dem Klima. Den Leuten vom WIFO dabei nur über die Schulter zu schauen, stand aber nicht auf dem Programm: „Heute könnt ihr euch nicht zurücklehnen, sondern wir hoffen auf eure Unterstützung bei unserer Arbeit. Wir wollen verstehen, wie Essen zu mehr CO2 in der Luft und damit zur Klimaänderung beiträgt“, sagte WIFO-Forscher Franz Sinabell, der die Mädchen mit einer Präsentation in das Thema einführte. Dass diese nicht zu lang wird, darauf sollten die Besucherinnen gleich selbst schauen. Mit Hilfe von Schildern konnten sie dem WIFO-Forscher zeigen, wie viel Redezeit er noch hat. Denn, wie Sinabell verriet: „Experten sind zwar gerne gesehen – aber nur, wenn sie nicht zu lange reden.“

Wie wird das Weizenkorn zum fertigen Brot?

Dann gab es erste praxisnahe Einblick in die Welt der Wissenschaft: Es wurde über den Klimawandel diskutiert („Früher gab es zu Weihnachten immer Schnee, jetzt nur noch alle zwei bis drei Jahre“); gemeinsam machte man sich auf den langen Weg des Weizenkorns vom Feld bis zum fertigen Brot; und auch Fachbegriffe wie „Trade-Offs“ konnten leicht erklärt werden: „Ihr seid heute Vormittag am WIFO – und könnt daher leider nicht gleichzeitig in der Schule sein.“

Dennoch wurde bald klar: Sinabells Präsentation war zwar gut – aber bei Weitem nicht gut genug. An so manch wichtiger Stelle ließ sie plötzlich entscheidende Zahlen vermissen oder es hatten sich Ungenauigkeiten eingeschlichen. Die passenden Illustrationen und Animationen fehlten überhaupt. In vier Gruppen machten sich die Mädchen daran, die Präsentation aufzupeppen: Wichtige Zahlen wurden recherchiert (Was verursacht mehr CO2: Eine Tagesration Zucker oder eine Tagesration Äpfel?), die Präsentation wurde mit selbst gemalten Bildern und Animationen ansprechend gestaltet und in einer Pressenotiz wurden die wichtigsten Informationen knapp und noch prägnanter zusammengefasst.

Der eigene Beitrag zählt

Mit viel neuem Wissen über Ernährung und die Auswirkungen auf den Klimawandel ging es zum gemeinsamen Mittagessen in die WIFO-Kantine. Auch dort konnte jede Einzelne sehen, wie wichtig der eigene Beitrag ist: Die unterschiedlichen Gerichte – vom Salat über Spaghetti und Berner Würstel bis zum Rindfleisch – wurden gewogen und der jeweilige CO2-Abdruck bestimmt. Auch wie viel Essen übrig bleibt und welchen Unterschied es macht, ob man die Reste wegwirft oder später noch als Jause isst, wurde diskutiert.

Und noch etwas lernten die jungen Besucherinnen: Nicht immer ist es ganz leicht, Forschungsergebnisse auch sinnvoll zu interpretieren. Denn die Zahlen, die am Vormittag errechnet wurden, sorgten für Staunen: So wird bei der Herstellung einer Tagesration Zucker wesentlich weniger CO2 ausgestoßen als für die erforderliche Tagesration an Äpfeln. Heißt das nun, dass wir lieber Zucker essen sollten statt Obst und Gemüse? Nein, natürlich nicht: „Für unsere Gesundheit sollten wir lieber auf zu viel Süßes verzichten.“ Und das Klima? „Das können wir anders schonen. Etwa indem wir weniger Essen verschwenden. Oder indem wir auf Flugreisen verzichten, beim Heizen sparen und öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad nutzen.“

Womit wir – wie so oft – wieder bei den Trade-Offs wären. Und was das ist, haben die Mädchen an diesem Tag ja bereits gelernt.

Ökonom (Senior Economist)

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WIFO-Wissenschafter Franz Sinabell mit den jungen Forscherinnen beim Recherchieren. (Foto: chs)
WIFO-Wissenschafter Franz Sinabell mit den jungen Forscherinnen beim Recherchieren. (Foto: chs)