WIFO-Studie zu mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten

05.03.2019

WIFO-Pflegeexpertin Ulrike Famira-Mühlberger präsentiert Niederösterreich-Daten zu mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten.

Die Präsidentin des Hilfswerkes Niederösterreich Michaela Hinterholzer stellte bei einer Pressekonferenz erstmals die Niederösterreich-Daten einer vom Hilfswerk beauftragten WIFO-Studie vor. Die Studie der WIFO-Pflegeexperten Ulrike Famira-Mühlberger und Matthias Firgo beleuchtet die ökonomische Bedeutung mobiler Pflege- und Betreuungsdienste sowie mögliche Auswirkungen politischer Maßnahmen zur Steuerung des Versorgungsmix auf die öffentlichen Ausgaben.

Die jüngste Pflege-Studie des WIFO beleuchtet die derzeitige und künftige ökonomische Bedeutung mobiler Pflege- und Betreuungsdienste in Österreich und den Bundesländern vor dem Hintergrund des bevorstehenden demographischen Wandels und möglicher politischer Maßnahmen zur Veränderung des Versorgungsmix in der formellen Pflege. Die WIFO-Pflegeexperten Ulrike Famira-Mühlberger und Matthias Firgo untersuchen den Status quo mobiler Dienste im nationalen und internationalen Kontext. Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass die öffentlichen Ausgaben für Pflege (stationär und häuslich) in Österreich im unteren Mittelfeld liegen.

Die künftigen Nachfrage- und Kostensteigerungen von Pflegedienstleistungen wurden dabei in unterschiedlichen Szenarien berechnet. Das Hauptszenario: Am derzeitigen Versorgungsmix wird nichts geändert, die prozentuelle Verteilung der betreuten Personen bleibt annähernd gleich (45% Pflege ausschließlich durch Angehörige, 32% mobile Betreuung durch professionelle Dienste, 16% stationäre Betreuung, 5% 24-Stunden-Betreuung, 2% teilstationär/Tageszentren). Demnach steigen die Nettoausgaben für Pflegedienstleistungen in Niederösterreich von derzeit 257 auf 481 Mio. € im Jahr 2030 und auf 1,2 Mrd. € im Jahr 2050. In weiteren Szenarien wird der Versorgungsmix geändert und die Zahl der betreuten Personen in der stationären und mobilen Pflege bzw. der 24-Stunden-Betreuung um jeweils 5%, 10% und 20% erhöht und bei den anderen Pflegedienstleistungen abgezogen. Fazit: Wird der Anteil der betreuten Personen in der stationären Pflege um 10% erhöht, würde dies die Nettoausgaben für alle Pflegedienste um weitere 32 Mio. € im Jahr 2030 steigern (2050: 85 Mio. €). Wird dagegen der Anteil der durch mobile Dienste betreuten Personen um 10% erhöht, sinken die gesamten Nettoausgaben um 51 Mio. € im Jahr 2030 (2050: 123 Mio. € im Vergleich zum Hauptszenario. Demnach kann ein verstärkter Ausbau von mobilen Diensten den projizierten Kostenpfad etwas dämpfen.

Da mobile Dienste nur dann sinnvoll eingesetzt werden können, wenn auch Angehörige bereit sind, pflegebedürftige Familienmitglieder zu unterstützen, muss auch eine Stärkung der Angehörigenpflege Teil dieser Politikstrategie sein. Dennoch bedeutet die demographische Entwicklung, dass alle Pflegedienstleistungen weiter ausgebaut werden müssen.

Rückfragen an

Markus Kiesenhofer, BA, MA

Funktion: Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich

Publikationen

Studien, Dezember 2018, 113 Seiten
Auftraggeber: Hilfswerk Österreich
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 17.12.2018 0:00
 
Der vorliegende Bericht beleuchtet die derzeitige und künftige ökonomische Bedeutung mobiler Pflege- und Betreuungsdienste in Österreich vor dem Hintergrund des bevorstehenden demographischen Wandels und möglicher politischer Maßnahmen zur Veränderung des Versorgungsmix in der formellen Pflege. Die Studie zeigt einerseits den Status quo mobiler Dienste im nationalen und internationalen Kontext auf und gibt analog zu einer Reihe von weiteren rezenten WIFO-Studien Einblick in den projizierten, österreichweiten Leistungsumfang mobiler Dienste und der Pflegedienste insgesamt bis zum Jahr 2050. Darauf aufbauend wird versucht, in vier Politikszenarien (Verschiebung des Versorgungsmix zugunsten der stationären Pflege, der 24-Stunden-Betreuung und der mobilen Dienste, relative Erhöhung des Potentials für informelle Pflege) die Effekte möglicher Maßnahmen zu quantifizieren, die die Bedeutung der jeweiligen Pflegeformen in unterschiedlichem Ausmaß beeinflussen. Eine Reihe von evidenzbasierten Schlussfolgerungen und Argumenten zeigt abschließend die Bedeutung mobiler Dienste als integraler Bestandteil eines effektiven Pflegesystems auf.
Gabriela Goll (Pflegedirektorin Hilfswerk NÖ), LAbg. Bgm. KR. Michaela Hinterholzer (Präsidentin Hilfswerk NÖ), Dr. Ulrike Famira-Mühlberger (WIFO) (Foto: Hilfswerk Niederösterreich)
Gabriela Goll (Pflegedirektorin Hilfswerk NÖ), LAbg. Bgm. KR. Michaela Hinterholzer (Präsidentin Hilfswerk NÖ), Dr. Ulrike Famira-Mühlberger (WIFO) (Foto: Hilfswerk Niederösterreich)