Tourismusanalyse Sommersaison 2018

28.11.2018

Tourismusumsätze in der Sommersaison 2018 erreichen historischen Höchstwert

Die Gesamteinnahmen im österreichischen Tourismus beliefen sich in der Sommersaison 2018 laut Schätzungen des WIFO auf nominell 13,27 Milliarden Euro. Damit wird der bisherige Höchstwert des Sommers 2017 neuerlich um 3,5 Prozent übertroffen, preisbereinigt beträgt die Steigerung 1,4 Prozent.

Auf regionaler Ebene verzeichneten im Analysezeitraum vier Bundesländer überdurchschnittliche Steigerungen ihrer nominellen Tourismuseinnahmen, allen voran Oberösterreich (+7,3 Prozent) und Wien (+5,4 Prozent); auf den Plätzen 3 und 4 im Wachstumsranking folgen Tirol (+4,0 Prozent) und Salzburg (+3,6 Prozent). Niederösterreich wies mit +3,3 Prozent eine den bundesweiten Umsätzen ähnliche Dynamik auf. Die übrigen Bundesländer konnten ihre Tourismuseinnahmen gegenüber dem Sommer 2017 nur geringfügig steigern (nominell +0,8 Prozent bis +1,1 Prozent), was unter Berücksichtigung der regionalen Preisentwicklungen zu sinkenden realen Umsätzen geführt haben dürfte.

Eine erste Hochrechnung zu den Ankünften und Übernachtungen in- und ausländischer Gäste in Österreich im Sommer 2018 spiegelt den langjährigen Trend zu verkürzten Aufenthalten wider: Bei einer Zunahme der Gästeankünfte in registrierten Unterkunftsarten um 3,1 Prozent wuchs die Zahl der Übernachtungen mit +2,3 Prozent vergleichsweise geringer. Die daraus resultierende Verweildauer nahm um 0,7 Prozent ab und liegt damit aktuell bei durchschnittlich 3,11 Nächtigungen pro Gast. Der Rückgang in der Aufenthaltsdauer im Sommer beläuft sich damit seit 1993 auf insgesamt 37,8 Prozent (–1,9 Übernachtungen pro Gast); dieser Trend zu kürzeren Urlauben war nur in den Jahren 2002 (+0,1 Prozent) und 2016 (+0,2 Prozent) kurzzeitig zum Stillstand gekommen und wird sich voraussichtlich auch in der näheren Zukunft fortsetzen.

Im Analysezeitraum erreichte die Zahl der Übernachtungen in Österreich 76,74 Mio., der überwiegende Teil davon entfiel mit 70,2 Prozent auf internationale Gäste. Dieses Besuchersegment wuchs mit +2,5 Prozent zudem um ½ Prozentpunkt stärker als die Binnennachfrage. Der Anstieg bei den Übernachtungen in der Sommersaison 2018 ist vor allem auf die kräftige Dynamik in der ersten Saisonhälfte (Mai bis Juli 2018 +4,2 Prozent) und das gute Ergebnis im Oktober (+2,9 Prozent; Hochrechnung) zurückzuführen; im bedeutendsten Sommermonat August ging die Nächtigungsnachfrage leicht zurück (–1,0 Prozent), im September wurde ein mäßiger Zuwachs von 1,8 Prozent verbucht.

Positiv auf die Tourismusnachfrage in Österreich könnten sich auch die klimatischen Bedingungen ausgewirkt haben: Die durchschnittliche Temperatur lag in allen Sommermonaten zum Teil deutlich über dem langjährigen Mittel 1981/2010 (Mai +2,6°C; Juni +1,9°C; Juli +1,4°C; August +2,6°C; September +1,8°C; Oktober +2,0°C), zudem war der Großteil Österreichs von anhaltender Trockenheit geprägt. Während im September der Norden des Landes überdurchschnittlich viel Niederschlag verzeichnete, war es im Oktober im Süden deutlich zu nass. Die aufgrund des Klimawandels heißer werdenden Sommer könnten sich zumindest mittelfristig positiv auf die österreichische Tourismuswirtschaft auswirken, wenn die bisherigen Reiseströme in Richtung der Urlaubsregionen Südeuropas zukünftig vermehrt in alpine, kühlere Regionen sowie See-Destinationen umgelenkt werden. Andererseits mag die Attraktivität des Urlaubslandes Österreichs unter einer stark gesteigerten Nachfrage sowie den Auswirkungen des Klimawandels auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt auch leiden. Selbst wenn es gelingt, die Umsätze in der Sommersaison zu steigern, werden die durch den Klimawandel zu erwartenden Nachfrageeinbußen im Winterhalbjahr selbst durch alternative Angebote kaum wettzumachen sein, so dass der heimischen Tourismuswirtschaft daraus langfristig ein wirtschaftlicher Schaden in relevanter Höhe erwachsen könnte.

Die aktuelle Situation auf diversen Konkurrenzmärkten muss differenziert beurteilt werden, wobei insbesondere der Verfall der türkischen Lira die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Tourismuswirtschaft gegenüber der Türkei verschlechterte, während sich die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar positiv auswirkte. Sorgten politische Turbulenzen und die angespannte Sicherheitslage in den vergangenen Jahren für eine Verschiebung der touristischen Nachfrage von der Türkei sowie Tunesien und Ägypten in andere südeuropäische Länder, aber auch nach Österreich, so könnte sich dieser Trend aufgrund der preislichen Vorteile zumindest für die Türkei wieder umgekehrt haben.

Im internationalen Tourismus generierte Österreich von Mai bis Oktober 2018 53,89 Millionen Nächtigungen, 85,5 Prozent davon stammten von 15 ausgewählten Quellmärkten, die im Durchschnitt um 2,2 Prozent wuchsen. Unter diesen erbrachten vor allem die MOEL Polen (+11,2 Prozent), Tschechien (+11,1 Prozent) und Ungarn (+8,5 Prozent) sowie die USA (+6,9 Prozent) beträchtliche Zugewinne. Auch die Nachfrage aus Rumänien wuchs mit +3,7 Prozent noch relativ kräftig. Der bedeutendste Herkunftsmarkt, Deutschland (+2,6 Prozent; 53,0 Prozent der gesamten Auslandsnachfrage), sowie das Vereinigte Königreich (+2,4 Prozent) entwickelten sich in etwa im Durchschnitt der internationalen Gesamtnachfrage. Während belgische Gäste gegenüber der Vorjahresperiode geringfügig häufiger (+0,6 Prozent) in Österreich nächtigten, blieb die Nachfrage russischer Touristen knapp unter dem im Sommer 2017 stark angestiegenen Niveau (–0,3 Prozent; 2017 +28,1 Prozent; auf das bereits erreichte Nächtigungsvolumen des Sommers 2013 fehlen aktuell noch immer rund 173.600 Übernachtungen). Leichte bis mittlere Rückgänge der Nächtigungen zwischen 0,7 Prozent und 2,0 Prozent waren zudem bei Gästen aus Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden und Italien zu verzeichnen. Am dänischen Markt ging die Nachfrage im Sommer 2018 deutlicher zurück (–4,4 Prozent).

Nach Unterkunftsarten entwickelte sich die Nächtigungsnachfrage von Mai bis Oktober 2018 weiterhin in gewerblichen und privaten Ferienwohnungen überdurchschnittlich kräftig (+7,9 Prozent bzw. +5,4 Prozent), während die Hotellerie kaum Dynamik zeigte; das Wachstum erreichte hier in allen drei Segmenten jeweils nur +0,8 Prozent (5/4-Stern) bzw. +0,9 Prozent (3- und 2/1-Stern). In den übrigen Unterkünften (Campingplätze, Unterkünfte für Kinder und Jugendliche, Kurheime, bewirtschaftete Schutzhütten, sonstige Unterkünfte) zog die Nachfrage dagegen kräftig an (+4,4 Prozent).

Nach einer Schätzung des WIFO ergibt sich für das gesamte aktuelle Kalenderjahr 2018 eine Steigerung der nominellen Einnahmen aus dem Gesamtreiseverkehr um +4,4 Prozent; die preisbereinigten Tourismusumsätze dürften um +1,3 Prozent zunehmen, womit das Wachstum nur geringfügig unter dem realen Wert 2017 (+1,5 Prozent) zu liegen kam. Andererseits werden die touristischen Aufwendungen der Österreicher im Ausland (Reiseverkehrsimporte) 2018 preisbereinigt voraussichtlich um 5,0 Prozent zunehmen (nominell +4,8 Prozent). Die Beliebtheit von Auslandsreisen unter der österreichischen Bevölkerung nahm also weiterhin stark zu, nachdem die Reiseverkehrsimporte schon 2017 um real +7,7 Prozent gestiegen waren.
 

Weitere Informationen

Tabelle 10.6 der WIFO-Wirtschaftsdaten – "Saisonale Entwicklung im Tourismus"

Pressemitteilung von Statistik Austria (Hochrechnung zu Ankünften und Übernachtungen)

Rückfragen an

Dr. Margit Schratzenstaller-Altzinger, MA

Funktion: Ökonomin (Senior Economist), Gleichstellungsbeauftragte
WIFO-Tourismusexperte Oliver Fritz
WIFO-Tourismusexperte Oliver Fritz