Tourismusanalyse: Nächtigungen fast auf Vorkrisenniveau, Teuerung dämpft Ausgabebereitschaft

21.09.2023

Eingetrübte Konjunkturaussichten könnten auch die Tourismusnachfrage dämpfen

Die Nachfrage in Österreichs Beherbergungsbetrieben übertraf in der ersten Sommerhälfte 2023 jene vor der COVID-19-Krise (Ankünfte +1,0%, Nächtigungen +2,0%). Dabei lag nicht nur die Zahl der Nächtigungen von Binnenreisenden (+3,2%), sondern auch jene internationaler Gäste (+1,5%) über den Werten des Jahres 2019.

Die nur langsam zurückgehende Inflation und die verschlechterten Konjunkturaussichten trübten jedoch die Stimmung im Jahresverlauf ein, sodass die Bilanz für das Gesamtjahr 2023 etwas hinter den Erwartungen zurückbleiben könnte.

Nachdem die österreichische Tourismuswirtschaft in den von der Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 deutliche Rückgänge bei den Gästeankünften und Nächtigungen hinnehmen musste (Übernachtungen 2020 –35,9%, 2021 –47,9% gegenüber 2019), setzte bereits im vergangenen Jahr eine Aufschwungsphase ein, die auch im 1. Halbjahr 2023 anhielt. Im Gegensatz zu den Ankünften und Nächtigungen konnten die preisbereinigten Umsätze der Tourismuswirtschaft das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreichen. Nach einer Schätzung des WIFO lagen die nominellen Umsätze von Mai bis Juli 2023 zwar um 14,5% über dem Vergleichswert von 2019, die realen Einnahmen blieben jedoch um 11,7% darunter. Die wiedergewonnene Reiselust der Gäste ging also mit einer Zurückhaltung bei den Ausgaben einher.

Obwohl nahezu alle Tourismusregionen, einschließlich der Städte, von der Erholung der Nachfrage profitieren konnten, waren die alpinen Regionen in der ersten Sommerhälfte besonders erfolgreich: Die Nächtigungen lagen in diesen Regionen im Durchschnitt um 3,6% über dem Vergleichszeitraum 2019. Aufgrund des Klimawandels können diese Regionen auch in den kommenden Jahren mit einer verstärkten Nachfrage in der Sommersaison rechnen, wodurch das Problem des "Overtourism" auch die alpinen Destinationen betreffen wird.

Ausblick auf das Gesamtjahr 2023

Die anhaltend hohen Inflationsraten und die Verschlechterung der Konjunkturaussichten in Österreich und anderen europäischen Ländern trüben auch die Erwartungen der heimischen Tourismuswirtschaft. Auf Basis des WIFO-Nächtigungsszenarios könnte daher die mengenmäßige Nachfrage im Jahr 2023 um rund 1,7% unter dem Vergleichswert von 2019 liegen. Auch der Beitrag des Tourismus zur heimischen Wirtschaftsleistung wird das Vorkrisenniveau nicht ganz erreichen. Ein schneereicher Winterbeginn könnte die Aussichten jedoch verbessern.

 
 

Publikationen

Tourismusanalyse: Die Gäste kommen zurück, aber Teuerung dämpft reale Umsätze (Tourism Analysis: Guests Return, but Inflation Dampens Real Revenues)
WIFO Research Briefs, 2023, (12), 11 Seiten
Online seit: 21.09.2023 9:00
Trotz anhaltender Teuerung und insgesamt volatiler Rahmenbedingungen war die Nachfrage in Österreichs Beherbergungsbetrieben in der ersten Sommerhälfte 2023 stärker als vor der Krise (Ankünfte +1,0%, Nächtigungen +2,0%). Nicht nur Binnenreisende nächtigten von Mai bis Juli häufiger als im Vergleichszeitraum 2019 (+3,2%), sondern erstmals auch die internationalen Gäste (+1,5%). Für die gesamte Saison wird ein neuer Höchstwert von 79,8 Mio. Nächtigungen erwartet (Mai bis Oktober 2019/2023 +1,1%). Im Kalenderjahr 2023 könnte mit geschätzt etwa 150 Mio. Nächtigungen das zweitbeste Ergebnis nach 2019 erzielt werden (–1,7%). Die Tourismuseinnahmen dürften jedoch aufgrund der nach wie vor hohen Inflation sowie der zunehmenden Sparsamkeit der Gäste real spürbar zurückgehen und sich damit gegenläufig zur Nächtigungsnachfrage entwickeln.
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Mag. Dr. Oliver Fritz, MSc

Forschungsgruppe: Regionalökonomie und räumliche Analyse
© Hugo L. Casanova/Unsplash
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