Neues WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit

27.12.2020

Wirtschaftsstandort Österreich knapp hinter oberem Drittel in Europa

Das in einem aktuellen Artikel der WIFO-Monatsberichte von Michael Peneder, Angela Köppl, Thomas Leoni, Peter Mayerhofer und Thomas Url erstmals vorgestellte WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit fasst ausgewählte Befunde zu den Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandortes Österreich zusammen.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Erzielung hoher realer Einkommen sowie die Verbesserung der sozialen und ökologischen Lebensverhältnisse. Künftig wird die laufende Analyse des WIFO-Radars jeweils Schwerpunkte zu ausgewählten Bestimmungsfaktoren der Wettbewerbsfähigkeit und deren räumlicher Ausprägung setzen. In dieser ersten Ausgabe liegt der Fokus auf Leistungsindikatoren, also den Ergebnissen der Wettbewerbsfähigkeit.

Die Darstellung der Ergebnisse anhand von Prozenträngen als normiertem Maß (mit Werten von 0 für den schlechtesten Rang bis 100 für den besten Rang) erlaubt die einfache Aggregation der Indikatoren zu Durchschnittswerten. Im Mittel über alle 24 Indikatoren des Radars wiesen im jeweils letztverfügbaren Jahr (meist 2019 oder 2018) 66,1% aller europäischen Vergleichsländer gleiche oder ungünstigere Werte auf als Österreich. In der Gesamtbetrachtung lag Österreich somit knapp hinter dem oberen Drittel der Länder. Drei Jahre davor hatte der mittlere Prozentrang 66,7 betragen, zehn Jahre davor 71,8. Diese Durchschnittswerte fassen sehr unterschiedliche Entwicklungen zusammen:

Mit einem mittleren Prozentrang von 76,3 schnitt Österreich in der Dimension reale Einkommen, Produktivität und regionale Verteilung am besten ab. Die Position ist für diese Indikatoren im Zeitverlauf stabil und hat sich sogar leicht verbessert. Bemerkenswert ist der 1. Rang Österreichs für das BIP pro Kopf in den Nicht-Metropolregionen (Prozentrang 100). Nachteilig wirkt in dieser Dimension hingegen der unterdurchschnittliche Wert für die Multifaktorproduktivität.

Im Durchschnitt der Indikatoren zum Arbeitsmarkt und den sozialen Lebensverhältnissen gehörte Österreich mit einem Prozentrang von 58,9 nur zum Mittelfeld der Vergleichsländer. Dieser Wert wurde vor allem durch die relativ niedrige Beschäftigungsquote (in Vollzeitäquivalenten) und den relativ hohen Gender-Gap der Beschäftigungsquote gedrückt. Positiv ins Gewicht fielen die im europäischen Vergleich niedrige Quote der Armutsgefährdung, der niedrige Anteil von jungen Menschen, die sich nicht in Ausbildung, Beschäftigung oder Schulung befinden, und eine gleichmäßigere Verteilung der Einkommen.

In der Indikatorengruppe zum Einsatz natürlicher Ressourcen erreichte Österreich insgesamt einen Prozentrang von 62,3. Die hohe Abhängigkeit von Energieimporten und der geringe Anteil der Umwelttechnologiepatente belasten diesen Durchschnitt, während der relativ hohe Anteil erneuerbarer Energieträger und des Schienengütertransports die CO2-Bilanz verbessern.

Im Außenhandel gehörte Österreich mit einem durchschnittlichen Prozentrang von 68,8 zum oberen Drittel der Vergleichsländer. Am besten und stabilsten war Österreichs Position gemessen am Marktanteil an den Tourismusexporten mit einem Prozentrang von 83,8 vor dem Marktanteil an den weltweiten Warenexporten (67,7). Bezüglich des Leistungsbilanzsaldos lag Österreich knapp über dem europäischen Durchschnitt. Dieser Durchschnitt berücksichtigt aufgrund des spezifischen Messkonzeptes nicht die Entwicklung des real-effektiven Wechselkursindex, der im langjährigen Vergleich unverändert blieb, sich aber 2019 gegenüber dem Vorjahr um etwa 1% verbesserte.

Die WIFO-Themenplattform "Wettbewerbsfähigkeit" bündelt die Forschung am Institut zu relevanten Fragestellungen.
 

Publikationen

Michael Peneder, Angela Köppl, Thomas Leoni, Peter Mayerhofer, Thomas Url
Das WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft (A WIFO Radar of Competitiveness for the Austrian Economy)
WIFO-Monatsberichte, 2020, 93(12), S.887-898
Online seit: 22.12.2020 0:00
 
Das neue WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit erfasst die Leistungsfähigkeit des Standortes Österreich unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Zielgrößen anhand von 24 ausgewählten Indikatoren in vier Dimensionen. Stabile Werte im oberen Drittel verzeichnet es in Bezug auf die realen Pro-Kopf-Einkommen und den Außenhandel. Hinsichtlich der Dimensionen "soziale Lebensverhältnisse" und "Einsatz natürlicher Ressourcen" rangiert Österreich zwar ebenfalls über dem Durchschnitt, aber nur im europäischen Mittelfeld. Nach beständigen mäßigen Positionsverlusten in den letzten Jahren liegt Österreich im Durchschnitt aller Indikatoren knapp hinter dem oberen Drittel der europäischen Vergleichsländer.
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Priv.-Doz. Mag. Dr. Michael Peneder

Forschungsgruppe: Industrie-, Innovations- und internationale Ökonomie
© NASA/Unsplash
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