Mehrumsätze im Dezember erreichen preisbereinigt das Vorjahresniveau

16.12.2022

Video: Pressekonferenz von Handelsverband und WIFO

"Unter den gegebenen Rahmenbedingungen einer hohen Inflation und dem Krieg in der Ukraine kann das heurige Weihnachtsgeschäft mit einem nur leichten realen Rückgang gegenüber dem Vorjahr als Erfolg gewertet werden", erklärte WIFO-Ökonom Marcus Scheiblecker am 16. Dezember 2022 im Rahmen einer Pressekonferenz mit dem Handelsverband.

Das WIFO prognostiziert, dass die Nettoumsätze im Einzelhandel mit Nicht-Nahrungsmitteln heuer im Dezember nominell um knapp 9% expandieren. Bereinigt um Preisanstiege ergibt sich hingegen lediglich ein Anstieg von real 0,6%, was in etwa einer Stagnation entspricht.

Im Lebensmitteleinzelhandel wird im Dezember ein Umsatzanstieg von 7,7% erwartet. Allerdings entspricht dies einem realen Rückgang um 2,5%. Für den gesamten Einzelhandel ergibt sich hierdurch ein nominelles Wachstum von 8,4% und preisbereinigt von –0,8%.

Der überraschend scharfe Anstieg der Energiepreise belastet heuer den Ausgabenspielraum der Konsumentinnen und Konsumenten im Weihnachtsgeschäft. Die Zuversicht der privaten Haushalte wird zudem durch das Kriegsgeschehen in der Ukraine und den damit verbundenen Unsicherheiten gedämpft. Hingegen dürfte die robuste Entwicklung auf dem heimischen Arbeitsmarkt das Ausgabeverhalten positiv beeinflussen. Der bereits seit vielen Jahren zu beobachtende Trend im Einzelhandel abnehmender Umsatzspitzen im Dezember wird sich auch heuer fortsetzen.

Waren es in den vergangenen beiden Jahren die Lockdowns im Rahmen der COVID-19-Bekämpfung, die sich auf den Handel und das Weihnachtsgeschäft auswirkten, so ist es im heurigen Jahr die drastisch gestiegene Inflation, die den Geschäftsgang belastet.

Der internationale Anstieg der Energiepreise, der im Vergleich zum Dollar schwache Euro und die militärische Intervention Russlands in der Ukraine, ließen die Energiepreise heuer überraschend kräftig steigen. Der monatliche Anstieg der heimischen Inflationsrate von über 10%, zog einen Rückgang der real verfügbaren Haushaltseinkommen um 1,4% gegenüber dem Vorjahr nach sich. Die höheren Energiekosten belasten die Konsumausgaben der privaten Haushalte erheblich. Eine vom Gallup-Institut für das WIFO im Oktober durchgeführte Umfrage ergab, dass rund die Hälfte aller befragten Personen plant, heuer für Weihnachtsgeschenke weniger auszugeben als im Vorjahr.

Für das IV. Quartal 2022 rechnet das WIFO mit einer preisbereinigten Stagnation des Konsums der privaten Haushalte gegenüber dem Vorjahr. Entsprechend schwach dürfte die Entwicklung daher auch für den Einzelhandel ausfallen. Der Einzelhandel hat im heurigen Jahr nicht nur mit den durch die Inflation belasteten Konsumausgaben zu kämpfen, sondern wird auch durch die stark gestiegenen Energiekosten beeinträchtigt.

Der Trend einer abnehmenden Bedeutung des Dezembergeschäfts für den Einzelhandel, der bereits seit vielen Jahren zu beobachten war, wird sich auch heuer fortsetzen. Zum einen dürften vermehrt Weihnachtsgeschenke bereits im November angeschafft worden sein und zum anderen scheint der Anteil an verschenkten Gutscheinen erst im Jänner des Folgejahres in den Umsätzen auf. In den beiden vorangegangenen Jahren verzerrten Lockdown-bedingte Sondereffekte das Bild. So beeinträchtigte 2020 die COVID-19-Krise unterjährig das Ergebnis stärker als im Dezember, wodurch die Umsatzspitzen dieses Monats in diesem Jahr besonders hervorstechen. Im Jahr 2021 war der Effekt umgekehrt und die Dezemberspitze fiel eher schwach aus. Viele Weihnachtsgeschenke wurden 2021 wegen des Lockdown in den zum Lebensmitteleinzelhandel zählenden Supermärkten erworben. Dies hat den Dezembereffekt vor allem im Handel von Spielwaren und Büchern reduziert.
 

Auch wenn sich die Dezemberspitzen weiter abflachen werden, so wird anders als im Vorjahr das heurige Dezembergeschäft von keinen durch Lockdowns erzwungenen Schließtagen beeinträchtigt. Dies dürfte die Dezemberumsätze im Vorjahresvergleich stützen. Für das diesjährige Weihnachtsgeschäft prognostiziert das WIFO für den Dezember einen "Mehrumsatz" im Vergleich zum Durchschnitt von Jänner bis November von nominell 1,36 Mrd. €. Preisbereinigt (real) bedeutet dies ein Volumen von 924 Mio. €.
 

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Mag. Dr. Marcus Scheiblecker

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen
© Anton/Unsplash
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