Kosten für die Arbeitslosenversicherung von rund 500 Millionen Euro pro Jahr

22.11.2018

Viele Betriebe sparen Personalkosten, indem sie Arbeitsverhältnisse kurzfristig aussetzen, zeigen WIFO-Arbeitsmarktökonomen Rainer Eppel und Helmut Mahringer.

Ein Teil der Betriebe setzt in Zeiten geringerer Auslastung Arbeitsverhältnisse aus, um Personalkosten zu sparen. Nach kurzer Arbeitslosigkeit werden dieselben Arbeitskräfte wiedereingestellt. Da die Arbeitslosenversicherung mit Lohnersatzleistungen einspringt, entsteht für sie ein Mehraufwand von rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

Das Aussetzen, d. h. die Beendigung und anschließende Neubegründung, von Arbeitsverhältnissen ist seit Jahrzehnten gängige Praxis in Österreich. Werden alle Wiedereinstellungen innerhalb eines Jahres nach kurzer Arbeitslosigkeit berücksichtigt, dann zeigt sich: Im Jahr 2017 waren 13,7 Prozent aller Beschäftigungsaufnahmen Wiedereinstellungen beim früheren Arbeitgeber ("Recalls"). Fast ein Achtel der registrierten Gesamtarbeitslosigkeit (11,6 Prozent) entfiel auf "Layoff-Arbeitslosigkeit", also auf registrierte Arbeitslosigkeit während der Beschäftigungsunterbrechungen ("Layoffs"). Damit war die Layoff-Arbeitslosigkeit für rund einen Prozentpunkt der Arbeitslosenquote (insgesamt 8,5 Prozent im Jahr 2017) maßgebend.

Besonders häufig wird die Personalanpassungsstrategie in Bauwirtschaft, Tourismus und Arbeitskräfteüberlassung gewählt. Betroffen sind aber keineswegs nur die Saisonbranchen, sondern alle Wirtschaftsbereiche – darunter zum Beispiel Verkehr und Lagerei, Kunst, Unterhaltung und Erholung, Grundstücks- und Wohnungswesen, Wasser-, Abwasser- und Abfallentsorgung. Nicht nur saisonale, sondern auch sonstige kurzfristige Schwankungen im Personalbedarf werden damit ausgeglichen.


Abbildung: Aufwendungen für Existenzsicherungsleistungen während temporärer Layoffs

Q: WIFO-INDI-DV auf Basis von Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und des Arbeitsmarktservice Österreich. Auszahlungen an Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bei registrierter Arbeitslosigkeit (Status "arbeitslos") während temporärer Layoffs. 2017: noch untererfasst, da die Layoff-Arbeitslosigkeit von Personen mit Wiedereinstellung im Jahr 2018 noch nicht berücksichtigt ist.

 

Die Betriebe sparen Personalkosten, das betriebsspezifische "Humankapital" bleibt erhalten. Für die Arbeitslosenversicherung entstehen unmittelbare Kosten in einer Größenordnung von rund 500 Millionen Euro pro Jahr, da viele der Arbeitskräfte zwischen vorübergehendem Beschäftigungsende und Wiedereinstellung arbeitslos vorgemerkt sind und Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen. Darin sind die vom AMS zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge während der Arbeitslosigkeit noch nicht berücksichtigt.

Werden nur Wiedereinstellungen innerhalb von zwei Monaten betrachtet, um den Fokus auf sehr kurzfristiges und nicht saisonbedingtes Aussetzen von Arbeitsverhältnissen zu richten (die typischen Saisonpausen sind länger), dann belaufen sich die Kosten für die Arbeitslosenversicherung auf etwa 110 Millionen Euro jährlich.

 

Einen Beitrag im Arbeit&Wirtschaft Blog finden Sie hier.

Rückfragen an

Dr. Margit Schratzenstaller-Altzinger, MA

Funktion: Ökonomin (Senior Economist), Stellvertretung der Gleichstellungsbeauftragten

Publikationen

WIFO-Monatsberichte, 2018, 91(11), S.799-810
Online seit: 22.11.2018 0:00
 
Um kurzfristige, saison- und nicht saisonbedingte Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs auszugleichen, beenden viele Betriebe in Zeiten geringerer Auslastung Beschäftigungsverhältnisse und stellen anschließend bei verbesserter Auftragslage dieselben Arbeitskräfte wieder ein ("temporärer Layoff"). Sie wälzen damit Personalkosten auf die Arbeitslosenversicherung ab, da viele betroffene Arbeitskräfte während der Beschäftigungsunterbrechung arbeitslos vorgemerkt sind und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Diese personalpolitische Flexibilisierungsstrategie wurde bisher kaum thematisiert, spielt jedoch in Österreich seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle. Im Jahr 2017 waren 13,7% aller Beschäftigungsaufnahmen Wiedereinstellungen von temporär Arbeitslosen bei demselben Arbeitgeber innerhalb einer Zeitspanne von einem Jahr. Die registrierte Arbeitslosigkeit während temporärer Layoffs trug mehr als ein Achtel zur registrierten Gesamtarbeitslosigkeit bei. Sie war damit für rund 1 Prozentpunkt der Arbeitslosenquote maßgebend. Die Aussetzung von Beschäftigungsverhältnissen ist mit Kosten für die Arbeitslosenversicherung in einer Größenordnung von rund 500 Mio. € pro Jahr verbunden.
Studien, Juli 2018, 52 Seiten
Auftraggeber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 21.08.2018 0:00
 
Um kurzfristige, saison- und nicht saisonbedingte Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs auszugleichen, beenden viele Betriebe in Zeiten geringerer Auslastung Beschäftigungsverhältnisse und stellen anschließend bei verbesserter Auftragslage dieselben Arbeitskräfte wieder ein ("temporärer Layoff"). Sie wälzen damit Personalkosten auf die öffentliche Hand ab, da viele der betroffenen Personen während der Beschäftigungsunterbrechung als arbeitslos vorgemerkt sind und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Diese personalpolitische Flexibilisierungsstrategie wurde bisher kaum thematisiert, spielt jedoch in Österreich seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle. Im Jahr 2017 waren 13,7% aller Beschäftigungsaufnahmen Wiedereinstellungen von temporär Arbeitslosen bei demselben Arbeitgeber innerhalb einer Zeitspanne von einem Jahr. Die registrierte Arbeitslosigkeit während temporärer Layoffs trug mehr als ein Achtel zur registrierten Gesamtarbeitslosigkeit bei. Sie war damit für rund 1 Prozentpunkt der Arbeitslosenquote maßgebend. Die Aussetzung von Dienstverhältnissen war mit Kosten für die Arbeitslosenversicherung in einer Größenordnung zwischen 400 und 500 Mio. € pro Jahr verbunden.
© AMS/Fotostudio B&G
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