Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Abschätzung der mittelfristigen gesamtwirtschaftlichen Effekte des Familienbonus Plus
und des Kindermehrbetrags ‑ diese beiden Instrumente ersetzen ab 2019 den Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der
Kinderbetreuungskosten. Die Einführung von Familienbonus Plus und Kindermehrbetrag entlasten unter Berücksichtigung des Wegfalls
des Kinderfreibetrags und der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten laut WIFO-Berechnungen vor allem Haushalte
im mittleren Einkommensbereich (Übersicht 1).
43 Prozent der gesamten Nettoentlastung entfallen laut WIFO-Schätzungen auf Haushalte im mittleren Einkommensdrittel,
wo die durchschnittliche jährliche Nettoentlastung pro Kind 992 Euro beträgt. Im unteren Einkommensdrittel kann der Familienbonus
aufgrund der niedrigeren Einkommen nicht voll ausgeschöpft werden. Auf diese Gruppe entfallen 29 Prozent Gesamtentlastung
und die jährliche durchschnittliche Nettoentlastung beträgt hier pro Kind 681 Euro.
Im oberen Einkommensdrittel wirken das im Durchschnitt höhere Alter der Kinder für Kinder über 18 Jahre beträgt der
Familienbonus maximal 500 Euro pro Jahr und der vergleichsweise höhere Verlust durch die Abschaffung der Freibeträge.
Auf diese Gruppe entfallen 28 Prozent Gesamtentlastung und die jährliche durchschnittliche Nettoentlastung beträgt hier pro
Kind 897 Euro.
Für diese Berechnung wurde eine vollständige Inanspruchnahme und optimale Aufteilung des Familienbonus zwischen den Elternteilen
angenommen.
Der bereits 2019 durch die Inanspruchnahme des Familienbonus durch unselbständig beschäftigte Eltern über die betriebliche
Lohnverrechnung entstehende Steuerausfall wird mit 609 Millionen Euro angenommen. Ab dem Jahr 2020 entfaltet der
Familienbonus seine vollständige Wirkung, da dann auch die Haushalte, die den Familienbonus und den Kindermehrbetrag über
die Lohn- und Einkommensteuerveranlagung in Anspruch nehmen, ebenfalls in den Genuss der Entlastung kommen.
Von 1,24 Milliarden Euro im Jahr 2020 steigt die Nettoentlastung auf 1,56 Milliarden Euro im Jahr 2022
an. Die WIFO-Berechnungen berücksichtigen dabei sowohl den Anstieg der Nettoentlastung durch jährliche Einkommenssteigerungen
als auch die Ansprüche für im Ausland lebende Kinder, wobei die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Österreich und in
den Wohnsitzländern berücksichtigt wurden.
Durch die Lohn- und Einkommensteuerentlastung steigen die verfügbaren Einkommen der Haushalte, wodurch der private Konsum
und die Wirtschaftsleistung steigen. Infolge der Wachstumsbeschleunigung nimmt die Beschäftigung zu und die Arbeitslosigkeit
sinkt. Die Nachfragesteigerung bewirkt auch einen Anstieg des Preisniveaus.
Die Simulationsberechnungen mit dem WIFO-Macromod zeigen, dass nach vier Jahren (2022) das reale BIP gegenüber der Basislösung
ohne Steuerentlastung um kumuliert 0,3 Prozent, die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse um 11.000 (+0,3 Prozent)
und die Reallöhne pro Kopf um +0,15 Prozent gestiegen sind (Übersicht 2). Der Nachfragezuwachs geht mit einem Anstieg
der Inflationsrate um jährlich 0,1 Prozentpunkte einher.
Durch die Lohn- und Einkommensteuerentlastung ausgelöste zusätzliche Nachfrageimpulse führen zu Mehreinnahmen an direkten
und indirekten Steuern und Sozialabgaben. Dadurch halbiert sich die Verschlechterung des Finanzierungssaldos des Staates gegenüber
dem zweiten Jahr. Bis zum Jahr 2022 resultiert daraus eine Zunahme der Staatsverschuldung um 1,96 Mrd. Euro.
In diesen Berechnungen wurden außer dem Wegfall des Kinderfreibetrages und der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten keine
weiteren Maßnahmen zur Gegenfinanzierung angenommen. Je nach deren Ausgestaltung würden die beschriebenen gesamtwirtschaftlichen
Effekte dadurch geringer ausfallen.
Funktion: Ökonom (Senior Economist)
Publikationen
WIFO-Monatsberichte, 2018, 91(10), S.745-755
Online seit: 29.10.2018 0:00
Die Nettoentlastung der privaten Haushalte durch die Einführung des Familienbonus Plus und des Kindermehrbetrages entfällt
auf Basis der Berechnungen mit dem Mikrosimulationsmodell WIFO-Micromod zu 43% auf das mittlere, zu 28% auf das obere und
zu 29% auf das untere Einkommensdrittel. Für die privaten Haushalte ergibt sich bei der unterstellten Ausweitung der Inanspruchnahme
im Jahr 2020 eine Entlastung um 1,2 Mrd. €, die bis 2022 auf 1,56 Mrd. € steigt. Wie die Simulation der mittelfristigen gesamtwirtschaftlichen
Effekte (ohne zusätzliche Maßnahmen zur Gegenfinanzierung) mit dem Makrosimulationsmodell WIFO-Macromod zeigt, ist das reale
BIP nach vier Jahren kumuliert um 0,31% höher als in der Basislösung ohne Einführung von Familienbonus Plus und Kindermehrbetrag,
die Zahl der unselbständig Beschäftigten erhöht sich um 11.000. Die Reallöhne pro Kopf steigen um 0,15% und das Preisniveau
um 0,4%. Im vierten Jahr ist die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte um 1,96 Mrd. € höher als in der Basislösung.
WIFO Bulletin, 2018, 23(14), S.131-144
Online seit: 02.11.2018 0:00
This paper analyses the effects of the introduction of the tax relief for families family bonus (Familienbonus) and supplementary
child benefit (Kindermehrbetrag) on household income in Austria, using the WIFO-Micromod microsimulation model that is based
on the EU-SILC data. The average yearly (person-weighted) equivalised household income increases by 320 €, which corresponds
to a relative increase of 1.4 percent. For the families concerned, the reform leads to an increase in the corresponding income
by 733 € or 3.1 percent and to a reduction in the average yearly income tax burden by 1,556 €. The effects are most pronounced
in the medium range of the household income distribution. The total personal income tax revenue decreases by 1.5 billion €
per year.