Familienbonus: Die Mitte profitiert am stärksten

13.06.2018

Rund 95 Prozent aller heimischen Familien kommen laut WIFO-Berechnungen in den Genuss der neuen Regelung. Die Entlastung ist aber ungleich verteilt.

Die Entlastung von Familien mit Kind durch Familienbonus und Kindermehrbetrag beläuft sich auf durchschnittlich 1400 Euro pro Jahr. Familien mit geringem oder keinem Einkommen profitieren weniger bis gar nicht, erklärt WIFO-Forscher Marian Fink im Ö1-Mittagsjournal. Die Armutsgefährdung sinkt.
Insgesamt 86 Prozent aller österreichischen Haushalte, in denen Familienbeihilfe bezogen wird, profitieren vom neuen Familienbonus. Unter Einbeziehung des Kindermehrbetrags für alleinerziehende und alleinverdienende Eltern steigt diese Zahl auf 95 Prozent. Das haben die WIFO-ForscherInnen Marian Fink und Silvia Rocha-Akis errechnet.

Zu Gute kommt der Familienbonus, den die Regierung am Mittwoch in einen Gesetzesentwurf gegossen hat, vor allem Haushalten mit mittleren Einkommen. Künftig sollen Eltern, so sieht es die Regelung vor, pro minderjährigem Kind eine Einkommensteuer-Gutschrift von bis zu 1500 Euro erhalten. Für Kinder über 18 Jahre, für die Familienbeihilfe bezogen wird, sind es 500 Euro. Der Kindermehrbetrag für AlleinerzieherInnen oder AlleinverdienerInnen soll bei 250 Euro pro Jahr und Kind liegen.

Durchschnittlich beträgt die Entlastung der betroffenen Haushalte laut WIFO-Berechnungen 1416 Euro im Jahr. Sie ist jedoch ungleich verteilt: „Es gibt eine Gruppe von Haushalten, die gar nicht profitiert“, sagt WIFO-Forscher Marian Fink im Ö1-Mittagsjournal ( Hier der gesamte Beitrag zum Nachhören). „Das sind Familien, in denen zwar zwei Personen verdienen, die aber unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro bleiben.“

Alleinerziehende erhalten mitunter am wenigsten

Am stärksten profitieren Haushalte in der Mitte der Einkommensverteilung: Im vierten Dezil ist die durchschnittliche Entlastung mit 1800 Euro in absoluten Zahlen am höchsten. Die Entlastung ist neben dem Einkommen maßgeblich von der Anzahl und dem Alter der Kinder abhängig. So profitieren Paare mit zwei und mehr Kindern durchschnittlich am meisten, während Alleinerziehende mitunter am wenigsten bekommen.

„Die politische Zielsetzung, einkommensteuerpflichtige Familien zu entlasten, wird mit dieser Maßnahme gut erreicht“, sagt Fink im Ö1-Mittagsjournal. „Bedürftigere Haushalte würde man mit einem Ausbau leistbarer Kinderbetreuung besser unterstützen.“ Die Armutsgefährdung unter den Familien in Österreich sinkt durch die neue Regelung dennoch – und zwar von derzeit 12,8 Prozent auf 11,7 Prozent. Die mit dem Gini-Koeffizienten gemessene Einkommensungleichheit verändert sich nicht.

Insgesamt liegen in Österreich die Familienleistungen der öffentlichen Hand gemessen am BIP übrigens knapp über dem OECD-Durchschnitt. Die monetären Familienleistungen über wiegen gegenüber den Sachleistungen erheblich, allerdings verringerte sich ihr Anteil seit dem Jahr 2000 deutlich. So lauten die Erkentnisse eines aktuellen Monatsberichtsbeitrags von WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller.

Rückfragen an

Mag. Marian Fink

Funktion: Ökonom (Senior Economist)

Mag. Dr. Silvia Rocha-Akis

Funktion: Ökonomin (Senior Economist)

Publikationen

Wirkung einer Einführung von Familienbonus und Kindermehrbetrag auf die Haushaltseinkommen. Eine Mikrosimulationsstudie (Effects of the Introduction of "Familienbonus" and "Kindermehrbetrag", the New Tax Relief for Families in Austria. A Microsimulation Study)
WIFO-Monatsberichte, 2018, 91(5), S.359-374
Online seit: 04.06.2018 0:00
 
Wie die Analyse der Effekte einer Einführung des Familienbonus einschließlich des Kindermehrbetrages mit dem Mikrosimulationsmodell WIFO-Micromod auf Basis der EU-SILC-Daten zeigt, steigt das durchschnittliche jährliche äquivalisierte Haushaltseinkommen dadurch um 184 € bzw. 0,8%. Für die betroffenen Haushalte bewirkt die Reform einen Anstieg des entsprechenden Einkommens um 635 € bzw. 2,7%, während die Einkommensteuerbelastung durchschnittlich um 1.416 € im Jahr sinkt. Die Effekte sind in der Mitte der Verteilung am stärksten ausgeprägt. Das Einkommensteueraufkommen der privaten Haushalte verringert sich laut Simulationsergebnissen um 1,6 Mrd. € pro Jahr.
Langfristige Entwicklung von Höhe und Struktur der Familienleistungen in Österreich (Long-term Trends of Level and Structure of Family Benefits in Austria)
WIFO-Monatsberichte, 2018, 91(5), S.345-358
Online seit: 04.06.2018 0:00
 
In Österreich liegen die Familienleistungen der öffentlichen Hand gemessen am BIP knapp über dem OECD-Durchschnitt. Die monetären Familienleistungen überwiegen gegenüber den Sachleistungen erheblich, allerdings verringerte sich ihr Anteil seit 2000 deutlich. Gleichzeitig wurden mit einer Reihe von Reformen des Instrumentariums der monetären Leistungen Anreize für eine höhere Väterbeteiligung gesetzt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für beide Elternteile verbessert. Die Aufwendungen der öffentlichen Hand für Familien im engeren Sinne stiegen in Österreich zwischen 2000 und 2016 von 6,6 Mrd. € auf knapp 10,3 Mrd. €. Mit 2,9% des BIP lagen sie 2016 etwas unter dem Wert des Jahres 2000 (3,1%) und stagnieren de facto seit 2006. Da die Zahl der Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahre langfristig rückläufig ist, wachsen die Pro-Kopf-Familienleistungen langfristig: Von 3.540 € pro Kind 2000 stiegen sie bis 2016 nominell auf fast 6.000 €.