Europas Regionen haben mehr Potenzial

04.05.2023

Grüne und digitale Zukunftstechnologien erfordern auch in Österreich eine zielgerichtete und internationale Zusammenarbeit

Die technologischen Fähigkeiten für die grüne und digitale Transformation finden sich in ganz Europa – sie sind jedoch sehr unterschiedlich zwischen den Regionen verteilt. Eine neue Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung unter Mitwirkung des WIFO zeigt: Europa hat mehr Potenzial und braucht eine bessere Verknüpfung der Regionen.

Zwischen 2017 und 2021 haben die europäischen Regionen mit dem höchsten wirtschaftlichen Entwicklungsniveau 80% der Patente in grünen und digitalen Technologien produziert. So verfügen reichere Regionen über mehr Potenziale für die Entwicklung von Zukunftstechnologien – und damit auch mehr Möglichkeiten für wirtschaftliche Entwicklung.

Um die Stärken und Chancen der verschiedenen Regionen besser zu nutzen und einer wachsenden Kluft zwischen den europäischen Regionen durch die "doppelte Transformation" entgegenzuwirken, braucht es einen Überblick über die vorhandenen Fähigkeiten und Potenziale.

WIFO-Ökonomin Julia Bachtrögler-Unger untersucht gemeinsam mit Pierre-Alexandre Balland (Universität Utrecht, Artificial and Natural Intelligence Toulouse Institute), Ron Boschma (Universität Utrecht, Universität Stavanger) und Thomas Schwab (Bertelsmann Stiftung) das technologische Profil von 288 europäischen Regionen, und darauf aufbauend das Potenzial verschiedener Regionen für die Entwicklung von 42 Technologien, die für die Bewältigung der grünen und digitalen Transformation erforderlich sind. Die Studie wurde kürzlich in Brüssel präsentiert.

Auch Österreich könnte von internationaler Zusammenarbeit profitieren

Gemäß der Patentstatistik 2017/2021 ist Kärnten derzeit auf die Entwicklung digitaler Technologien spezialisiert, das Burgenland und Niederösterreich weisen im Vergleich zum europäischen Durchschnitt eine Spezialisierung auf grüne Technologien auf. Wien zeigt etwa auf Basis seiner bisherigen Patentaktivität mit einem merklichen Potenzial im Bereich der Künstlichen Intelligenz auf, das u. a. durch die Zusammenarbeit mit den "optimalen" Partnerregionen im nahen EU-Ausland gehoben werden könnte.

Bei der Entwicklung von grünen und digitalen Technologien wird oft über Regionsgrenzen hinweg kooperiert. Allerdings endet diese Zusammenarbeit aber oftmals an den Grenzen der EU-Länder. Dadurch geht viel an Potenzial für die Entwicklung von Zukunftstechnologien verloren. Vielfach werden sich ergänzende technologische Fähigkeiten nicht verknüpft, wie die Studie zeigt. Dies bremst nicht nur die doppelte Transformation aus, sondern verschlechtert auch Europas Position im globalen Wettbewerb.

Die Entwicklung neuer Technologien ist auch eine Chance für den inneren Zusammenhalt in Europa: hier besteht die Gelegenheit für Kooperation zwischen patentreicheren und ‑ärmeren Regionen, die bereits heute einander ergänzende Technologien entwickeln.

Das Potenzial, das sich aus grenzüberschreitenden Technologie-Kooperationen ergibt, kann sowohl für die Beschleunigung der doppelten Transformation als auch zur Stärkung des europäischen Zusammenhalts genutzt werden. "Um die europäische Zusammenarbeit von Regionen zu fördern, sollte die Politik darauf abzielen, Regionen gezielt zu unterstützen, den Aufbau von Forschungskapazitäten zu fördern sowie institutionelle Hürden zu reduzieren", so die Studienautor:innen. "Das kann helfen, das technologische Potenzial von Regionen voll auszuschöpfen und die für die Entwicklung von Zukunftstechnologien erforderliche Mobilität von Ressourcen sicherzustellen."

 

Publikationen

Julia Bachtrögler-Unger (WIFO), Pierre-Alexandre Balland, Ron Boschma (Universität Utrecht), Thomas Schwab (Bertelsmann Stiftung Gütersloh)
Auftraggeber: Argos Strategy Group
Studie von: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung
Online seit: 04.05.2023 9:00
Technological capabilities vary substantially across European regions. Combining these diverse sets of capabilities is crucial to develop the technologies necessary to master the green and digital transition. However, collaboration between regions is sparse today. To increase inter-regional cooperation, linkages that spur the development of green and digital technologies must be identified. In this study, we provide an overview of inter-regional collaborations already in place and map new opportunities for these between regions. A special emphasis is placed on potential collaborations between economically leading and lagging regions. Our results provide new impetus for policy designs that strengthen regional innovation capabilities and cohesion across Europe's regions.
Rückfragen an

Julia Bachtrögler-Unger, PhD

Forschungsgruppe: Regionalökonomie und räumliche Analyse
Julia Bachtrögler-Unger, Ron Boschma, Pierre-Alexandre Balland und Thomas Schwab bei der Studienpräsentation in Brüssel. © Philippe Veldeman/Bertelsmann Stiftung
Julia Bachtrögler-Unger, Ron Boschma, Pierre-Alexandre Balland und Thomas Schwab bei der Studienpräsentation in Brüssel. © Philippe Veldeman/Bertelsmann Stiftung