Effekte einer CO2-Besteuerung

20.01.2021

WIFO Working Paper von Angela Köppl und Margit Schratzenstaller bietet Literaturüberblick

Die WIFO-Forscherinnen Angela Köppl und Margit Schratzenstaller haben für eine Studie im Auftrag der EU-Kommission einen ausführlichen Überblick über die theoretische und empirische Literatur zu den wichtigsten Effekten von CO2-Steuern ausgearbeitet. Dieser Überblick wurde nun in einem WIFO Working Paper veröffentlicht.

Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel und der Erhöhung der Klimaziele bis 2030 in der EU sowie des Ziels Österreichs bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, gewinnt die Frage nach wirksamen Instrumenten der Klimapolitik an Bedeutung.

Die Bepreisung von CO2, etwa in Form von einer CO2-Besteuerung, und die Frage nach ihren Wirkungen findet daher zunehmende Beachtung in der akademischen wie wirtschafts- und umweltpolitischen Diskussion. Dies ist der Hintergrund einer soeben veröffentlichten, vom Wirtschaftsforschungsinstitut Ecorys koordinierten Studie im Auftrag der Europäischen Kommission zum Stand der CO2-Besteuerung in den EU-Mitgliedsländern.

Umweltsteuern müssen im Kontext des Klimawandels in einer breiteren Perspektive betrachtet werden und es gilt zu berücksichtigen, dass der Übergang zur Klimaneutralität einen tiefgreifenden Strukturwandel erfordert, der nicht durch inkrementelle (politische) Schritte erreicht werden kann. Ein solcher tiefgreifender Strukturwandel impliziert vielmehr einen enormen Investitionsbedarf. In diesem Zusammenhang muss der Fokus auf einen breiteren Policy-Mix gelegt werden, der eine breite Palette von Instrumenten wie preisbasierte Instrumente, Subventionen, Standards und öffentliche Infrastrukturinvestitionen integriert. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass eine strategische Kombination von Klimaschutzmaßnahmen erhebliche Synergien bringen kann. Umweltsteuern müssen daher in eine breitere Systemperspektive integriert werden. Darüber hinaus ist angesichts der Dringlichkeit von Treibhausgasemissionsreduktionen das transformative Signal von Politikinstrumenten in Richtung langfristiger Dekarbonisierung von größter Bedeutung.

Aus dem ausführlichen Überblick über die theoretische Literatur zu den Auswirkungen und zur Bedeutung von Umweltsteuern im Allgemeinen und CO2-Steuern im Besonderen können mehrere Schlussfolgerungen gezogen werden. Diese beziehen sich auf die wichtigsten Wirkungsdimensionen von CO2-Steuern: ihre ökologische Effektivität, ihre Effekte auf wichtige makroökonomische Größen (insbesondere Wachstum und Beschäftigung), Wirkungen bezüglich Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, Verteilungseffekte sowie öffentliche Akzeptanz.

Zunächst sind Umweltsteuern zwar ein wichtiges Instrument in einem Werkzeugkasten verfügbarer umweltpolitischer Instrumente, jedoch aus verschiedenen Gründen als alleinige Maßnahme unzureichend. Dennoch ist die Bepreisung negativer Externalitäten seit langem eine der zentralen Säulen der Umweltökonomie. Dabei ist die "optimale" Bepreisung im Kontext des Klimawandels mit Unsicherheiten konfrontiert, die mit der Komplexität des Klimasystems zusammenhängen. Die Besonderheiten des Klimawandels erfordern eine Erweiterung der Perspektive auf CO2-Steuern aufgrund der Bedeutung von Stock-Flow-Beziehungen oder von Marktbarrieren wie dem Prinzipal-Agent-Problem zwischen Hausbesitzern und Mietern. Entscheidend für die CO2-Bepreisung ist die konkrete Ausgestaltung der Politik, insbesondere im Hinblick auf die Verteilungswirkungen, die die öffentliche Akzeptanz erheblich beeinflussen.

Ein Review der empirischen Studien erlaubt mehrere Schlussfolgerungen hinsichtlich der verschiedenen betrachteten Wirkungsdimensionen. Eine zunehmende Anzahl von Ex-post-Studien – sowohl Länderstudien als auch länderübergreifende Analysen – zeigen, dass CO2-Steuern die CO2-Emissionen effektiv reduzieren oder zumindest ihr Wachstum dämpfen können, ohne Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu beeinträchtigen. Die in den vorliegenden Ex-post-Evaluierungen ermittelten Schätzungen der emissionsmindernden Effekte liegen in einem recht breiten Bereich und sind oft eher moderat. Die Höhe des CO2-Steuersatzes ist ein entscheidender Faktor für seine Wirksamkeit: Nur ein entsprechend hoher Steuersatz ist in der Lage CO2-Emissionen effektiv zu reduzieren. Der Schlüssel zum Erreichen einer doppelten Dividende, bestehend aus ökologischer Wirksamkeit und einem ökonomischen Nutzen, ist die Verwendung der Einnahmen: Die Rückgabe der Einnahmen über die Senkung von Sozialversicherungsbeiträgen und die Senkung von Steuern auf Arbeitseinkommen ist im Gegensatz zu pauschalen Transfers meist mit einer doppelten Dividende verbunden. Zudem beeinträchtigen CO2-Steuern die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, wenn überhaupt, nur in geringem Maße. Bislang fehlen jedoch überzeugende empirische Belege dafür, dass eine Bepreisung von CO2, z. B. über CO2-Steuern, den technologischen Wandel herbeiführen kann, der für eine vollständige Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft erforderlich ist. Es besteht auch ein empirischer Konsens darüber, dass Umweltsteuern differenzierte Verteilungseffekte haben: Generell wirkt die Besteuerung von Kraftstoffen in vielen Ländern progressiv, während Steuern auf Heizstoffe leicht regressiv und Steuern auf Strom deutlich regressiv wirken. Modellsimulationen zeigen, dass pauschale Transfers besser geeignet sind, die regressiven Effekte für niedrigere Einkommen abzumildern, während höhere Einkommen stärker von einer Reduktion der Abgaben auf Arbeit profitieren. Für die öffentliche Akzeptanz spielen Klimaschutzinvestitionen aus den Mitteln der Steuereinnahmen eine Rolle. Schließlich hängt die öffentliche Akzeptanz von CO2-Steuern von einer Reihe von Faktoren ab und kann durch öffentliche Information, die Vermeidung negativer Verteilungseffekte und die Zweckbindung eines Teils der Einnahmen für "Umweltprojekte" erhöht werden. "Paketlösungen", die mehrere klimapolitische Maßnahmen im Allgemeinen und preisbasierte Instrumente im Besonderen kombinieren, können effektiver sein als Einzelmaßnahmen.

Abgesehen von dem breiten theoretischen und empirischen Konsens über die Nützlichkeit von Umweltsteuern muss schließlich jede konkrete politische Reform sowohl die Systemgrenzen als auch den spezifischen politischen Kontext und die allgemeinen sozioökonomischen Bedingungen und Politikstile im jeweiligen Land berücksichtigen. Darüber hinaus deutet die einschlägige Literatur darauf hin, dass eine internationale oder zumindest EU-weite Koordinierung der Politik zusätzliche wirtschaftliche und ökologische Vorteile mit sich bringt.
 

Publikationen

WIFO Working Papers, 2021, (619), 51 Seiten
Online seit: 20.01.2021 0:00
In view of the challenges posed by climate change and the increase in climate targets by 2030 in the EU, as well as Austria's goal of achieving climate neutrality by 2040, the question of effective climate policy instruments is gaining in importance. The pricing of CO2, for instance in the form of a carbon tax, and the question of its effects are therefore attracting increasing attention in the academic as well as economic and environmental policy debate. The paper provides a detailed overview of the theoretical and empirical literature on the effects of carbon taxes. The focus is on the most important impact dimensions of carbon taxes: environmental effectiveness, effects on important macroeconomic variables (especially growth and employment), effects on innovation and competitiveness, distributional effects, and public acceptance.
Rückfragen an

Mag. Dr. Angela Köppl

Forschungsgruppe: Klima-, Umwelt- und Ressourcenökonomie

Dr. Margit Schratzenstaller-Altzinger, MA

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen
© Árpád Kiss/Unsplash
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