COVID-19-Pandemie ließ heimische Wirtschaftsleistung bereits im I. Quartal 2020 kräftig sinken

30.04.2020

Aktuelle Schnellschätzung des WIFO

Gemäß der aktuellen Schnellschätzung des WIFO sank die österreichische Wirtschaft im I. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,7%. Damit zeigen sich die wirtschaftlichen Effekte der COVID-19-Pandemie und der einhergehenden Maßnahmen (ab Mitte März) bereits im Wachstum der ersten 3 Monate.

Vor allem die Bereiche Tourismus, Verkehr, Handel, persönliche Dienstleistungen sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung waren von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betroffen. Auch in der Industrie und der Bauwirtschaft kam es aufgrund der Einschränkungen zu Wertschöpfungseinbußen.

Wichtige Information:

Die aktuelle Situation bedarf Änderungen sowohl in der Erstellung als auch der Publikation von wirtschaftlichen Daten. Die Daten dieser Rechnung gelten als vorläufig, sind mit größeren Unsicherheiten verbunden und werden dadurch vermutlich auch einem größeren Revisionsbedarf als üblich unterliegen. Dies betrifft vor allem die Abbildung der wirtschaftlichen Tätigkeit im März, wo den aktuellen Berechnungen der Schnellschätzung nur ein eingeschränktes Indikatorenset zugrunde liegt und ergänzende Schätzungen notwendig waren.

Weiters verzichtet das WIFO bis auf Weiteres auf die Publikation der Trend-Konjunktur-Komponente, da die übliche Aussagekraft dieser Komponente aufgrund des starken Einbruchs am aktuellen Rand nicht gegeben ist. Stattdessen wird in der Darstellung und Beschreibung auf die unbereinigten Jahresveränderungsraten sowie auf die saison- und arbeitstagsbereinigte Veränderungsrate gegenüber dem Vorquartal (Kennzahl laut Eurostat-Vorgabe) fokussiert. Beide Kenngrößen bilden den wirtschaftlichen Einbruch – zumindest in der rezenten Betrachtung – am besten ab.

Im I. Quartal 2020 lag die heimische Wirtschaftsleistung nach ersten Berechnungen um 2,7% unter dem Niveau des Vorjahres. Gegenüber der Vorperiode sank das BIP um 2,5% (Kennzahl laut Eurostat-Vorgabe). Einen Rückgang dieser Größenordnung hat es zuletzt während der Finanzmarktkrise 2008/09 gegeben, wobei zum Unterschied von damals der Wachstumseinbruch aktuell bereits zu Beginn der Krise ein hohes Ausmaß annimmt.

Die Entwicklung im I. Quartal 2020 wurde maßgeblich durch die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie in der zweiten Märzhälfte bestimmt und betraf vor allem die Handels- und Dienstleistungsbereiche. Allen voran die Bereiche Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie. Hier sank die Wertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um 7,3% und war mit ‑1,5 Prozentpunkten für mehr als die Hälfte des BIP-Rückganges im I. Quartal verantwortlich. Ebenfalls stark betroffen waren die Bereiche Sport‑, Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen sowie persönliche Dienstleistungen (z. B. Frisöre), hier reduzierte sich das Wachstum insgesamt um 8,1%. Der Einfluss auf den gesamten Rückgang fällt hierbei aber deutlich geringer aus. Gestützt wurde die Wertschöpfungsentwicklung hingegen von Dienstleistungen, wo nicht unmittelbar persönlicher Kontakt notwendig ist bzw. Tätigkeiten auch mittels Online-Kommunikation durchführbar sind. Ebenfalls positiv beigetragen haben die Bereiche der Öffentlichen Verwaltung.

Auch in den Sektoren Bergbau, Herstellung von Waren, Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung kam es zu Rückgängen in der Wertschöpfung. Nachdem in der Industrie die wirtschaftliche Dynamik bereits im vergangenen Jahr zurückging, verstärkten die Produktionsausfälle im März diese Entwicklung weiter. Die Konjunktur in der Bauwirtschaft verlief hingegen bis zum Ausbruch der Krise sehr gut. Hier dürfte auch die günstige Witterung einen positiven Effekt verzeichnet haben. Durch Baustellenschließungen wurde dann in der zweiten Märzhälfte auch hier die Produktion eingeschränkt, so dass die Wertschöpfung im I. Quartal insgesamt um 0,5% sank.

Von den Nachfragekomponenten wurde das BIP vor allem vom privaten Konsum eingeschränkt, da die Angebotsbeschränkungen im Handels- und Dienstleistungsbereich unmittelbar einen Nachfrageausfall mit sich gezogen haben. Die privaten Konsumausgaben sanken nach vorläufigen Berechnungen im I. Quartal um 3,6% und lieferte einen negativen Wachstumsbeitrag von 1,8 Prozentpunkten.

Auch die Investitionen wurden eingeschränkt, wenngleich die rückläufige Entwicklung bei den Anlageinvestitionen im I. Quartal noch moderater verlief. Diese lagen aktuell um 2,2% unter dem Niveau des Vorjahres. Die außenwirtschaftliche Dynamik war von der weitreichenden Betroffenheit der COVID-19-Pandemie beeinflusst, sowohl die Exporte (‑3,9%) als auch die Importe wurden gegenüber dem Vorjahr eingeschränkt (‑4,4%).

Die nächste Rechnung zum I. Quartal 2020 wird vom WIFO am 29. Mai 2020 veröffentlicht.

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Dr. Jürgen Bierbaumer, MA

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen

Mag. Sandra Bilek-Steindl

Forschungsgruppe: Makroökonomie und öffentliche Finanzen
© Ioan Radu Mester/Unsplash
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