Die Liberalisierung des Arbeitsmarktzugangs für mehrere osteuropäische Staaten, darunter die direkten Nachbarstaaten Ungarn,
Tschechien, Slowenien und Slowakei, führte für Österreich im Jahr 2011 zu einem Schock des Arbeitskräfteangebots. Die Arbeitskräfteimmigration
beschleunigte sich nicht nur aufgrund der geografischen Nähe, sondern auch aufgrund der großen Lohnunterschiede, spürbar
mit vielfältigen Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt.
Kurzfristig führte der gewachsene Arbeitskräftepool zum gleichzeitigen Anstieg von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Oder,
anders formuliert: Für die Arbeitgeber wurde die Arbeitssuche leichter, für Arbeitnehmer schwieriger. Während Unternehmen
offene Stellen rascher (und bei zumindest kurzfristig niedrigeren Löhnen) besetzen konnten, fiel es einheimischen Arbeitskräften
schwerer, einen Job zu finden. So führte der Schock kurzfristig zu durchaus markanten Verdrängungseffekten von inländischen
Arbeitskräften, wie WIFO-Forscher Stefan Schiman in seinem aktuellen Working Paper analysiert: Zwischen 40 und 80 Prozent
der Zunahme der Arbeitslosigkeit in den Jahren ab 2011 ist, so das Ergebnis, auf die Öffnung des Arbeitsmarktes zurückzuführen.
Mittel- und langfristig zeigt sich hingegen ein anderes Bild: Niedrige Rekrutierungskosten für Unternehmen führen dazu, dass
diese vermehrt Stellen ausschreiben; das reale BIP und die Beschäftigung wachsen durch das höhere Arbeitskräfteangebot. Am
Ende, so Schimans Ergebnisse, sind somit nicht nur mehr Ausländer, sondern auch mehr Inländer beschäftigt als zuvor. Auch
die entstandene zusätzliche Arbeitslosigkeit wird langfristig wieder abgebaut; neben der guten Konjunktur ein Mitgrund für
den derzeitigen Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Welche Rolle die geografische Nähe zu den Grenzen spielt, hat Schiman ebenfalls erforscht: So war Wien von den Schocks seit
2011 am stärksten betroffen auch, weil es als Metropolregion für Arbeitssuchende aus dem Ausland besonders attraktiv
ist. Die Effekte auf Niederösterreich waren bereits deutlich geringer; in Tirol waren sie kaum noch wahrnehmbar.