Ukraine-Krieg und COVID-19-Pandemie trüben die Konjunkturaussichten ein. Für das Jahr 2022 wird ein Wirtschaftswachstum von
4½% erwartet, das in den Folgejahren auf durchschnittlich 1½% pro Jahr zurückgeht.
Die kalte Progression entsteht aus dem Zusammenspiel einer nominellen Einkommenssteigerung, der Inflation und eines progressiven
Steuertarifs. Systemimmanent und ohne Anpassung des Einkommensteuergesetzes steigt so die Steuerquote. Dem Regierungsvorhaben
"Teuerungs-Entlastungspaket Teil II" zufolge sollen die Tarifgrenzen und Absetzbeträge jährlich im Ausmaß der gesamten Inflation
angepasst werden, um eine inflationsneutrale Einkommensbesteuerung zu gewährleisten. Das Entlastungsvolumen wird so durch
einen "Tarif auf Rädern" (TaR) bestimmt. Diese mikroökonomisch motivierte Vorgangsweise impliziert makroökonomisch eine systematische
Überkompensation in dem Sinn, dass die Steuersenkungen immer höher sind als die steuerlichen Mehreinnahmen, die durch die
kalte Progression erzielt wurden. Das Ausmaß der Differenz kann beträchtlich sein: Für die Lohn- und Einkommensteuer der Periode
2023 bis 2026 weist der Ministerialentwurf Kosten des "Tarifs auf Rädern" von kumuliert 20,3 Mrd. € aus, während die Mehreinnahmen
aus der kalten Progression auf 6,1 Mrd. € geschätzt werden. In diesem Beitrag wird ein Mechanismus zum Ausgleich der kalten
Progression vorgeschlagen, der "nur" die Mehreinnahmen aus der kalten Progression vollständig kompensiert. Dieser wird den
Mehrkosten des "Tarifs auf Rädern" gegenübergestellt. Ein Anstieg der Lohnsteuerquote, der aus der Wirkung der realen Progression
durch einen Anstieg der Reallöhne pro Kopf resultiert, könnte "klassisch" auch im Zuge einer Steuerreform ausgeglichen werden.