Das internationale Ansehen des WIFO wurde bereits in den frühen Jahren durch Persönlichkeiten wie Ludwig von Mises, Friedrich
A. von Hayek und Oskar Morgenstern begründet. Neben dem Jubiläum des 85-jährigen Bestandes begeht das WIFO heuer auch den
100. Geburtstag eines seiner verdienstvollsten WIFO-Mitarbeiter mit großer internationaler Reputation, der dieses Ansehen
entscheidend geprägt hat: Josef Steindl. Neben seiner Tätigkeit als empirischer Wirtschaftsforscher lieferte er vielbeachtete
Beiträge zur Wirtschaftstheorie.
Keywords:Wirtschaftsforschung Krise
Research group:Macroeconomics and Public Finance
Language:German
Economic Research of an International Standing: Josef Steindl 1912-1993
WIFO's international reputation was established already in its earliest years, by celebrities such as Ludwig von Mises, Friedrich
A. von Hayek and Oskar Morgenstern. In addition to celebrating the 85th anniversary of its foundation, WIFO is this year also
commemorating the 100th anniversary of the birth of one of its most meritorious members, a scientist of international renown
whose work was decisive in gaining this reputation: Josef Steindl. Josef Steindl joined the "Institut für Konjunkturfoschung"
in 1935 directly after graduating from university. Due to his hostility to the Nazi regime he lost his job in 1938 and thus
spent his "formative years" in Oxford in a group around Michal Kalecki. In 1950, he returned to Austria and his former job
at WIFO. In spite of formally retiring in 1978 he stayed on as a consultant until his death in 1993. Josef Steindl was one
of the most thoughtful and original thinkers. Though he stood firmly in the tradition auf Kalecki and Keynes he was a scientific
personality of his own whose research attracted worldwide attention. He concentrated on the classical questions of the long-run
developments of capitalism such as the role of monopolies and technological change as well as distribution and savings in
the process of capital accumulation.
Schon in seinen ersten Jahren publizierte das WIFO für die theoretische und empirische Wirtschaftsforschung maßgebende Arbeiten
einiger der renommiertesten Ökonomen der damaligen Zeit. Mit den WIFO-Monatsberichten führte Friedrich A. von Hayek als erster
Leiter des Institutes bereits 1927 eine Form der Konjunkturberichterstattung ein, auf deren Tradition und Kontinuität das
heutige Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung weiter aufbaut. Analysen wirtschaftspolitisch relevanter Themen
auf Grundlage der neuesten Methoden und der bestverfügbaren Daten sind damals wie heute Inhalt der WIFO-Publikationen. Entsprechend
dem in den Statuten verankerten Auftrag macht das WIFO seine Forschungsergebnisse über ein breites Spektrum an Publikationen
einer ökonomisch interessierten Öffentlichkeit zugänglich.
Seit der Gründung vor 85 Jahren ist es eine Kernaufgabe des WIFO, Brücken zwischen Theorie, Empirie und Politik zu bauen.
Aus theoretischen Modellen werden auf Grundlage bestmöglich aufbereiteter empirischer Daten Empfehlungen für eine evidenzbasierte
Wirtschaftspolitik abgeleitet. Diese Aufgabe kann nur durch exzellente Forschung und Organisation sowie Vielfalt der Methoden
und der Erkenntniswege erfüllt werden. Das WIFO übernimmt als Qualitätsführer in der österreichischen Wirtschaftsforschung
zunehmend kompetitiv vergebene Studien und Aufträge in der europäischen Forschungs- und Beratungslandschaft. Die künftigen
Herausforderungen für das Institut bestehen darin, in einem sehr anspruchsvollen Umfeld die Konjunktur sowie die mittelfristige
Entwicklung und Wettbewerbsstärke Österreichs und Europas zu analysieren und daraus Reformideen für ein sozioökonomisches
Modell zu entwerfen, das neue Prioritäten wie Offenheit, Dynamik, soziale Absicherung und Inklusion sowie ökologische Nachhaltigkeit
und Transformation vereint.
Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise hat die Wirtschaftswissenschaft bis in die Fundamente erschüttert. Immer mehr sucht
die Ökonomie nach einem neuen Grundverständnis des Wirtschaftssystems und nach passenderen Modellen für die Analyse künftiger
Entwicklungen, vor allem auch für die Früherkennung von Gefahren. Die Wirtschaftspolitik sucht Auswege aus der Krise in strengeren
Regeln für die Staatsverschuldung und in der verstärkten Stimulierung des Wachstums. Für die Wirtschaftsforschung treten Gesichtspunkte
wie Nachhaltigkeit, interdisziplinäre Zusammenarbeit der Sozialwissenschaften, Sicherung des Sozialstaates und Verbesserung
des Gesundheits-, Altersvorsorge- und Bildungssystems stärker in den Vordergrund.
Die Entwicklung des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung ist durch einen kontinuierlichen Wandel der Anforderungen
gekennzeichnet. Nach 1980 musste das wirtschaftspolitische System an die Situation einer offeneren Volkswirtschaft und liberalisierter
internationaler Kapitalmärkte angepasst werden. Die komplexeren Fragestellungen erforderten bessere Statistiken, umfangreiche
Datenbanken, Rechenanlagen, neue Analyse- und Prognosemethoden, zunehmend komplexe Modelle. Die großen Themen: Altern, Globalisierung
oder Wettbewerb bei differierenden Kostenstrukturen gewannen an Bedeutung. Das WIFO bemüht sich in allen diesen Projekten
um innovative Lösungen und ist dabei der internationalen Diskussion vielfach voraus. Der Personalstand wurde erheblich ausgeweitet
und die Internationalisierung vorangetrieben; der Anteil internationaler Aufträge ist auf über ein Viertel gestiegen.
Die empirische Wirtschaftsforschung zieht ihre Existenzberechtigung aus der Brückenfunktion zwischen ökonomischer Theorie,
empirischer Evidenz und Wirtschaftspolitik. Um die Grundlagen für eine evidenzbasierte Wirtschaftspolitik bereitstellen zu
können, sind zuverlässige Daten, intelligente kontextgeleitete Interpretation sowie Rezeptionsbereitschaft der wirtschaftspolitischen
Entscheidungsträger wichtige Voraussetzungen. Im Zeitablauf hat sich die Bedeutung, die diesen drei Eckpunkten der Wirtschaftsforschung
im WIFO beigemessen wurde, substantiell geändert. Mit der Gewichtsverlagerung, die bis zu einem gewissen Grad den Wandel der
Wirtschaftsordnung und die Entwicklung der ökonomischen Theorie widerspiegelt, hat sich auch das WIFO von einem "Kronzeugen"
der österreichischen Wirtschaftsentwicklung zu einem "Kompass" der Wirtschaftspolitik weiterentwickelt.
Das Österreichische Institut für Konjunkturforschung wurde 1927 vom späteren Nobelpreisträger Friedrich A. von Hayek zusammen
mit Ludwig von Mises gegründet. Seine Arbeit beruhte bereits damals auf den Prinzipien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit,
welche durch einen von den Sozialpartnern getragenen Verein sichergestellt wurden. Die Mitarbeiter sowie die in seinem Umkreis
tätigen Forscher zählten in ihrer Zeit zur Elite der internationalen Nationalökonomie. Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland
1938 wurde das Haus zum Wiener Institut für Wirtschafts- und Konjunkturforschung umbenannt und mit der Aufgabe betraut, die
Volkswirtschaften Südosteuropas zu untersuchen. Analysemethoden wie auch die Organisation des Instituts für Konjunkturforschung
vor 1938 hatten sich derart bewährt, dass sie auch nach 1945 für das nun "Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung"
genannte Haus eine wichtige Leitlinie blieben.