Doch mehr noch: Die ökonomische Relevanz der Sozialpartner, so Badelt, gehe weit über die Zahlen hinaus. Die Sozialpartner
hatten und haben eine Brückenfunktion, die man nicht als selbstverständlich annehmen darf. Wenn es diese Brücke nicht gibt,
dann steht man rasch vor tiefen Gräben, in die man leicht hinein fallen kann und zwar von beiden Seiten, sagte
der WIFO-Leiter bei einer Festveranstaltung der Sozialpartner anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Republik Österreich.
In Österreich, so Badelt, sei die Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern von Vertrauen geprägt. Dieses Vertrauen
in die Interessenvertretungen ist ein zentrales Element, das es ermöglicht, viele andere Probleme leichter zu lösen.
So verwies der WIFO-Chef unter anderem auf die Rolle der Sozialpartner als Schock-Absorber, die wirtschaftliche
Krisen leichter bewältigbar machen, und ihre zahlreichen politischen Initiativen weit über ihre Kernaufgaben hinaus
etwa im Bereich der Bildung, der Migration und als Wissensträger.
Nicht leichtfertig an der Sozialpartnerschaft rütteln
Die Sozialpartner in ihrer Bedeutung einzuschränken, dürfe nicht leichtfertig geschehen, sagte Badelt angesichts der wachsenden
Kritik: Man kann nicht einfach an einer Schraube drehen, ohne dass das Gesamtsystem in Bewegung kommt. Nachsatz:
Und damit ist keine Bewegung im positiven Sinne gemeint. Dennoch stünden die Sozialpartner an einer Wegkreuzung,
was ihre zukünftige Rolle betrifft, so Badelt. Sie müssen sich entscheiden, ob sie nur noch Interessensvertreter
im eigentlichen Sinn des Wortes sein wollen oder ob sie eine breitere Rolle in der Gesellschaft einnehmen. Wenn
man sich für die zweite Option entscheide, so müsse das Verhaltensänderungen nach sich ziehen, sagte Badelt.
Denn die Konfliktlinie Arbeitnehmer versus Arbeitgeber sei längst nicht mehr die einzige, und vielleicht auch nicht
mehr die wichtigste in unserem Land: Die Sozialpartner müssten sich also überlegen, wie sie sich für besonders
verwundbare Gruppen in unserer Gesellschaft etwa neue Selbständige, Asylberechtigte oder von Armut Betroffene
einsetzen können. Wer eine integrative Funktion haben will, der kommt nicht umhin, auch zu solchen Themen etwas
zu sagen.
Begangen wurde der Festakt der Sozialpartner vor mehr als 400 Gästen und im Beisein des früheren Bundespräsidenten Heinz Fischer,
der die Veranstaltung mit einem Vortrag eröffnete.